Deindorf
Bienen erhalten neues Zuhause

Umzug von der Marienhöhe der Klosterschwestern in eine ländliche Idylle in Deindorf

10.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:50 Uhr

Stelldichein vor dem renovierten Bienenhaus (von links): Walter Hohensinn, Kirchdorfs Bürgermeister Johann Springer, Gabriele Hohensinn und Schwester Reinfriede. −Fotos: Schaffarczyk

Was haben Klosterschwestern auf der Simbacher Marienhöhe mit Familie Riemann in Deindorf bei Seibersdorf gemeinsam? Beiden geht es neben ihren Schwerpunkt-Aufgaben vor allem auch um den Erhalt und die Pflege der Schöpfung Gottes.

142 Jahre haben die Maria-Ward-Schwestern, auch bekannt als „Englische Fräulein“, die heute den Namen „Congregatio Jesu“ („Gemeinschaft Jesu“) tragen, den jungen Mädchen und Frauen aus Simbach und Umgebung die Hauswirtschaft und andere wichtige Kenntnisse für das Leben beigebracht. Heute tun sie das nur noch im Gebet. Und sie fühlen sich berufen, Zeichen der Hoffnung zu setzen. So pflanzten sie im alten Park der Marienhöhe einen „Baum der Hoffnung“ als Ermutigung für nachhaltiges Handeln gegenüber der Umwelt.

Umsiedlung wegen Kindergarten-Erweiterung



Nachhaltiges Handeln zugunsten der Schöpfung ist ebenso ein Anliegen der Familie Riemann in Deindorf und von Walter Hohensinn aus Kirchdorf. Sie alle verbindet ein Thema – die Bienen. Schwester Reinfriede (94), Mitglied der Schwesternschaft auf der Marienhöhe, hat sich dort mehrere Jahrzehnte den Bienen gewidmet und ein Bienenhaus errichten lassen, das 14 Bienenvölkern bis heute als komfortables Zuhause diente. Die bedankten sich mit reichlich Honig. Imkermeister Hohensinn, der selbst neun Bienenvölker hat, übernahm die Pflege und den Betrieb des Bienenhauses, als Schwester Reinfriede aus Altersgründen die Arbeit mit den Bienen nicht mehr stemmen konnte.

Im Rahmen der Erweiterung des Kindergartens auf der Marienhöhe benötigte die Stadt Simbach als Eigentümerin des Geländes den Platz. Das hieß: Das Bienenhaus mit den 14 Bienenvölkern musste weg. Schwester Reinfriede, der die Bienen am Herzen lagen, bat Walter Hohensinn, einen neuen Platz für sie zu suchen. Der setzte alle verfügbaren Hebel in Bewegung und schaffte es schließlich, ein geeignetes Stück Land für das Bienenhaus auf dem Grundstück der Familie Riemann in Deindorf zu finden. Die Eigentümer erklärten sich bereit, das Bienenhaus und die dazugehörige Imkerei aufzunehmen. Sie freuten sich sogar, ein besonderes Stück Natur hinzuzugewinnen. Claus und Rosmarie Riemann: „Wir unterstützen alles, was der Umwelt gut tut. Dieses Bienenhaus ist ein wichtiges und erhaltenswertes Projekt.“

Das Bienenhaus wurde unlängst der Öffentlichkeit vorgestellt und von Schwester Reinfriede, der man die Freude am gelungenen „Umzug der Bienen“ im Gesicht ansah, mit Weihwasser gesegnet. Sie sagte dabei unter anderem: „Beschütze die Bienen, die hier einziehen, vor Naturkatastrophen und Freveln aus fremder Hand.“

Schauspielerin Liza Riemann trug bei der Eröffnungsfeier eine poetisch angelegte Geschichte, verfasst von Walter Hohensinn, aus Sicht der Bienen vor, in der sie darlegen, wie sie die bisherige Zeit im Bienenhaus erlebt haben und mit welchen Hoffnungen sie die Umsiedlung begleiten.

Jeder Nagel wurde einzeln herausgezogen



Das alte Bienenhaus, elf Meter lang, war im Frühjahr 1994 errichtet und am 10. September 1994 fertiggestellt worden. Als Walter Hohensinn die Einrichtung zum ersten Mal sah, war er total begeistert. „Ich muss das Objekt retten“, sagte er sich. Im Frühjahr 2022 begann er mit der Abrüstung, wobei er fast jeden Tag mindestens vier Stunden beim Bienenhaus verbrachte. „Ich habe jeden Nagel einzeln herausgezogen – geschraubt war und ist da nichts. Die gebrauchten Holzwände wollte ich möglichst schonend behandeln, damit das neue Haus dem alten in Nichts nachsteht. Die Außenfassaden wurden aus frischem Walnuss-Kiefer-Holz neu gefertigt, weil das die Bienen am besten vertragen. Der Innenbereich ist dann mit Steinwolle isoliert worden, um die Hausbewohner gut durch den Winter zu bringen.

Das zerlegte Haus wurde – Freunde und Imkerkameraden halfen mit – am 25. August vom bisherigen Standort weggeschafft. Kurz darauf begann Hohensinn auf dem Gelände in Deindorf mit dem Wiederaufbau. Es handelt sich dabei um einen ehemaligen Pferdehof mit einer Fläche von 20000 Quadratmetern. Dazu gehören Wiesen, Sträucher und ein anschließendes Waldgebiet. Die Blütenfülle ist üppig, unterschiedlich in den Fruchtständen, noch dazu naheliegend – eine echte Idylle für die Bienen. Kirchdorfs Bürgermeister Johann Springer zeigte sich sehr angetan vom attraktiven und großartig strukturierten Bienenhaus. „Es freut mich“, sagte er in einer kurzen Ansprache, „dass wir jetzt hier auf Kirchdorfer Gemarkung ein derart prächtiges Domizil für diese nützlichen Insekten haben, die uns den Lebensstoff Honig beschaffen. Das funktionierende Zusammenwirken von Natur und Mensch ist ein Beleg dafür, dass jeder richtig gute Akzente setzen kann, wenn er nur will. Nicht zerstören, sondern Fruchtbares bewirken, das ist die Aufgabe unserer Zeit.“

Das Ortsoberhaupt zollte Walter Hohensinn großen Respekt für den Einsatz von Zeit und Geld, um das Bienenprojekt zu erhalten, außerdem dankte er Schwester Reinfriede für die Segnung des Bienenhauses. Gut 50 Personen nahmen an der liebevoll inszenierten Eröffnungszeremonie teil, an die sich ein gemütliches Zusammensein mit einem kleinen Imbiss anschloss.

Dass ein guter Wille in der Regel nicht mehr ausreicht, um etwas Besonderes zu schaffen, erzählte im kleinen Kreis Bienenvater Walter Hohensinn. Er beklagte die überall überhandnehmende Bürokratie. Die Umsetzung des Bienenhauses verlangte ein hohes Maß an Zeit und Nerven, bis alles „in trockenen Tüchern“ war. Es mussten Anträge gestellt und ständig Erklärungen und Stellungnahmen abgegeben werden: beim Landratsamt Rottal-Inn, bei der Landesanstalt für Bienenkunde Veitshöchheim, beim Landwirtschaftsamt sowie bei Nachbarn und Zweiflern an der guten Sache. Es ging dabei vornehmlich um Lagepläne und Planbegutachtungen, außerdem um Gefährlichkeit und Störungen von und durch Bienen.