Železná Ruda
"Železná Ruda ist praktisch leer"

13.04.2020 | Stand 13.04.2020, 6:00 Uhr

"Die deutsch-tschechischen Beziehungen haben schon schlimmere Zeiten überlebt", sagt Bürgermeister Filip Smola. −Foto: Archiv Hackl

Corona hat die Grenze zurückgebracht ins Eisensteiner Tal. Nur noch einige Berufspendler und Lkw dürfen passieren. Der Bayerwald-Bote hat mit Bürgermeister Filip Smola aus Železná Ruda über die aktuelle Situation gesprochen.

Seit drei Wochen ist die deutsch-tschechische Grenze auch für die meisten Berufspendler dicht. In Bayern halten manche Menschen diese Maßnahme für übertrieben. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Das ist sehr schwere Frage. Mit dem Corona-Virus hat niemand Erfahrung. Unsere Regierung in Tschechien hat sehr schnell reagiert. Die neuen Gesetze waren und sind streng, die Strafen sind relativ hoch. Ich verstehe, dass nicht nur die Regierung, sondern auch die Bevölkerung Angst hatte und hat. Italien ist sehr nah, viele Tschechen haben in diesem Land Freunde. Viele von uns sprechen jeden Tag mit unseren Freunden in Italien. Meine Eltern auch. Und wir wissen, dass die Situation in diesem Land tragisch ist. Wir hoffen, dass wir diese schlimme Zeit besser überstehen, dass wir nicht so viele Opfer haben werden.

Die Casinos, Gasthäuser und Märkte in Železná Ruda sind normalerweise voll mit Deutschen. Wie leer ist es derzeit ohne die Deutschen? Wie ist die Stimmung im Ort?
Zurzeit sind die Casinos, Kneipen und Gasthäuser nicht nur für die Nachbarn aus Bayern, sondern auch für die Tschechen geschlossen. Wir erwarten, dass die Situation von Tag zu Tag besser wird und die Regelungen dann gelockert werden. Aber alles hängt von der Gesundheitssituation in unserem Staat ab.

Železná Ruda lebt überwiegend vom Tourismus: Deutsche und Tschechen machen hier gerne Urlaub. Wie ist die Situation jetzt?
Železná Ruda ist, wie andere Orte in Tschechien auch, praktisch leer. Am Wochenende kommen einige Menschen aus Prag oder aus Pilsen. Das sind die Leute, die hier bei uns Wochenendhäuser haben.

Wie sehr leidet Železná Ruda wirtschaftlich darunter?
Wieder eine schwere Frage. Unsere Stadtvertretung will aus unserer Stadt einen modernen Gebirgsort machen, der für Touristen, nicht nur aus Tschechien, interessant ist. Bei uns gibt es fast keine Fabriken oder Industrie. Die Ökonomie der Stadt ist abhängig von den Touristen. Ja, zurzeit verliert die Stadt jeden Tag viel Geld.

Was ist, wenn die Grenze noch länger geschlossen bleibt? Was wird das für Auswirkungen auf das deutsch-tschechische Zusammenleben haben?
Ich glaube, dass unsere Beziehungen inzwischen sehr tief sind. Ich bin auch überzeugt, dass die aktuelle Situation nicht lange andauern wird. Sicher, diese Situation momentan unterstützt nicht gerade unsere nachbarschaftlichen Beziehungen. Tschechische Berufspendler fürchten um ihre Jobs in Deutschland, bayerische Arbeitgeber um ihre tschechischen Mitarbeiter.

Aber: Ich weiß, dass die deutsch-tschechischen Beziehungen schon schlimmere Zeiten überstanden haben. Wir Tschechen pfelgen zu sagen: "Alle schlimmen Zeiten stärken uns".

Haben Sie aktuelle Infos, wie lange die Grenzschließungen dauern sollen? Wie ist die Informationspolitik der tschechischen Regierung?
Momentan habe ich keine konkreten Informationen, wie lange die Grenzschließungen dauern sollen. Trotzdem hoffe ich nicht nur, sondern glaube ich auch, dass die Situation sich relativ bald normalisieren wird. Ja, jetzt könnten Sie nach einem konkreten Termin fragen. Für mich wäre der beste Termin der 1. April 2020 gewesen. Aber ich glaube, das werden wir nicht mehr ganz schaffen, weil wir heute schon den 11. April haben. Trotzdem glaube ich, dass die Situation spätestens Anfang Mai normaler werden wird. Aber das ist nur meine Hoffnung.

Wie ist die Corona-Lage in Ihrer Region? Gibt es bereits Fälle rund um Železná Ruda?
In unserer Region ist die Situation noch relativ ruhig. Wir haben nur ein paar Fälle. In Železná Ruda selbst gab es bisher keinen Corona-Fall.

Ist das tschechische Gesundheitssystem bereit für einen möglichen Anstieg der Zahlen?
Ja, sicher. Das Niveau des tschechischen Gesundheitssystems ist sehr hoch, viel höher, als in den anderen Staaten der EU. Unsere Regierung weiß, dass Gesundheit das Wichtigste ist. Laut Gesundheitsministerium haben wir noch viele Reserven, deswegen haben wir in den vergangenen Tagen auch den Franzosen Hilfe angeboten.
Interview: Christina Hackl