Sicherheitsformel: lustig und resolut
Auf Streife mit der Sicherheitswacht: Vater-Tochter-Gespann sorgt in Vilshofen und Ortenburg für Ordnung

14.09.2024 | Stand 14.09.2024, 6:00 Uhr |

Sieben aktive Mitglieder hat die Sicherheitswacht für Vilshofen und Ortenburg momentan. Bald soll Aidenbach als Gebiet hinzukommen. Bewerbungen sind gern gesehen und können online oder direkt bei der Polizeiinspektion Vilshofen eingereicht werden. − Fotos: Niklas Schneider

„Einbahnstraße! Radfahrer absteigen!“, ruft Stephan Käser einem Radler hinterher, der über den Stadtplatz flitzt. Der 50-Jährige lässt sich seine gute Laune nicht nehmen, obwohl das heute nicht der erste Drahtesel war, dessen Lenker die Verkehrszeichen übersehen oder missachtet hat: „Man darf nicht immer davon ausgehen, dass die Leute das mit Absicht machen. Menschen machen Fehler“, sagt der Bäckermeister und setzt zusammen mit seiner 25-jährigen Tochter Theresa den Streifgang in der Altstadt fort.

  

Das ist nur eines der bevorzugten Areale, wo das Vater-Tochter-Gespann etwa einmal wöchentlich für gut zwei Stunden auf Patrouille geht, um das Sicherheitsgefühl der Bürger zu erhöhen und als Bindeglied zwischen Bevölkerung und Polizei zu dienen. Stephan und Theresa Käser sind Teil der ehrenamtlichen Sicherheitswacht in Vilshofen und Ortenburg (Landkreis Passau).

Stets im Gespräch mit den Bürgern



„Ganz oft kommt vor, dass Bier getrunken wird, wo es nicht erlaubt ist. Oder auf der falschen Straßenseite geparkt wird. So Kleinigkeiten halt“, zählt der muntere Ehrenamtliche die gängigsten Delikte auf, bei denen die Sicherheitswacht einschreitet. „Aber auch wenn jemand mal Probleme mit der Polizei hatte und das mit uns klären will“, ergänzt er.

„Bei uns ist halt die Hemmschwelle geringer“, begründet Theresa Käser, wieso sie im Vergleich zum uniformierten Polizisten gerne von der Bevölkerung angesprochen werden. „Und viele meinen, wir wären das Ordnungsamt“, fügt ihr Vater lachend hinzu.

Fanden bewusstlosen Mann in Erdgeschosswohnung



Dabei verteilen sie keine Knöllchen. „Höchstens, wenn mal wer auf einem Behindertenparkplatz steht, warten wir auf den Halter und weisen ihn höflich darauf hin oder fordern ansonsten eine Polizeistreife an“, stellt Stephan Käser klar. „Wichtig ist, dass man mit offenen Augen durchs Leben geht“, meint Tochter Theresa.

Einmal sind die beiden an einer Erdgeschosswohnung vorbeispaziert und haben im Augenwinkel jemanden reglos am Boden liegen sehen. Es war ein älterer Herr, der allein daheim war. „Wir haben dann den Rettungsdienst alarmiert. Wie sich herausstellte, ist er gestürzt. Sein Pflegedienst wäre erst am nächsten Tag gekommen“, ist Stephan Kessler froh, dass sie helfen konnten, Schlimmeres zu verhindern.

Alkoholverbot im Park wird gelegentlich missachtet



„Bin gleich wieder da“, rennt Theresa plötzlich los. Ein weiterer Radfahrer, den sie darum bittet, der geltenden Regelung entsprechend abzusteigen. Nach einer Runde um den Stadtplatz begibt das Duo sich über die Vilsbrücke weiter Richtung Ginkgopark – ebenfalls ein Schwerpunkt ihrer Streifen. Dort verbringen vor allem Familien und Jugendliche ihre Freizeit. Deswegen herrscht Alkoholverbot, was jedoch gelegentlich missachtet wird.

