Offener Brief
Central European Rally: Zwei Anwohnerinnen aus Sonnen „widersprechen energisch“

10.06.2024 | Stand 10.06.2024, 8:13 Uhr |
Helmut Preuß

Direkt neben der geplanten Rennstrecke liegt das Haus der Bürgerinnen, die protestieren. − Fotos: Preuß

Einmal mehr schlägt das Für und Wider von Autorallyes heftig auf. Was Motorsportfans, Gastrobetriebe und meist auch politische Gremien schätzen, finden Anwohner und Naturfreunde weniger lustig.



Jüngstes Beispiel aus der Region: Die Central European Rally, die am 19. Oktober auch durch Sonnen (Landkreis Passau) führt. Der Gemeinderat plädierte dafür. Derweil wenden sich zwei Frauen in einem offenen Brief jetzt energisch dagegen. Ihr Wohnhaus im Ortsteil Hinterau liegt direkt an der geplanten Strecke.

Zum Hintergrund: Einstimmig hatte sich der Sunninger Rat in der April-Sitzung für die Durchführung der Central European Rallye auf Gemeindestraßen ausgesprochen. Am 19. Oktober werden deshalb auf der Route Auhäusl – Oberneureuth – Flugplatzgaststätte – Hinterau in zwei Wertungsprüfungen zwischen 8.30 und 10.30 Uhr und zwischen 15 und 17 Uhr rund 300 Autos über die Ortsflur donnern, vielstimmig von mehreren hundert Fans bejubelt.

„Eines Luftkurorts unwürdig“



Bürgermeister Klaus Weidinger brach in der Sitzung eine Lanze für die Veranstaltung, sprach von einer „guten Werbung für unsere Heimatgemeinde“. Er betonte die Vorteile für Feuerwehr, Gastrobetriebe und Vereine, die an diesem Tag klingende Münze in den klammen Kassen gespült bekämen oder mehr Umsatz als sonst generierten. Auch seien die Erfahrungen mit dem Veranstalter zuletzt sehr positiv gewesen. Die investierten Arbeitsstunden des gemeindlichen Verwaltungspersonals seien immer wie vereinbart abgegolten, die Sicherheitsvorkehrungen an der Strecke verantwortungsvoll überwacht und entstandene Schäden an Wegen und Flur umgehend repariert worden, sagte Klaus Weidinger in der Sitzung. Im Rat war niemand gegenteiliger Ansicht.

Die hingegen vertreten jetzt zwei Anwohnerinnen aus dem Ortsteil Hinterau. Ihr Grundstück grenzt direkt an die Strecke, das Wohnhaus steht rund 15 Meter davon entfernt. In einem offenen Brief an die Gemeinde sowie in einem Begleitschreiben an die Heimatzeitung beklagen sie sich über „diese fragwürdige, keinesfalls zeitgemäße Veranstaltung … auf unserer winzigen Straße, … mitten durch weitgehend intakte Natur“.

In der Tat führt die Strecke zwischen der Fluplatzgaststätte und Hinterau durch ein ruhiges Waldgebiet, die asphaltierte Rennstrecken-Route ist kaum mehr als drei Meter breit, „das Gemeindebankett lediglich 50 Zentimeter breit und nicht befahrbar“, schreiben die beiden. Man sei erstaunt, dass eine Gemeinde, die sich erst 2014 mit Erfolg um das Prädikat „staatlich anerkannter Luftkurort“ bemüht habe und damit werbe, eine solche Veranstaltung befürworten könne. „Die Veranstaltung steht in einem krassen Gegensatz zu den Auflagen für einen Luftkurort“, heißt es in dem Brief weiter. Es werde in den Lärmbestimmungen des Bundestags für Kur- und Luftkurorte die Vermeidung von Lärm und Luftverunreinigungen jedweder Art doch explizit eingefordert.

Denn die beiden Frauen bemühen sich nach Kräften, „aus unserem Grundstück ein Refugium für alles, was kreucht und fleucht, zu machen“. Vom Landesbund für Vogelschutz und vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus sei ihr Garten bereits ausgezeichnet worden und als „Verdienst für den geleisteten Beitrag zur Biodiversität“ gewürdigt. Im Schreiben werden dann verschiedenartige „gepflanzte, gepflegte und größtenteils in Form geschnittene Bäume“ aufgelistet, Pflanzen und Tiere genannt und es wird schließlich bezweifelt, „dass unser Grundstück oder die darauf befindlichen Einrichtungen … keinerlei Schaden nehmen“. Auf die Veranstaltung bezogen heißt es zusammenfassend: „Wir widersprechen dem energisch“.

Der Veranstalter des Rennens, die „Central European Rally Event GmbH der FIA World Rally Championship“, reagiert auf die Einwände und Bedenken schnell. In einer schriftlichen Erklärung, die von den Frauen unter Androhung juristischer Konsequenzen eingefordert wurde, versichert er, „dass sämtliche, durch das Event verursachte Schäden so schnell wie möglich behoben werden und der Vorzustand wiederhergestellt wird“. Weder den Anwohnern noch der Gemeinde entstünden daraus irgendwelche Kosten.

Auch die Gemeinde beantwortet sieben Fragen der beiden Anwohnerinnen zügig. Gefragt werden neben der genannten Schadensbeseitigung der verantwortliche Ansprechpartner, nach der „Zuwegung zum Grundstück während der Veranstaltung“, dem genauen Zeitplan von Veranstaltung und Probeläufen, entstehenden Emissionen und Feinstaubbelastungen und der Absicherung von Grundstück, Bepflanzung, Bebauung und Einrichtungen während der Veranstaltung.

Veranstalter und Gemeinde reagieren



In den Antworten wird auf die weltweit gültigen Sicherheitsbestimmungen der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) und auf die behördlich verfügten Sperrungen während der Veranstaltung hingewiesen. Informiert wird über die genauen Zeiten für Wertungprüfungen und vorangehende Streckenbesichtigungen “ohne Probeläufe” und den verantwortlichen Ansprechpartner.

In Sachen Lärm- und Abgasemissionen, CO2- und Feinstaubbelastungen allerdings bleibt die Replik sehr schwammig. Man setze „auch im Jahr 2024 voll auf Nachhaltigkeit“, heißt es. Dabei wird auf die „modernen Hybrid-Fahrzeuge“ verwiesen, die Betankung mit „nicht-fossilen eFuels“ und die Einhaltung „aller behördlich und staatlich vorgegebenen Grenzwerte“.

Auch bei der Zuschauerlenkung gebe es ein „mit Behörden und Polizei abgestimmtes Verkehrskonzept, um die Belastungen für Mensch und Natur so gering wie möglich zu halten“.

− pr



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