Baumwarttreffen in Ruderting
„Mit hochwertigen Produkten punkten“

03.10.2024 | Stand 03.10.2024, 13:00 Uhr |
Helga Wiedenbein

Lothar Schramm hatte viele unterschiedliche Äpfel im Gepäck.

Anlässlich des Baumwarttreffens an der Streuobstwiese des Gartenbauvereins Ruderting kamen die Fachkundigen im Anschluss noch im „Schätzlhof“ zusammen, um nach der kleinen Wanderung Informatives mit nach Hause nehmen zu können.

Den Beginn machte Pia Auberger von der Öko-Modellregion Passauer Oberland, die das Prinzip der „ILE“ (Integrierte Ländliche Entwicklung) näherbrachte. Der Landkreis Passau sei in vier ILE-Gebiete aufgeteilt. Jeder Bürger lebt in einer ILE und könne für sein gemeinnütziges Projekt Förderungen beantragen. Im Landkreis sind zwei Öko-Modellregionen beheimatet, die den ILE-Gebieten angeschlossen sind.

„Die Hälfte Bayerns ist mittlerweile in einer Öko-Modellregion organisiert und wir sind in der Bio-Landwirtschaft zuhause. Wir in Bayern können nicht mit quantitativem Wachstum punkten, denn gegen die ost- und norddeutschen Betriebe haben die Bayerischen keine Chance, sondern mit qualitativ hochwertigen Produkten welche auch viel Spielraum für Natur-, Umweltschutz und nachhaltige Bewirtschaftung bieten“, erklärte Pia Auberger. Die Aufgaben der Öko-Modellregion sind insbesondere der Auf- und Ausbau von regionalen Bio-Wertschöpfungsketten durch genaue Betrachtung der Biolandwirtschaft, Verarbeitung im Lebensmittelhandwerk oder der Bezug und die Vermarktung von Bio-Lebensmitteln. Des Weiteren sollen der regionale Bio-Anteil in der Außer-Haus Verpflegung und der Bekanntheitsgrad von Ökolandbau und Bio-Lebensmitteln gesteigert werden.

Ziel: 30 Prozent ökologisch bewirtschaftete Fläche bis 2030



Ein weiteres Ziel ist ein Anteil von 30 Prozent ökologisch bewirtschafteter Fläche in Bayern bis 2030. Die prozentuale „Ausbeute“ im Biobereich schwankt derzeit, je nach Region, zwischen sechs und sieben Prozent im gesamten Landkreis Passau. Im Passauer Oberland werden schon 14 Prozent ökologisch bewirtschaftet und im südlichen Landkreis nur drei bis vier Prozent. „Vor allem aber geht es darum, die in den Regionen vorhandenen Potenziale zu erschließen und mit engagierten Akteuren vorhandene Strukturen zu beleben oder neu aufzubauen.“

Obstbauberaterin Ute Ellwein vom Staatsgut in Kringell/Hutthurm wollte eigentlich Försterin werden, jedoch wurde ihr damals abgeraten. Sie ließ sich nicht ins Bockshorn jagen, absolvierte eine Ausbildung bei einem Obstbauern und seit ihrem Studium in Weihenstephan ist sie über 43 Jahre als Obstbauberaterin tätig. Sie stellte bei ihrem Vortrag die Problemzonen der Bäume in den Fokus. So habe sie bereits viele tolle Bäume gesehen, aber leider viel mehr Problembäume. „Der Baum benötigt bei seinen Problemzonen unsere Hilfe“, begann Ute Ellwein ihre Vorstellung. Anhand vieler, teilweise erschreckender Beispiele erläuterte die Expertin, was der Mensch für einen guten Ertrag oder aus purer Unwissenheit den Bäumen oft „antue“. So seien beispielsweise im mittleren Bereich eines Baums viele „Holzproduktionszonen“ ein großes Problem.

Schlimm sei auch, wenn aus einer Abgangsstelle zwei Leitäste gezogen werden, denn dieser Wachstumsschaden sei nie mehr zu beheben. Die Regel besagt, dass der Fruchtast die halbe Stärke des Leitasts haben solle, was jeder mal in seiner Anlage prüfen solle. Oftmals werden die Bäume nicht oder nur unfachmännisch geschnitten, um den Ertrag hochzuhalten.

Tipps zum Schnitt von Obstbäumen



Die Äste biegen sich unter der Obstlast und müssen teilweise mit außergewöhnlichen Konstruktionen abgestützt werden. Eine Rücksetzung würde zwar den Ertrag für einige Jahre reduzieren, dem Baum jedoch wieder Zeit für die nötige Erholung geben, und der Gärtner im Anschluss sicher wieder mit reichlich Obst belohnt werden. Die größte Problemzone des Baumes ist jedoch der Mensch selbst. Ellwein appellierte an die Anwesenden, die Baumschneidearbeiten am Baum mit der Motorsäge nur in ausreichender Schutzkleidung und mit abgeschlossener Ausbildung durchzuführen und: „Gönnt die oberen Kirschen bitte den Vögeln und lasst waghalsige Ausflüge mit der Leiter, denn die Unfälle häufen sich mit der Erntezeit“.

Derzeit organisiert sie einen Baumwartkurs, der sich an ausgebildete Gartenpfleger, Fachberater, Absolventen „grüner Berufe“ und kommunale Mitarbeiter richtet. Diese Kenntnisse helfen, die unersetzlichen „Grünen Lungen“ für die Zukunft zu erhalten. Der Baumwart besitze die Fähigkeit zur ökologisch sinnvollen Planung und fachlich korrekten Pflanzung von Obstgewächsen, sowie deren Pflege über die gesamte Lebensdauer.

Pomologie erlebt Aufschwung



Im Anschluss gab es nach dem Mittagessen noch Leckerbissen und ein Bestimmungsquiz. Seit Jahren steigt das Interesse an der Kenntnis der Obstsorten und nach Jahrzehnten des Niedergangs erlebt die Pomologie – nach Pomona, der römischen Göttin für Baumfrüchte, benannte Obstarten- und Sortenkunde – einen Aufschwung. Lothar Schramm, Gundula Hammerl, Pia Auberger und Ute Ellwein hatten viele Äpfel- und Birnensorten wie „Rote Sternrenette“, „Brettacher“, „Edelborsdorfer“, „Ilzer Rosenapfel“, „Jonathan“, „Steirischer Maschanzker“ oder „Ingrid Marie“ im Gepäck. Bei der Verkostung wurde gerätselt. Der ein oder andere Apfel konnte bestimmt beziehungsweise das Rätsel gelöst werden.

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