Déjà-vu im Hexenkessel: Beim Oberliga-Kampf zwischen dem SV Untergriesbach und der WKG Neumarkt/Amberg stand schon vor dem ersten Duell der Mann des Abends fest, denn Andreas Rasch (37) feierte nach sieben Jahren ein Comeback für Weiß-Blau. Und die Menge feierte ihren „Radi“ – auch wenn er seinen Kampf knapp verlor. (Fotostrecke vom Kampfabend am Ende dieses Artikels)
„Voll geil“, prustete Hallensprecher Werner Fesl durchs Mikro, während die Fans den Almhütten-Fetzer „Radi, Radi, Radi“ von den Klostertalern lautstark stimmlich begleiteten und dem Mann zu Füßen lagen, der mit seinen Leistungen den SVU einst in die Bundesliga geführt hatte.
„So einen Status hat in Untergriesbach keiner“, sagte SVU-Trainer Christoph Scherr nach dem 26:2-Kantersieg gegen überforderte Oberpfälzer, „das muss du dir erstmal erarbeiten.“ Rasch ist in der Verbandsschul-Turnhalle eine „Legende“ und schon beim Einlauf erhielt er den dicksten Applaus. Und wie es sich für eine „Legende“ geziemt, kehrte er wie Phönix aus der Asche auf die Matte zurück.
Rückkehr wurde am Vorabend in der Sauna fixiert
Dazu floss einiges an Schweiß, denn die Rückkehr wurde am Freitagabend in der Sauna fixiert. Rasch ist mit seinen beiden Söhnen per se Stammgast in der Trainingshalle und ab und an trainiert er nach Lust und Laune bei den Senioren mit. So wie am Freitagabend und bei der anschließenden Relaxation im Sauna-Kämmerlein in der Ringer-Kraftkammer erzählte ihm Trainer Scherr still und heimlich von den personellen Nöten in der 86-Kilo-Klasse. Denn: Benedikt Heindl musste aus privaten Gründen für den Samstags-Kampf absagen. „Radi“ hielt die Idee des Schwabens zunächst für einen handelsüblichen Witz, weil in der Kürze der Zeit ja keine Lizenz beim Bayerischen Ringer-Verband mehr beantragt werden könne. Doch Scherr hatte natürlich die Antwort parat: „Bis Mitternacht geht’s“ – da sagte „Radi“ zu und Scherr legte den nötigen Antrag noch rechtzeitig vor der Geisterstunde aufs Fax.
„Seinen Ringer-Pass habe ich nie aus der Mappe gelegt“, erklärte der Coach tags darauf, seit sieben Jahren reist das Dokument so von Kampf zu Kampf mit, „vielleicht war’s eine selbsterfüllende Prophezeiung.“ Den Fans in der erneut proppenvollen Halle waren die Begleitumstände letztlich vollkommen egal, denn so wartete in Kampf 1 nach der Halbzeitpause der Höhepunkt des Abends. Da lag der SVU zwar schon fast uneinholbar mit 19:0 vorne, doch allein schon „Radis“ Rückkehr elektrisierte die Masse.
Finaler Durchdreher von „Radi“ scheitert knapp
Und der ging gleich in die Vollen, zeigte, dass er nichts verlernt hatte. 4:0 lag er nach Runde 1 vorne, doch sein Gegner Erwin Findling wollte nicht in den Jubelchor einstimmen. Und der Amberger machte Dampf und riss den Kampf an sich. Zehn Sekunden vor Schluss lag Findling mit vier Zählern in Führung, als Rasch seinen Gegner auf den Boden zwang. Nur noch 8:6 für den „Blauen“ und Rasch mobilisierte alle Muskeln in seinem gestählten Körper für einen finalen Durchdreher, der ihm zwei Punkte und damit den Sieg gebracht hätte. Die Halle stand, die Menschen schrieen – ein unfassbarer Moment. Doch „Radi“ schaffte es nicht ganz, Findlings Körper über die Schulter-Achse zu drehen. Der Gong ließ die Masse erstummen, doch nur wenige Augenblicke später jubelten die Fans wieder ihrem Helden zu.
„Natürlich hätte ich gerne gewonnen“, sagte Rasch mit geschwollenen rechten Auge, „aber es sollte nicht sein.“ Und: „Ich bin um eine Erfahrung reicher.“ Vielleicht war dies wirklich sein letzter Kampf, aber wer weiß das schon...
Ebenfalls um eine Erfahrung reicher ist nach diesem Abend Maxi Fisch, der knapp 17-Jährige drehte eine fast schon verlorenen Kampf gegen Wadim Herget noch in einen großen Sieg. Dank großem Kämpfer-Herz, unbändigem Willen und imaginären Kräften, die wohl nur in der Verbandsschul-Turnhalle entstehen können. Das Publikum feierte auch den Junior minutenlang mit „Super-Maxi“-Sprechchören – Adrenalin pur und ein perfekter Nachschlag bei einer eindrucksvollen Rasch-Party.
SV Untergriesbach – WKG neumarkt/Amberg 26:2 / G 57 Jonas Lenz – Richard Findling TÜ 4:0; F 61 Mohamed Jabban – Omid Pamakzade TÜ 4:0; G 66 Florian Unfried – Leonard Rupp TÜ 4:0; F 71 Christoph Fenzl – Ilja Serebrennikov PS 2:0; G 75 Ümit Kircicek – Denis Mertl PS 0:1; F 75 Garry Klier – Nikita Zorn TÜ 4:0; G 80 Maximilian Fisch – Wadim Hergert PS 1:0; F 86 Andreas Rasch – Erwin Findling PS 0:1; G 98 Marvin Music kampflos 4:0; F 130 Christoph Bauer – Alexander Fröhlich PS 3:0.
Die Fotos vom Kampfabend in Untergriesbach hat Hans Springer gemacht.
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