Taufkirchen/Eggenfelden
Ein neues Leben für alte Möbel

Mit individueller Note: Die Taufkirchenerin Franziska Irl restauriert gebrauchte Tische, Stühle und Schränke

02.02.2023 | Stand 17.09.2023, 4:07 Uhr

Der Farbenschrank von Franziska Irl mit geschätzten 40 Farben und weiteren Materialien wie Transfer-Folien passte nicht mehr in ihre Werkstatt und steht daher nun im Haus. −Fotos: Harbach

Von Katharina Harbach

Schon der Eingang in das Haus mit Hof zeigt, dass hier eine sowohl künstlerisch als auch handwerklich begabte Familie lebt: Gartentor-Latten, in die Blumen oder Vögel geschnitzt sind; zwei ehemalige Ställe, in denen sich mittlerweile Möbel türmen; und geht man bei den Irls die Treppe hoch, stolpert man fast über die Bauklotz-Straße, die der fünfjährige Sohn Moritz den gesamten Weg hoch und fast durch das ganze Haus gebaut hat. „Er hilft auch gerne dem Papa in seiner Zimmerer-Werkstatt“, erzählt Franziska Irl lachend. „Die Kreativität hat er aber vor allem von der Mama“, ergänzt ihr Mann und Moritz’ Vater, der 37-jährige Alexander „Alex“ Irl.

Seit August letzten Jahres hat die 41-Jährige ihr Kleingewerbe „frannie Möbelupcycling und Deko“ auf dem Anwesen in Taufkirchen angemeldet. Sie richtet also gebrauchte Möbel wieder her, indem sie ihnen einen neuen Anstrich verpasst, ein paar altersbedingte Schönheitsfehler ausbessert, sie mit Dekoleisten, Tapeten und Stempeln verschönert oder gleich etwas komplett Neues daraus erschafft.

Seit letztem Sommer selbstständig



Wie es dazu kam? Während der Corona-Zeit wollte sie für Alexander ein Nachtkastl bemalen und gestalten, um es ihm am Ende zu schenken. „Das habe ich selber aber nie bekommen“, erzählt dieser lachend. Seine Frau war so stolz auf das Ergebnis, dass sie dieses in ihren Whatsapp-Status postete, woraufhin prompt die ersten Angebote von Leuten kamen, die ihr das Möbelstück vorher abkaufen wollten.

Nachdem dies auch bei weiteren Upcycling-Projekten der Fall war, empfahl ihr die Steuerberaterin die Gründung eines Kleingewerbes. „Da war ich super froh, dass ich endlich offiziell arbeiten und auch Werbung für mich schalten kann“, erzählt Franziska Irl. Früher sei es daher schwer gewesen, bekannt zu werden. Mittlerweile ist ihr Instagram-Auftritt auf 430 Follower angewachsen – nach nicht mal einem halben Jahr.

Ein weiterer Vorteil aus der Selbstständigkeit und größeren Bekanntheit: Einige ihrer Möbel stehen immer mal wieder im Eggenfeldener Second-Hand-Laden Kapstok. „In erster Linie als Deko, aber sie können natürlich auch gerne gekauft werden“, so die Taufkirchnerin. Über eine gemeinsame Freundin kennt sie die Inhaberin, Stefanie Seidl, „und da dachten wir uns, dass Second-Hand-Möbel gut zu Second-Hand-Kleidung passen“.

Grundsätzlich macht Franziska Irl nun zweierlei: Sie nimmt Auftragsarbeiten an und gestaltet alte Möbel nach den Vorstellungen ihrer Kunden. Aber auch eigene Fundstücke aus dem Sperrmüll oder von Online-Kleinanzeigen werden ganz nach ihren eigenen Vorstellungen aufgewertet.

Das meiste ihres Wissens stammt nicht aus einer Ausbildung, sondern ist selbst angeeignet: durch Tipps von ihrem Mann, der hilfsbereiten „Upcycling-Community“ in den sozialen Medien und natürlich auch durch schlichtes Ausprobieren: „Man weiß oft anfangs nicht, mit welchem Material man es zu tun hat, ob einfach nur schleifen reicht, um alte Farbe abzubekommen.“ Grundsätzlich hat sich die 41-Jährige schon immer für das Handwerk interessiert und wollte ursprünglich mit einer Schreiner-Ausbildung als Antiquitäten-Restaurateurin arbeiten.

