140 Jahre Kunst – in einem einzigen Menschenleben schafft man das nicht. Ein Paar aber kriegt das gemeinsam hin, in dem Fall Regina Schmidtmayer und ihr Mann Walter. Die eine ist eine renommierte Künstlerin, die sich in vielen Jahrzehnten des Suchens und Findens hartnäckig den eigenen Malstil erkämpft hat. Der andere ein handfester Typ, der sich sporadisch neben der Erwerbsarbeit und dann verstärkt in der Zeit danach dem Thema Eisen genähert hat.
Wie gut das Zusammenspiel von Regina und Walter Schmidtmayer funktioniert, das kann man derzeit in der Ausstellung „140 Jahre Kunst“ in der Vilshofener Stadtturmgalerie erkennen. Auf vier Geschossen sind die Skulpturen und Bilder thematisch angeordnet, gegliedert in „Unterwegs“, „White Room“ oder „tierisch-menschlich“. Es gibt viel zu entdecken, denn beide Künstler öffnen, weite Räume für Reflexionen und Sinnsuche, die hinter das Dargestellte blicken.
Regina Schmidtmayer, die 2015 den Kulturpreis des Landkreises Passau erhielt, zeigt in der Ausstellung die ganze Fülle ihres Schaffens aus drei Jahrzehnten. Die Vilshofener Künstlerin beherrscht die Ölmalerei wie auch das Arbeiten mit Kohle, Kreide und Aquarellfarben. Doch das Malen mit Pastellkreiden kommt ihr besonders entgegen. Die qualitätsvollen Bilder in der Schau thematisieren die Natur in ihren vielfältigen Aspekten, reduziert auf das Wesentliche. Sie erfassen Landschaften als Sehnsuchtsorte, die leise Melancholie verströmen.
Ihr Blick fällt auch auf das Kleine und Unscheinbare: die tote Maus, den Käfer oder den Vogel, der sich zu Tode stürzte. Mit wenigen Strichen werden sie präzise zu Papier gebracht. Zart und verletzlich erscheinen sie und weisen als Memento mori, das die eigene Sterblichkeit in Erinnerung ruft, über sich hinaus.
Walter Schmidtmayers Objekte aus Eisen sind verwegene Konstrukte aus Schlüsseln und Zangen, Türscharnieren und Riegeln. Schon vor Jahrzehnten inszenierte er erste „Dates“ zwischen kaputtem Werkzeug und rostigen Eisenteilen. Was als Hobby begann, verwandelte sich im Lauf der Zeit in, nun ja, eisernen Kunstwillen. Er schmiedet Beißzangen innig zusammen und experimentiert mit Glas und Stein.
Immer stärker ging der Künstler dabei in die Reduktion, was den Skulpturen gut tut. Und es ist spannend zu beobachten, dass die wiederbelebten Einzelteile einerseits ihre Vergangenheit nicht verleugnen und sich dennoch harmonisch im zweiten Leben mit anderem verbinden. Den Objekten stellt Schmidtmayer seine Gedichte an die Seite, die eine eigene Qualität haben. Und doch erklären sie manches, was der Betrachter vielleicht lieber selbst herausfinden möchte.
Gesine Hirtler-Rieger
Bis 6. Oktober, Stadtturmgalerie Vilshofen, Stadtplatz 1, geöffnet Do. 16-19 Uhr, Fr. bis So. 14-17 Uhr
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