Kramer und Dorfchronist
Ein Kellberger Urgestein blickt zurück: Albert Kronawitter feiert 95. Geburtstag

30.07.2024 | Stand 30.07.2024, 21:00 Uhr |
Franz Stangl

Ein echter Kellberger: 2. Bürgermeister Franz Mautner (rechts) sowie 1. Bürgermeister Alexander Sagberger (von links) und Ehefrau Elisabeth Kronawitter gratulierten Albert Kronawitter vor dem Modellbau, mit dem er das ursprüngliche Kellberg aus dem Jahr 1957 maßstabsgetreu aus Holz nachgebaut hat. − Foto: Stangl

Nach einem sehr schweren Sturz vor knapp zwei Jahren hat sich das Kellberger Urgestein Albert Kronawitter, der zu den beliebtesten und auch bekanntesten Bürgern des Luftkurortes Thyrnau im Landkreis Passau zählt, mühsam und auch hartnäckig wieder zurückgekämpft in die Mobilität seines täglichen Lebens. So konnte er jetzt gut erholt im Kreise seiner Familie seinen 95. Geburtstag feiern und auf sein Leben in seinem geliebten Kellberg zurückblicken.

In Untergriesbach wurde der Jubilar geboren, dort besuchte er die Schule und dort erlernte er auch den Beruf des Schreiners, den er bald mit der Meisterprüfung krönte. Diesen Beruf gab Albert Kronawitter aber auf, als ihn 1954 sein Onkel Max nach Kellberg holte. Er betrieb dort als „Fragner Max“ direkt gegenüber der Pfarrkirche einen Gemischtwarenladen. Zunächst führte der Jubilar noch eine kleine Schreinerei weiter, mit der Heirat seiner Frau Elisabeth 1957 übernahm er dann den Laden von seinem damals bereits betagten Onkel.

Ein kleiner Kramerladen mit ganz besonderem Flair

Nur etwa 25 Quadratmeter groß war damals die Verkaufsfläche in dem kleinen Laden, aber zu kaufen gab es darin alles, was ein Kolonialwarenhändler der damaligen Zeit haben musste: Karbid für die Lampen hatten Albert und seine Liesi in ihrem Angebot, Rizinusöl, Rechen, Sensen und dazu Wetzsteine, Stricke und Ketten für die Tiere im Stall, Wetterkerzen und Holzschuhe waren dabei, auch eine reiche Auswahl von Nägeln und Schrauben gab es oder Mauerfarbe mit einigen Musterwalzen, Stoffballen gab es als Meterware sowie dazu eine bunte Vielfalt von Nähzubehör.

Natürlich gab es beim Kronawitter Albert auch ein Angebot von Lebensmitteln und dies alles immer in der gewünschten, abgewogenen oder abgezählten Menge. Dazu gab es ein beliebtes Sonderangebot von Albert und seiner „Liesi“: Am Sonntagvormittag sperrten sie ihren Laden auf und so konnte man vor dem Sonntagsgottesdienst den Einkaufszettel abgeben, während der Messfeier wurden von den beiden die Waren zusammengestellt und nach dem Gottesdienst lagen diese zum Zahlen und Abholen bereit.

„Neumodisches System“: Selbstbedienung im Kramerladen

Stufenweise wurde der kleine Laden immer wieder vergrößert, bis zuletzt sogar für die Ausweitung der private Wohnbereich in das Obergeschoss wandern musste. Albert Kronawitter kam beim Bau der dazu notwendigen neuen Holzregale sein Beruf als Schreiner sehr zugute. So wie inzwischen immer mehr andere Läden wagten sich beide bald auch selber an ein „neumodisches System“, wie der Jubilar schmunzelnd zurückblickt: Sie führten die Selbstbedienung ein. An der Kasse aber unterstützten sich beide immer wieder gegenseitig. Albert Kronawitter sagte die Preise an und seine Frau tippte sie in die alte Kasse ein, oder auch umgekehrt.

1992 wurde dieser Lebensmittelladen schließlich aufgegeben, behalten haben beide nur noch einen kleinen Laden. In dem verkauft auch heute noch vor allem Liesi Kronawitter eine kleine Auswahl von Textilien oder allerlei Kurzwaren für den alltäglichen Bedarf. In diesem kleinen Laden gibt es einen Bereich für den Jubilar, der für andere unantastbar ist: eines der beiden Schaufenster. Vor dem bleiben die Kellberger und auch viele Gäste gerne stehen, denn dieses schmückt der Jubilar immer wieder mit historischen Bildern, Geschichten oder Geschehnissen aus der Kellberger Vergangenheit.

In der Rente baute er Burgen und Kellberg aus Holz nach

Mit der Schließung des Kramerladens hatte Albert Kronawitter plötzlich wieder viel Zeit, um sich seiner Leidenschaft als gelernter Schreiner, dem Werkstoff Holz widmen zu können. Und so baute er in seiner kleinen Werkstatt fortan Burgen, die Pfarrkirche und Häuser von Kellberg oder gleich den ganzen Ortskern von Kellberg in seiner ursprünglichen Form im Jahr 1957 nach, als er den Laden übernommen hatte. Dies alles natürlich aus Holz und auch maßstabsgetreu. Darüber hinaus hat er fein säuberlich über die Jahrzehnte hinweg all das, was in Kellberg Bewegendes geschehen war, niedergeschrieben und so schlummert in seinem Haus inzwischen eine umfangreiche und höchst interessante Dorfchronik.
Ein grausamer Schicksalsschlag war für den Jubilar und seine Frau der viel zu frühe Tod von Tochter Maria im Jahr 2012. Zu seinem 95. Geburtstag gratulierten Albert Kronawitter jetzt nicht nur viele Nachbarn, Freunde und Bekannte, sondern auch die drei Kinder und die sieben Enkel.

Immer freundlich und strahlend gut drauf

Zum Gratulieren kam für den eifrigen Kirchgänger mit einem Geschenk auch Pfarrer Martin Dengler vorbei. Und auch die Gemeinde Thyrnau war mit einem Geschenk gekommen und das gleich mit zwei Bürgermeistern, mit 1. Bürgermeister Alexander Sagberger und seinem Vize Franz Mautner. Sie alle wünschten dem Jubilar, der immer freundlich und strahlend gut drauf ist, neben der Gesundheit nur eines: ein volles Jahrhundert in seinem geliebten Kellberg.

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