Die Aktionsgruppe „Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ äußert sich „besorgt“ über die „Neuorganisation“ des Krankenhauses Wegscheid (PNP berichtete) und fordert das Landratsamt Passau in einer Pressemitteilung zu ergänzenden Stellungnahmen auf. Indes verkünden die Landkreiskliniken schon einen Tag, nachdem die Chirurgie in Wegscheid offiziell geschlossen wurde, dass sie einen Kooperationsvertrag mit dem Klinikum Passau geschlossen haben.
Kritik der Aktionsgruppe
Das Landratsamt hatte die stationäre Chirurgie des Hauses mit 70 Patientenbetten und 260 Beschäftigten Mitte Juli geschlossen. „Die künftige chirurgische Versorgung hat ihren Schwerpunkt im ambulanten Bereich. Bestimmte stationäre chirurgische Leistungen bzw. Operationen entfallen, dies betrifft unter anderem Operationen zum Einsatz künstlicher Gelenke und Eingriffe, die einen längeren Krankenhausaufenthalt benötigen“, heißt es in einer Mitteilung der Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen (PNP berichtete).
„Die Erklärungen des Landratsamts Passau zu den vollzogenen Änderungen sind unvollständig und tragen nicht zur Transparenz bei, was das Krankenhaus Wegscheid ab dem 1. August 2024 insbesondere im jetzt vorwiegend ambulanten chirurgischen Bereich wirklich leisten kann“, heißt es in dem Schreiben.
Für die Aktionsgruppe stelle sich folgende Frage: „Ist bei nur zwei chirurgischen Fachärzten des MVZ eine durchgehende ärztliche Anwesenheit täglich an 24 Stunden im Krankenhaus auch für akut lebensbedrohende Verletzungen gewährleistet? Wie konkret stellen Sie dies Tag und Nacht sicher?“
Fragen zum Lotsendienst und verbleibender Chirurgie
Das Landratsamt Passau hatte bekannt gegeben, dass das Krankenhaus „unverändert täglich an 24 Stunden für Patientinnen und Patienten da“ sei. Es könnten weiterhin alle akut verletzten Patienten sowie auch alle Patienten mit akuten Schmerzen jederzeit das Krankenhaus Wegscheid aufsuchen und würden dort erstversorgt bzw. nach ärztlicher Entscheidung in ein Nachbar- oder Schwerpunktkrankenhaus verlegt. Dieser Lotsendienst stehe rund um die Uhr zur Verfügung. Hier schließt die Aktionsgruppe eine weitere Frage an – wie dieser Lotsendienst denn konkret organisiert sei.
Auch zu den noch weiterhin angebotenen chirurgischen Leistungen in Wegscheid äußert sich die Aktionsgruppe kritisch. Das Landratsamt hatte ja bekannt gegeben, dass es eine stationäre chirurgische Grund- und Basisversorgung auf gemeinsamer Station mit der Inneren Medizin geben werde. Jedoch: „Ist dies – da die zwei chirurgischen Fachärzte im MVZ angestellt sind – eine vollstationäre belegärztliche Behandlung und Abrechnung? Oder behandeln die Ärzte abrechnungstechnisch ambulant? Fallen für die Patienten im Fall eines kurzstationären Aufenthalts Zusatzkosten an? Wie wird auf der Station Innere Medizin eine fachgerechte chirurgische Betreuung in Abwesenheitszeiten chirurgischer Fachärzte gewährleistet?“
12938 Menschen haben Petition unterzeichnet
Die Aktionsgruppe verweist noch einmal auf die 12938 Unterzeichner der Petition „Erhalt des Krankenhauses Wegscheid als Allgemeinkrankenhaus mit stationärer Notfallversorgung“, die die großen Bedenken in der Bevölkerung zeige. Die Petition war kürzlich im bayerischen Petitionsausschuss abgelehnt worden. Das bayerische Gesundheitsministerium hatte argumentiert, dass die Pflicht zur Sicherstellung der stationären Versorgung dem Landkreis obliege, da ein Krankenhaus keine Behörde des Staates sei. „Es gibt explizit keine rechtliche Grundlage, die es der Staatsregierung ermöglichen würde, einem Krankenhausträger gegenüber einen Weiterbetrieb anzuordnen“, so Ministerin Judith Gerlach. Zudem läge im Falle des Krankenhauses Wegscheid ein Konzept vor, das eine Fortentwicklung als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung vorsähe. Damit bliebe ein stationäres Angebot im Bereich der Inneren Medizin erhalten – der Petitionsausschuss hatte keine Bedenken.
Die Aktionsgruppe hingegen hat große Bedenken: „Gut 20000 Einwohnern wird zukünftig eine stationäre chirurgische Notfallversorgung binnen 30 Fahrzeitminuten vorenthalten bzw. in längerer Fahrzeit zur Verfügung gestellt. Dies kann bei eskalierenden Verletzungen lebensentscheidend sein“, heißt es im Brief, der von Klaus Emmerich, Klinikvorstand in Rente, unterzeichnet ist.
Kooperation mit Klinikum Passau
Auch wenn seit 1. August am Krankenhaus Wegscheid chirurgische Patienten nur mehr ambulant bzw. nur noch kurz stationär behandelt werden, sei die Versorgung von Patienten mit längerem stationären Aufenthalt weiterhin gesichert, betonen hingegen Stefan Nowack, der Werkleiter des Klinikums Passau, und die Geschäftsführer der Landkreis Passau Krankenhaus gGmbH. Denn, wie sie gestern der Presse mitteilten: Die Einrichtungen haben einen entsprechenden Kooperationsvertrag geschlossen.
Darin wurde vereinbart, dass Notfallpatienten, die am Standort Wegscheid nicht versorgt werden können, vom dort eigens eingerichteten Lotsen für eine Behandlung am Klinikum Passau angemeldet werden. Beide Häuser haben dazu ihre Kontaktdaten ausgetauscht und wollen die Kooperation ausbauen. „Wir sind in regelmäßigem Austausch, damit wir die Zusammenarbeit auch kontinuierlich verbessern können“, sagt Stefan Nowack.
Zu den Kommentaren