Bauern auf den Barrikaden
BBV-Kreisverband fordert von MdL Goller (Grüne) Rücknahme der Subventionskürzungen

19.12.2023 | Stand 19.12.2023, 18:12 Uhr |

Auch Landwirte und Waldbauern aus Rottal-Inn demonstrierten am Montag in Berlin gegen die von der Ampelregierung geplanten Subventionskürzungen. − Foto: red

Die Einsparungsbeschlüsse der Bundesregierung im Bereich der Landwirtschaft sorgen nicht nur auf der bundespolitischen Ebene für Diskussionen und Demonstrationen, sondern auch vor Ort in den Landkreisen.

„Ich werde fast ununterbrochen von besorgten Bäuerinnen und Bauern angerufen, die von mir wissen wollen, wie das jetzt weitergehen soll und wie sie die Verluste durch den Wegfall der Agrardieselrückerstattung und die Steuerfreiheit für landwirtschaftliche Fahrzeuge ausgleichen sollen“, berichtete BBV-Kreisobmann Hermann Etzel bei einem Treffen der Bauernverbandsspitze im Landkreis mit der Landtagsabgeordneten Mia Goller (Grüne) in Diepoltskirchen. Von ihr wünscht sich der BBV jetzt, dass sie schnellstmöglich zusammen mit den bayerischen Grünen dazu beiträgt, die von der Ampelregierung getroffenen Entscheidungen rückgängig zu machen.

„Keine Wertschätzung für die Landwirtschaft“



Auch Kreisbäuerin Paula Hochholzer erzählt von vielen Telefonaten und persönlichen Gesprächen. „Die Bäuerinnen und Bauern können diese Entscheidung nicht nachvollziehen. Sie sehen sie vor allem als Ausdruck dafür, dass es für die Landwirtschaft in Bayern keine Wertschätzung durch die Bundespolitik mehr gibt“, sagt sie.

Nicht gelten lassen wollen Hochholzer und Etzel das Argument, dass die Landwirtschaft ein finanziell sehr erfolgreiches Jahr hinter sich habe: „Da wird schnell übersehen, dass wir im Zuge der Ukraine-Krise mit massiven Kostensteigerungen bei den Betriebsmitteln zu kämpfen haben. Zudem sind auch wir von der Inflation betroffen sind – als Erzeuger ebenso wie als Verbraucher“, so Etzel. Obendrein gebe es auch noch die großen Handelsketten, die immer versuchen würden, die Erzeugerpreise noch weiter zu drücken, wie der BBV-Obmann hinzufügt.

Ob die Lebensmittelsicherheit überhaupt noch einen Wert habe in Deutschland, diese Frage stellte stellvertretende Kreisbäuerin Claudia Stadler in den Raum. Noch vor wenigen Monaten hätten viele Politiker die landwirtschaftlichen Betriebe als „systemrelevant“ bezeichnet, weil sie die Versorgung mit Lebensmitteln sicherstellen würden, auch wenn Lieferketten aus dem Ausland unterbrochen seien. „Von diesen Aussagen ist offensichtlich nichts übrig geblieben“, so Stadler.

Entscheidung bedroht Betriebe und Pflege der Kulturlandschaft



Ganz im Gegenteil: „Offensichtlich ohne zu überlegen, einfach nur deshalb, weil man anscheinend sonst nirgendwo sparen konnte oder wollte, wird eine Entscheidung getroffen, die viele Landwirte dazu bringen wird, sich gut zu überlegen, ob sie weiter machen wollen“, meint Landwirt Robert Willnecker aus Untergrafendorf. Dafür könne man sich kein Verständnis aus der Bauernschaft erwarten. „Diese Entscheidungen müssen zurückgenommen werden, denn sie bedrohen unsere Betriebe, sie bedrohen die Pflege der Kulturlandschaft und auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft, weil Lebensmittel dadurch noch teurer werden“, ist sich Willnecker mit Etzel einig.

Stellvertretender Kreisobmann Stefan Stelzeneder fragt sich, ob die Entscheidung zur Streichung der Agrardieselrückvergütung und der Steuerfreiheit für landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge tatsächlich so spontan gewesen sei: „Es gibt durchaus Hinweise darauf, dass dies von langer Hand vorbereitet war, und dass man jetzt vielleicht die schlechte Haushaltslage als willkommenen Anlass genommen hat, um die Pläne umzusetzen.“ Er macht auch klar: „Die Bäuerinnen und Bauern lassen sich nicht für dumm verkaufen“.

Hermann Etzel und BBV-Kreisgeschäftsführer Bernhard Hartsperger verdeutlichten Goller, die auch agrarpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion ist, dass gerade die ökologische Landwirtschaft unter den Beschlüssen zu leiden haben wird: „Ein Öko-Bauer benutzt deutlich weniger Pflanzenschutz, aber die mechanischen Geräte zur Unkrautbekämpfung brauchen auch Diesel. Wie soll man dies angesichts sinkender Preise bei Öko-Produkten verkraften?“

„Mit Beschlüssen auch nicht einverstanden“

Mia Goller machte klar, dass auch sie mit den Beschlüssen, die aber nicht von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir gefasst worden seien, nicht einverstanden ist. Diese Entscheidung hätten die Spitzen der in der Ampel-Koalition vertretenen Parteien getroffen. Sie selbst habe sich sofort an den Bundesminister mit einem offenen Brief gewandt. Auch in Berlin habe Özdemir die Argumente der Landwirte geteilt. Und er wolle sich für eine Änderung der Beschlüsse einsetzen.

„Gerade die Grünen sind es doch, die eine bäuerliche Landwirtschaft schützen und stützen wolle. Wir werden uns von Bayern aus mit Minister Özdemir kurzschließen und dann mit ihm gemeinsam unseren Einsatz für die Landwirte bringen“, versicherte Goller und überließ den BBV-Vertretern eine Abschrift des Offenen Briefes. Abschließend legte ihr Hermann Etzel noch einmal den Ernst der Lage ans Herz: „Ein Land ohne Landwirtschaft hat keine Zukunft.“

In der Bundeshauptstadt hatten am Montag auch Bauern sowie Waldbesitzer aus dem Landkreis Rottal-Inn ihrem Ärger bei einer Großdemonstration Luft gemacht. Unter ihnen war auch Landwirt Benedikt Weis (34), der in Tittmoning und Zeilarn ökologische Landwirtschaft betreibt. Angetrieben hat ihn die massive Mittelkürzung, die von der Bundesregierung geplant sind. „Ich hoffe schon, dass die Politik sich diese Demonstration zu Herzen nimmt und unseren Argumenten folgt.“ Es hätten sich schon erste Bereitschaft zu Änderungen gezeigt, „Hoffentlich setzen sich diese neuen Ansichten auch durch“, so Benedikt Weis.

− tz

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