Während sie zwar voller Begeisterung über ihre Leidenschaft spricht, fällt es Franziska Irl deutlich schwerer, über ihre Zeit nach der Schule als junge Erwachsene, bevor sie Alexander traf, zu reden. Chaotische und anstrengende Jahre liegen hinter ihr: Die Ausbildung, die sie in Österreich als Schreinerin anfangen wollte, entpuppte sich als Farce. Aus der Not heraus begann sie daher eine Laufbahn als Mediengestalterin.

Während dieser Ausbildung wurde sie schwanger und kurz darauf vom Kindesvater verlassen. So musste sich Franziska Irl alleinerziehend und alleinverdienend mit ihrem Vollzeitjob und zusätzlicher Wochenendarbeit durchschlagen. Seit 2019 ist sie nun mit ihrem Alex verheiratet. Auch er hatte aus einer vorherigen Beziehung schon ein Kind, das mittlerweile ebenfalls schon erwachsen ist. Moritz, der gemeinsame Sohn der beiden, ergänzte die Patchworkfamilie.

Die Irls leben mittlerweile im ehemaligen Haus von Alex’ Vater, „wo eigentlich schon immer Handwerker gelebt haben“, wie die gebürtige Münchnerin erzählt. „Nach einer Hafnerei und Schneiderei gibt es nun hier eine Zimmerei“, meint ihr Mann, auf sich selber bezogen, „und meine Möbel-Upcyclerei“, ergänzt Franziska lachend. 2019 haben sie damit angefangen, das Haus zu renovieren. Ein langwieriges Projekt, weshalb die Taufkirchnerin dafür auch ihre letzte Anstellung als Mediengestalterin im Ort beendet hat, um sich ganz um Kind, Haus und Garten zu kümmern.

Im Zuge der gemeinsamen Renovierungen, wo sich die Möbel-Expertin und der Zimmerer perfekt ergänzen, ist ihre Werkstatt mit integriertem Möbellager in zwei ehemaligen Ställen entstanden: Ein kleinerer, in dem auch die Werkstatt ist, sowie ein größerer mit einer riesigen selbstgemachten Skateboard-Rampe.

Und natürlich ist auch hier alles voller Möbel: Neben den zwei Schränken, die sie zur Zeit für Kunden gestaltet, finden sich hier vor allem viele von Franziska Irls privaten Projekten: Stühle, Tische, ein Schaukelpferd und Schubladen, die die Handwerkerin dieses Jahr im Rahmen eines Workshops gemeinsam mit Interessierten „upcyclen“ möchte.

Eines der Glanzstücke in den provisorischen „Lagern“: eine alte Kirchenbank, die sie von Bekannten geschenkt bekommen hat. „Hinten kann man sogar noch die Namensschilder erkennen: Früher hatten die Leute immer ihren Stammplatz gehabt“, erklärt die Unternehmerin

Kirchenbank auf der Skateboard-Rampe



Genau das liebt sie auch so sehr an alten Möbeln: „Es ist immer spannend, da jedes Möbelstück seine eigene andere Geschichte hat. Wenn man sich ständig neue Möbel kauft, finde ich das oft nicht individuell und auch wegen der Klimakrise heutzutage schwierig. Wiederverwerten statt wegwerfen lautet daher ihr Appell.

Franziskas Tatendrang und die daher vielen von ihr gesammelten Möbel führen allerdings zu einem Platzproblem. „Manche Anfragen kann ich leider gar nicht mehr annehmen“, erzählt sie, „ich will ja nicht den ganzen Hof zukleistern, schließlich leben wir hier auch noch als Familie“.

Größer werden und einen zusätzlichen Verkaufsraum zu haben wäre für die 41-Jährige ein kleiner Traum. Doch als Kleingewerbe sind die vorhandenen Angebote in der Stadt entweder zu groß oder zu teuer. „Das ist echt schade, weil in Eggenfelden trotzdem so viel leersteht“, finden die Irls. Franziska stellt aber auch klar: „Einen 20-Mann-Betrieb bräuchte ich jetzt gar nicht. Klar wäre es schön, irgendwann mit meiner Leidenschaft als Hauptgewerbe mehr Geld zu verdienen. Aber so lange mein Sohn aktuell noch klein ist und wir im Haus so viel Arbeit haben, geht das für mich noch nicht.“

So oder so: Auch als Kleinunternehmen mit begrenzter Zeit und Möglichkeiten wird es Franziska Irl nicht langweilig. Über ihre Website frannie-irl.de gibt sie noch weitere Einblicke in ihre Arbeit.