Kirchberg im Wald
Tierisch gute Landschaftspfleger sind in der Todtenau aktiv

Naturpark vertraut auf Esel, Ziegen und Schafe

10.08.2021 | Stand 10.08.2021, 17:40 Uhr

Neugierig sind die tierischen Landschaftspfleger von Eva Weiß und Ludwig Scherm. Die Ziegen, Esel und Schafe beweiden feuchte Wiesen im Bereich des Moorgebietes der Todtenau. −Foto: Stier

Ungepflegte Gartenflächen wachsen zu, verbrachen und verbuschen − und das selbe Phänomen ist auf Wiesen zu beobachten, die aus der Nutzung genommen werden. Im Naturschutzgebiet Todtenau will der Naturpark genau das verhindern, und er hat sich dafür tierisch effektive Helfer geholt.

In der Fachsprache wird diese "Wiederbewaldung" als Sukzession bezeichnet. Der Grund dafür ist einfach, erklärt Matthias Rohrbacher, Projektbetreuer Landschaftspflege beim Naturpark Bayerischer Wald: "Wiesen, Hecken, Lesesteinriegel und Raine sind Landschaftsstrukturen, die der Mensch durch seine landwirtschaftliche Nutzung erst geschaffen hat. Ohne uns Menschen würden die Flächen hier im Bayerischen Wald sich wieder zurück Richtung Wald entwickeln".

Demensprechend wertvoll sei die offene Kulturlandschaft für das Landschaftsbild und den Naturschutz: "Pfleglich bewirtschaftete Wiesen sind in unserem heutigen, durch den Menschen geprägten Europa ein richtiger Artenhotspot – gerade im Hinblick auf das massive Artensterben gilt es solche Flächen zu erhalten und auch wieder zu schaffen." Hier setzt die Landschaftspflege des Naturparks, bei der gemeinsam mit Landwirten solche für die Pflanzen- und Tierwelt wichtigen Offenlandflächen gepflegt werden.

Oft handelt es sich bei Landschaftspflegeflächen um schwer zu bewirtschaftende und finanziell nicht rentable Flächen. Darunter fallen beispielweise auch die Moor- und Feuchtwiesen in und um das Naturschutzgebiet Todtenau. Das Naturschutzgebiet liegt überwiegend im Landkreis Regen, nur ein kleiner Teil im Landkreis Deggendorf. Einige dieser Flächen lassen sich maschinell nicht bewirtschaften. In einem solchen Fall kommen nun ganz nach dem Motto "Pflegen lassen" Esel, Ziegen und Schafe ins Spiel.

Allerdings ist diese Art der Landschaftspflege alles andere als einfach. "Jede Pflegefläche wird mit mobilen Zäunen wolfsabwehrend eingezäunt, täglich werden Tiere und Zäune kontrolliert, die Tiere mehrmals jährlich auf andere Flächen transportiert", erklärt der geprüfte Landschaftspfleger und Landwirt Ludwig Scherm, der gemeinsam mit Eva Weiß die Landschaftspflege in diesem Gebiet durchführt.

"Gerade für einen reibungslosen Wechsel der Flächen legen wir viel Wert darauf, dass unsere Tiere zutraulich sind, zu uns kommen und uns folgen" betont Eva Weiß. Die Landschaftspflege mit Tieren gehöre gut durchdacht und organisiert. Denn nicht jede Fläche eigne sich automatisch für die Beweidung, beziehungsweise der Zeitpunkt der Beweidung sei wichtig.

Anhand des Wiesenknopf-Ameisenbläulings, einer seltenen und besonderen Schmetterlingsart, erklärt Rohrbacher die Zusammenhänge. Die Schmetterlinge legen ihre Eier nur auf die Blüte des Großen Wiesenknopfs. Werden die Blüten während der Entwicklung der Raupen gefressen, gibt es keine neue Generation des Schmetterlings mehr. Hier muss nun darauf geachtet werden, dass entweder vor oder nach der Entwicklungszeit der Raupen beweidet wird.

Gedanken über solche Szenarien macht sich das Landschaftspflegeteam vom Naturpark Bayerischer Wald, das für die Initiierung und Organisation der Landschaftspflege zuständig ist. Nach Beratung und Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt werden die Maßnahmen geplant. Die Fördergelder werden über die Naturpark- und Landschaftspflegerichtlinie von der Regierung von Niederbayern genehmigt.

Bei einem Treffen alle Beteiligten auf den Pflegeflächen wurde jetzt die bisherige Entwicklung und das weitere Vorgehen besprochen. Mit dabei waren die beiden Fachreferentinnen Rosemarie Wagenstaller und Monika Knauf-Schöllhorn von der unteren Naturschutzbehörde, die Landschaftspfleger Eva Weiß und Ludwig Scherm, der Botaniker Wolfgang Diewald als guter Flora-Kenner der betreffenden Flächen und Matthias Rohrbacher und Heinrich Schmidt vom Naturpark.

Einig waren sich alle darüber, dass die Kombination von verschiedenen Tierarten auf den Pflegeflächen ein echtes Erfolgs-Konzept ist. Entscheidend dafür ist das unterschiedliche Fraßverhalten: Während zum Beispiel ein Schaf nicht einmal am Schilf knabbert, fressen die Esel es fast vollständig ab. Das Ergebnis sei bemerkenswert, da war man sich einig: Gemeinsam hätten in den vergangenen Jahren alle menschlichen und auch tierischen Beteiligten wertvolle Lebensräume für Flora und Fauna geschaffen. Über diese produktive Zusammenarbeit aller Beteiligten freut sich besonders der Naturparkvorsitzende Heinrich Schmidt: "Wir wollen die Landschaftspflege im Naturpark gemeinsam weiterentwickeln und auch neue Flächen pflegen. Interessierte Grundstückseigentümer können sich gerne dazu unverbindlich beraten lassen."

− bb

Infos gibt es unter ✆ 09922/802480 oder info@naturpark-bayer-wald.de.