Pfarrkirchen
Die zwölf magischen Rauhnächte: Wanderung mit dem „Druidensepp“

21.12.2022 | Stand 25.10.2023, 12:21 Uhr

Gebannt lauschen die Teilnehmer der Rauhnachtswanderung den Erläuterungen des „Druidensepp“. Organisiert hatte die nächtliche Exkursion der Gartenbauverein mit Vorsitzender Christine Fuchs-Kastl (2. von links).

Von Katharina Harbach

Ein bisschen wie Miraculix, der gallische Zauberer aus Asterix und Obelix, sieht die mystische Gestalt aus, die nächtens am Waldesrand steht. Mit seinem spitzen Hut, seinem langen weißen Rauschebart und dem mächtigen Spazierstock macht der „Druidensepp“ seinem Namen alle Ehre. Das Wetter könnte für die Rauhnachtswanderung des Gartenbauvereins Pfarrkirchen nicht besser sein. Ein sternenklarer Nachthimmel und eisige Temperaturen im zweistelligen Minusbereich sorgen für die richtige Atmosphäre.

Mit Fackeln durch die eisige Winternacht

Mit Fackeln geht es hinein in die dunkle Nacht. An die 40 Teilnehmer, darunter auch Kinder, sind der Einladung des Gartenbauvereins gefolgt, um mehr über das Geheimnis der Rauhnächte zu erfahren. Über den großen Zuspruch freut sich Vorsitzende Christine Fuchs-Kastl: „Das ist das erste Mal, dass wir so eine Wanderung anbieten und meine Erwartungen zur Teilnehmerzahl wurden definitiv übertroffen.“

Doch was genau sind diese Rauhnächte eigentlich? Das erklärt den Teilnehmern der „Druidensepp“, der eigentlich Sepp Matsche heißt, wie folgt: Der Zeitraum der Rauhnächte umfasst zwölf Nächte, die am 21. Dezember beginnen. Jede davon steht für einen der zwölf Monate. „Die Rauhnächte sind die Zeit des Übergangs. Gleichzeitig ist der 21.Dezember, an dem sie beginnen, für euch Gartler der Tiefpunkt, an dem nichts mehr im Garten geht. Erst ab Lichtmess, am 2. Februar, geht es wieder bergauf.“

Ein wichtiger Bestandteil der Rauhnächte ist das Räuchern, „um sich selber zu reinigen“, wie der 63-Jährige erzählt. Gleich zu Beginn der Wanderung bekommen die Teilnehmer einen Geschmack davon. Getrocknete Salbeiblätter werden verbrannt und verbreiten einen angenehmen Duft. „Dafür muss nicht das importierte Kraut aus Indien verwendet werden. Viel besser sind die heimischen Gewächse aus dem eigenen Garten“, erklärt er. Zum Räuchern würden sich Lavendel, Thymian, Salbei, Rosenblatt und Brennnessel eignen.

Die Verbindung zwischen Galliern wie Miraculix und keltischen Bräuchen und Kraftorten, denen Sepp Matsche sich überwiegend widmet, liegt gar nicht so fern, wie er erzählt. Denn er hat neben Cornwall und Wales auch schon Rom besucht – alles wichtige Keltenorte, wie er erklärt. Mittlerweile ist er aber hauptsächlich in seiner Heimat im Rottal unterwegs, wo es auch vieles zu entdecken gibt. „Im Gegensatz zu den englischsprachigen Gebieten ist bei uns jedoch kaum etwas verschriftlicht“, erzählt er seinen interessierten Zuhörern, die ihm gebannt lauschen. „Aber es gibt auch hier Steinkreise und Höhlenmalereien. Und irgendwann entwickelt man einfach einen Blick dafür.“

Die etwa einstündige Wanderung startet beim Anwesen von Christine Fuchs-Kastl in Lerbing bei Pfarrkirchen. Der Rundweg führt über tief verschneite Feld- und Waldwege nach Taubengrub und über Ragl wieder zurück. Gleich zu Beginn der nächtlichen Exkursion darf jeder Teilnehmer je einen Gegenstand aus drei verschiedenen Beuteln ziehen. Zum Vorschein kommen ein kleiner Stein, eine Münze und eine rote Bohne. Was es damit auf sich hat, erklärt der Anzenkirchner im Laufe der Wanderung.

Vorbei geht es an einem beleuchteten Weihnachtsbaum zu einem Nussbaum, der dem Druidensepp zufolge für Intelligenz und Wissen steht. Sepp Matsche, der vor seiner Rente am Landratsamt gearbeitet hat, macht an den verschiedenen Stationen kurz Halt und erläutert, was das Keltentum und die „Gartlerpraxis“ miteinander verbindet. Auch auf die Bedeutung der drei Gegenstände geht er ein.

Besonders die Träume würden in den Rauhnächten eine wichtige Rolle spielen und könnten Vordeutungen auf das kommende Jahr anhand der jeweiligen Monate sein, für die die einzelnen Nächte stehen. Daher empfiehlt der Druide, den kleinen Stein auf den Nachttisch zu legen. Außerdem sollte man sich auf die Rauhnächte vorbereiten, indem man seine Angelegenheiten regelt: Schulden abbezahlen, Geliehenes wieder zurückbringen im Haus und auch sich selber aufräumen.

„Die Kupfermünze soll in den nächsten Bach geschmissen werden“, sagt Matsche, empfiehlt aber, eine weitere Münze aufzuheben: „Wenn man über den Jordan geht, sollte man nach dem keltischen Glauben immer eine Münze dabeihaben, um den Fährmann damit zu bezahlen.“

Das zu Ende gehende Jahr reflektieren

Der dritte Gegenstand, die rote Bohne, findet sich im Film „Alice im Wunderland“ wieder: „Dort gab es eine Zauberbohne, durch die man bis in den Himmel schweben konnte. Das soll Euch ermutigen, auf neue Abenteuer zu gehen“, erzählt der Druidensepp. Davon abgesehen, würden aus der Bohne, wenn man sie einpflanze, schöne rote Blüten sprießen.

Beim letzten Stopp, in der Nähe einer Eiche, lädt er die Wanderer ein, in sich zu gehen und das zu Ende gehende Jahr zu reflektieren: „Stellt Euch dazu Fragen wie: Was habe ich gelernt? Wofür bin ich besonders dankbar? Was lasse ich zurück?“

Der Druide geht auch darauf ein, was es mit dem bekannten Spruch „Vor Eichen sollst du weichen“ auf sich hat: Da Eichen immer auf einer Wasserader stehen, gelten sie im Keltentum als kraftvoller Baum – ziehen dafür aber verstärkt Gewitterblitze an.

Wieder zurück bei der Hofstelle erwartet die Teilnehmer ein wärmendes Lagerfeuer, das angesichts der zapfigen Temperaturen dankend angenommen wird. Bei Glühwein, Apfelpunsch und Bratwürsten lassen die Besucher die Rauhnachtswanderung ausklingen und lauschen noch so manchen Geschichten des Druiden.