Die Einsatzorte seien aber auch ein wenig an der Jahreszeit orientiert. „Im Herbst gehen wir durch Wohngebiete, wegen der Dämmerungseinbrüche. Im Sommer eben eher durch Parks, wegen der Alkoholproblematik“, erklärt Stephan Käser. Manchmal weise sie auch die Polizei auf bestimmte Örtlichkeiten hin, wo es zu Auffälligkeiten kam. Wenn‘s mal weiter weg ist, beispielsweise in Ortenburg, können die Ehrenamtlichen zivile Dienstfahrzeuge der Polizei oder E-Bikes verwenden.

Während die Sicherheitswächter durch den Ginkgopark streifen, kommt ein Funkspruch von der Polizeidienststelle. Jemand mache Feuer im Park und sie sollen sich das mal anschauen. „Da waren wir eben. Die sind vom Jugendferienprogramm der Stadt und haben eine Genehmigung“, kann Stephan Käser die Situation direkt auflösen.

Im Notfall dürfen sie Pfefferspray einsetzen



Was die ehrenamtlichen Helfer dürfen und was nicht, ist im bayerischen Sicherheitswachtgesetz geregelt. Sie können vorübergehende Platzverweise ausstellen, Personalien aufnehmen und im Notfall Pfefferspray einsetzen. Dafür durchlaufen sie eine 40 Einheiten umfassende Ausbildung bei der zuständigen Polizeidienststelle. Neben Strafrecht, der Stadtsatzung und Einschreitverhalten steht vor allem der kommunikative Aspekt im Mittelpunkt.

„Es kommt immer darauf an wie man an eine Sache herangeht“, betont Stephan Käser. „Wir machen uns immer vorher aus, wer wen anspricht. Theresa ist eher die Resolutere, ich bin der Lustigere. Je nachdem entscheiden wir dann.“ Angst haben die beiden nicht. „Gesunden Respekt, den sollte man haben“, konstatiert Theresa Käser. „Aber wenn ich schon mit Angst reingehe, biete ich direkt eine größere Angriffsfläche. Da wäre ich hier bei der Sicherheitswacht falsch“, sagt sie entschlossen.

„Ich engagiere mich einfach gerne“



Nach etwa zweieinhalb Stunden erklären Vater und Tochter den Einsatz an diesem Nachmittag für beendet. Seit 15 Jahren übt der Bäckermeister dieses Ehrenamt schon aus. Einteilen dürfen sie sich ihre Streifen selbst, wie es eben gerade zeitlich passt. „Die Motivation war in erster Linie sinnvolle Freizeitgestaltung“, erinnert sich Stephan Käser an seine Anfänge bei der Wacht. „Mittlerweile macht es richtig Spaß. Die Leute kennen einen, man wird angesprochen.“

2016 hat er dann seine Tochter Theresa „rekrutiert“. „Ich engagiere mich einfach gern und es hat auch vom Aufgabengebiet her gepasst“, merkt die hauptberufliche Justizwachtmeisterin an. Das Feedback der Bürger sei zu 99 Prozent positiv. Pöbeleien gebe es selten. Und noch einen positiven Aspekt hebt Stephan Käser lachend hervor: „Der große Vorteil ist, dass man alle Polizisten kennt.“

SICHERHEITSWACHT

Mit dem Inkrafttreten des Sicherheitswachtgesetzes am 31. Dezember 1996 haben Kommunen die Möglichkeit erhalten, eine ehrenamtliche Sicherheitswacht aufzustellen. In Vilshofen ging das Projekt 2001 an den Start. Momentan umfasst das Team elf Mitglieder, wobei sieben aktiv sind, da manche Ehrenamtliche zeitweise aus privaten Gründen keine Zeit haben. Im Schnitt gehen zwei Teams pro Woche Streife durch Vilshofen, Pleinting oder Ortenburg, bei großen Events auch mal mehr. Sie erhalten eine Ehrenamtspauschale von acht Euro pro Stunde. Bewerben kann sich grundsätzlich jeder ab 18 Jahren. Der Bedarf ist laut Polizei nach wie vor hoch.

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