Mit Gründung der Wintersportakademie Bayerwald hat der Nordische Skisport in der Region neue Wege in der Nachwuchsförderung beschritten. Seit April wirkt mit Matthias Ahrens (62) der ehemalige Chefnationaltrainer der kanadischen Biathleten als Stützpunkttrainer.
Im Interview spricht der aus Kochel am See stammende zweimalige „Canadas Coach of the Year“ über Talente, die WM 2026 im Bayerwald – und gemeinsamen Abwasch.
Herr Ahrens, wie kamen Sie zu diesem Engagement an der Wintersportakademie Bayerischer Wald?
Matthias Ahrens: Der erste Kontakt kam durch Felix Bitterling, Sportdirektor beim Deutschen Skiverband, zustande. Auch mit Wolfgang Weißmüller vom Bayerischen Skiverband hatte ich Gespräche geführt, denn der BSV suchte einen Stützpunkttrainer für das Landesleistungszentrum Bayerischer Wald. Der DSV und auch der BSV haben sich zum Ziel gemacht, wieder an frühere Erfolge der Bayerwäldler im Nordischen Skisport anzuknüpfen. Seit April stelle ich mich nun dieser Herausforderung.
Wie sieht die aktuell aus?
Ahrens: Insgesamt haben wir jetzt sieben Athleten und Athletinnen im Kader, alle sind zwischen 16 und 19 Jahre alt. Die meisten gehen noch zur Schule. Da ist es nicht so einfach, die Trainingseinheit, Transporte und Zeitpläne unter einen Hut zu bekommen.
Wie müssen wir uns einen Traineralltag an der Wintersportakademie Bayerwald vorstellen?
Ahrens: Heute zum Beispiel hole ich eine Athletin von der Schule ab und wir besorgen für sie Klassik-Schuhe, dann sammeln wir noch ein paar andere Sportler ohne Führerschein ein, bevor wir ins Skistadion fahren. Gegen vier Uhr sind wir dann alle im Stadion und können mit dem Training beginnen. Was momentan nicht leicht ist, weil es so früh dunkel wird. Aber die Infrastruktur am Arber ist wirklich super. Es gibt eine elektronische Biathlonanlage, Rollerskibahn, Flutlicht, Kraftraum, Schlafmöglichkeiten und eine Küche. Für unsere Zwecke ist das ideal. Da braucht sich der Bayerische Wald im Vergleich zu anderen großen Stützpunkten absolut nicht verstecken. Wir trainieren an fünf Tagen die Woche jeweils zweieinhalb Stunden, samstags meistens länger. Lauftraining, Skirollern und natürlich auch Schießen. Einmal im Monat machen wir kleinere Trainingscamps am Arber. Das tut vor allem dem Teamgeist gut. Dann sind wir die ganze Zeit zusammen, kochen miteinander, waschen ab und trainieren natürlich.
Das Landesleistungszentrum am Arber ist 2026 erstmals Austragungsort einer Junioren-Weltmeisterschaft im Biathlon. Gibt es besondere Erwartungen an ihren Kader?
Ahrens: Ich persönlich sehe mein primäres Ziel für diesen Kader, einen oder gerne auch mehrere Sportler für die WM daheim zu qualifizieren. Bei einigen Athleten gibt es durchaus Chancen. Aber bis dahin haben wir noch einiges an Arbeit vor uns.
Welche Voraussetzungen müssen junge Sportler mitbringen, um im Kader aufgenommen zu werden?
Ahrens: Der Athlet muss Mitglied in einem dem Bayerischem Skiverband angeschlossenen Verein sein und eine Racecard haben. Die beiden Schülerinnen, die aus Sachsen zu uns gekommen sind, sind inzwischen Mitglieder beim WSV Viechtach. Dann sollte Kaderstatus in einem Landeskader oder zumindest die Perspektive darauf vorhanden sein. Außerdem ist Wettkampferfahrung wichtig und die medizinische Eignung muss ärztlich bestätigt werden. Wir sichten die Interessenten dann intensiv und entscheiden individuell über eine Aufnahme, sofern die Grundvoraussetzungen vorliegen.
Wie viele Plätze stehen an der Wintersportakademie insgesamt zur Verfügung?
Ahrens: Momentan haben wir noch keine Begrenzung. Wenn wir wirklich einmal einen derart großen Andrang haben, dann muss man sehen, inwieweit wir oder ich an unsere Grenzen stoßen (lacht). Aktuell ist es eine gute Truppe. Aber wenn die Leistung passt und der Wille da ist, dann steht einer weiteren Aufnahme von jungen Sportlern nichts im Wege. Vor allem haben wir durch die Unterbringung in der Arberland Akademie nun viel mehr Möglichkeiten, auch Athleten aus der ferneren Region zu uns ins Team zu holen. Für ambitionierte Sportler aus den umliegenden Landkreisen wäre das natürlich sehr passend.
Gibt es schon weitere Bewerber, die im Bayerischen Wald trainieren möchten?
Ahrens: Es gibt Interessenten, aber noch keine wirklichen Bewerber. Man muss die anstehende Saison abwarten. Sepp Schneider und ich werden im Frühjahr wieder neue Sichtungen durchführen. In der Wintersportakademie soll es aber nicht nur Biathleten geben. Der Skiverband Bayerwald ist auch bereit, in die Sparten Alpin, Langlauf oder Snowboard zu investieren. Das wäre für das Gesamtkonzept sehr förderlich und je mehr junge Leute im Internat zusammenwohnen desto besser ist die Laune und die Motivation.
Wie gefällt es Ihnen in der neuen Heimat Bodenmais?
Ahrens: Richtig gut! Der Wald hier gefällt mir, ich bin der Natur und meinem Sport nahe. Mein Plan für diesen Winter wäre, raus aus der Haustür und rein in die Loipe. Hoffentlich erfüllt das Wetter meinen Plan (lacht). Die Nähe zum Arber ist natürlich ideal. Außerdem bin ich traditionsverbunden und genieße ich es sehr wieder in meiner Heimat Bayern zu sein. Das Wolfauslassen zum Beispiel fand ich super. Touristisch ist Bodenmais toll. Da wo Tourismus ist, entwickelt sich viel. Ob kulturell oder gastronomisch. Nach 30 Jahren Kanada ist das schon etwas sehr Schönes, im Bayerwald zu sein.
− red
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