Man nehme einen international bekannten Künstler und ein Vilshofener Nachwuchstalent mit viel Potenzial und gestaltet mit ihren Werken eine vielfältige und erstaunliche Ausstellung. Einmal mehr hat der Kultur- und Geschichtsverein mit der Ausstellung „Tanz der Momente“ ein glückliches Händchen bewiesen, wie die zahlreichen Fans und Besucher der Vernissage am Freitag deutlich machten. „Wie schön, dass der Stadtturm durch Kunst mit Leben erfüllt wird“, sagte Rudi Emmer, 2. Bürgermeister.
Ein glücklicher Umstand spielte dem künstlerischen Galerieleiter Andreas Heckmann dabei in die Karten. Denn den renommierten Bildhauer Terence Carr mit seinem eigenwilligen Formen- und Figurenrepertoire nach Vilshofen zu locken, würde schwerlich ohne familiäre Verbindungen gelingen. Ein Glücksfall, dass man nun in der Turmgalerie seine Holzskulpturen betrachten kann. Sie bestechen durch leuchtende Farben und ein fröhliches Flair, das bei flüchtigem Betrachten über den tiefgründigen Sinn seiner Kunst hinwegtäuscht.
Zwiegespräch mit dem in Kenia geborenen Künstler
In einem heiteren Zwiegespräch mit dem Künstler entlockte Vorsitzende Erika Schwitulla dem in Kenia geborenen Bildhauer, interessante Details seines Lebens: Nach der Ausbildung an der Militärakademie in Sandhurst diente er als Offizier, um sich später radikal zu verändern. Er studierte Kunsterziehung in Augsburg und arbeitet seit Beginn der 1980er-Jahre als freischaffender Maler und Bildhauer.
Grob behauen und doch heiter
Für seine komplexen Werke benötigt er oft ganze Baumstämme, die er zunächst mit der Kettensäge, dann mit feinem Werkzeug differenziert ausarbeitet. Mensch und Tier, ineinander verschlungene Zebras, Fische, Vögel und gekrümmte oder hoch aufragende Menschen sind ineinander verschlungen und miteinander verstrickt. Leuchtende Farben lassen die grob behauenen Werke kraftvoll und heiter erscheinen.
Carr schuf sich „sein persönliches Welttheater“, zitierte Schwitulla einen Kritiker. Denn im Werk des Kriegers und Künstlers Carr stecken besondere Botschaften. Die Titel legen eine Spur dahin, die man verfolgen kann. Es geht um Krieg und Frieden, um Verrat und Gewalt, um Konsum- und Größenwahn.
Kunstgeschichte, Archäologie und Drucktechnik
Genaues Hinsehen ist auch bei Giulia Longhitano wichtig. Die Nachwuchskünstlerin, die Kunstgeschichte und Archäologie studiert, befasst sich schon seit längerem mit Drucktechnik und hat keine Scheu, unter Anleitung ihres Lehrers Andreas Heckmann neugierig die vielfältigen Möglichkeiten auszuloten. Heckmann bescheinigte ihr in seiner Laudatio ein Gespür für das Grafische und einen kreativen Umgang mit Struktur und Linie. Kurz stellte er die Bandbreite des Tiefdrucks – Kaltnadelradierung, Thermogravure, Strichätzung, falsche Aquatinta – vor: „Drucken ist Abenteuer“, zitierte er den Druckgrafiker HAP Grieshaber, „Drucken ist Rausch des Machens und gleichzeitig Kontrolle darüber.“
Filigran einerseits, voluminös andererseits
Mit diesem Wissen ausgestattet konnten die Besucher auf Entdeckungsreise gehen und verfolgen, wie filigran einerseits oder wie expressiv und voluminös andererseits die junge Frau Blätter und Landschaften in den unterschiedlichen Techniken darstellt und mit den damit verbundenen Möglichkeiten spielt. Und je nachdem, ob die Grafik in Blau-, Rot- oder Grüntönen gedruckt wird, beeinflusst dies auch die Stimmung der Bilder maßgeblich. Zarte Blumenaquarelle im Obergeschoss beschließen die Reihe.
Die Ausstellung ist bis 10. November jeweils Donnerstag von 16 bis 19 Uhr und Freitag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr zu besichtigen
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