Dass aus einem gemeinsamen Ziel ein langfristiges Städtenetzwerk entstehen kann, demonstrieren die Städte Brake (Unterweser), Eltville am Rhein und Zwiesel durch ihren Einsatz, kleinen, nachhaltigen Kommunen mehr Gehör zu verschaffen. Beim neunten bundesweiten Vernetzungstreffen der Agenda-2030-Kommunen in Neuss warben Hauptamtsleiterin Kristina Fischer-Tschöpp und Agenda-Referent und Stadtrat Alexander Hannes im Auftrag von Bürgermeister Karl-Heinz Eppinger für die Belange der Glasstadt. Nachhaltigkeitskoordinatorin Teresa Raith präsentierte das Nachhaltigkeitsengagement des Landkreises Regen.
Vertreter aus den bundesweit 264 Kommunen, die die Agenda-2030-Resolution gezeichnet haben, treffen sich in der jährlichen Tagung, um sich in Vorträgen und Fachforen über nachhaltige Entwicklung auszutauschen und bei veganen Wraps und Kaffee mit Hafermilch ins Gespräch zu kommen. Zwiesel trat dem Netzwerk, das von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) getragen wird, 2020 als 150. Zeichnungskommune bei. Auch der Landkreis Regen gehört zu den Unterstützern der Agenda 2030.
Kleine Kommunen rücken zunehmend in den Fokus
Lag der Schwerpunkt des Netzwerktreffens vor wenigen Jahren noch auf großen Städten wie Bonn oder Mainz, rückten in diesem Jahr auch die kleineren Kommunen mehr in den Fokus, was vor allem an der Initiative von Brake (Niedersachsen), Eltville (Hessen) und Zwiesel liegt. In einem eigenen Programmpunkt konnten die Bürgermeister von Brake und Eltville, Michael Kurz und Patrick Kunkel, sowie Zwiesels Hauptamtsleiterin Kristina Fischer-Tschöpp für das Positionspapier „Eltviller Erklärung“ werben. „Nachhaltigkeit muss Pflichtaufgabe der Kommunen werden“, unterstrichen die Kommunalvertreter.
Sie fordern eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Kommunen sowie die Verankerung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 in den Landesverfassungen und gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland. Kleine Kommunen bis 35 000 Einwohner sollen befähigt werden, ihre Aufgaben in der nachhaltigen Entwicklung zu erfüllen. Forderungen, die bundesweit auf Zuspruch gestoßen sind und bereits von über 300 Kommunen mitgezeichnet wurden.
Nächste Schritte in Zwiesel: Integriertes Klimaschutzkonzept und nachhaltige Beschaffung in der Verwaltung
Bedeutendster Fortschritt für ein nachhaltiges Zwiesel im aktuellen Jahr sei die Zertifizierung als Fair-Trade-Stadt im März gewesen, erläutert Kristina Fischer-Tschöpp. Nächste Schritte seien ein integriertes Klimaschutzkonzept und eine nachhaltige Beschaffung in der Stadtverwaltung zu etablieren.
Impulse, wie der Erwerb fairer Produkte in den Kommunen verankert werden kann, gab die Nachhaltigkeitskoordinatorin des Landkreises Regen, Teresa Raith, in einem Fachforum: Raith hob hervor, dass faire Beschaffung als wirtschaftlicher und strategischer Vorteil gesehen werden könne. „Fair und regional“ sei der Leitspruch, der regionale Wirtschaft vom „regionalen Apfel“ bis hin zu global gerechten Handelsstrukturen mit „fair gehandelten Bananen“ verbinde. Zu den Kriterien des freien Handels gehören ausschließlich Produkte, die nicht durch Zwangs- oder Kinderarbeit geschaffen werden. Faire Produkte, wie Textilien oder Kakao, gebe es immer öfter zu einem ähnlichen Preis wie konventionelle Fabrikate. Oft sei die Langlebigkeit höher, so Raith. Regen ist der erste niederbayerische Fairtrade-Landkreis und strebt eine Klimaneutralität der Kreisverwaltung bis 2030 sowie der gesamten Kreisregion bis 2040 an.
„Nachhaltigkeit kann man nur machen, wenn man wirtschaftlich stark ist“
Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen umfasst 17 Ziele für eine sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung. Zentrale Themen sind Armutsbekämpfung, Klimaschutz und globale Partnerschaften. Auf kommunaler Ebene spielen sie eine entscheidende Rolle, da Städte und Landkreise maßgeblich zur Umsetzung dieser Ziele beitragen können.
Der gastgebende Landrat des vom Strukturwandel stark betroffenen Rhein-Kreises Neuss, Hans-Jürgen Petrauschke, befand in seinem Grußwort: „Nachhaltigkeit kann man nur machen, wenn man wirtschaftlich stark ist.“ Die Agenda 2030 betrachtet nachhaltige Entwicklung in drei Dimensionen, die neben Wirtschaft auch Soziales und Ökologie umfasst. BMZ-Mitarbeiterin Anne Bolling sieht die 17 Nachhaltigkeitsziele international betrachtet noch nicht erreicht. Nur wenn nationale und kommunale Ebene zusammenarbeiten, könne diese gelingen.
„Nur wenn Kommunen finanziell angemessen ausgestattet sind, können wir die notwendigen Transformationsprozesse bewältigen“, resümierte Zwiesels Agenda-Referent Alexander Hannes. Die Bedeutung interkommunaler Netzwerke wie jenem zwischen Brake, Eltville und Zwiesel sei unermesslich, um kleinen Kommunen auf nationaler Ebene eine Stimme zu geben.
− ah
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