Von Wolfgang Hofer
Unter dem Motto „Musik und Wort“ ist die Museumssaison 2024 im Leonhardimuseum Aigen am Inn zu Ende gegangen. Zum offiziellen Abschluss war ein gemütlicher Nachmittag geboten, an dem Dr. Hans Göttler die Bayerwald-Dichterin Emerenz Meier in den Mittelpunkt stellte. Der Deutschdidaktiker, Schriftsteller und „Turmschreiber“ trug Meier-Texte vor und gab einen Einblick in ihr Leben. Begleitet wurden Göttlers vorgetragene Verse von wunderbaren Tönen der Familienmusik Osterholzer. Sie sorgten in ihrer Besetzung „Luftknopfsaitn“ für die musikalische Umrahmung eines gelungenen Museumsnachmittags.
Dr. Hans Göttler stellt die Bayerwald-Dichterin vor – unnachahmlich
Rund 80 interessierte Einheimische und Kurgäste waren gekommen – und wurden nicht enttäuscht, als sie Hans Göttler in seiner unnachahmlichen, launigen Art mitnahm auf eine Reise in die Zeit der Emerenz Meier. Göttler zitierte auch aus seinem neuen Buch „Emerenz Meier – Sanfte Rebellin zwischen Bayerwald und Chicago“.
Die am 3. Oktober 1874 in Schiefweg im unteren Bayerischen Wald geborenen Bayerwalddichterin wuchs als Gastwirtstochter und Bauernmagd auf und musste, wie es zu dieser Zeit üblich war, seit früher Kindheit im Gasthaus und der Landwirtschaft mitarbeiten. Selbst bezeichnete sie sich als „des freien Waldes freies Kind“.
Kaum Freiheiten für „des freien Waldes freies Kind“
Die Realität war oft anders: Wenn sie in ihren „Rollen“ im elterlichen Anwesen ihre Arbeit verrichten musste, gab es kaum Freiheiten. In der Schule brachte ihr die Abstammung aus einfachen Verhältnissen nicht gerade Vorteile ein und selbst der Vater war von ihren „Verserlschreibereien“ nicht begeistert. Das änderte sich erst, als sie mit rund 19 Jahren die ersten Honorare für ihre Gedichte bekam. Ab da hieß es dann „Schreib, Senzl, schreib“. Ihre Freiheit fand Emerenz beim Schreiben, da verarbeitete sie auch manche Erfahrungen des Lebens, wie im Gedicht „Die Schnecke“, so Göttler, „denn auch sie selbst war wie eine Schnecke, wenn sie Widerstand von außen bekam, zog sie sich schnell zurück in ihr Schneckenhaus“. In „Mein Wald – mein Leben“ beschreibt sie, wie ihr der Woid Trost und Halt spendete, auch in „Der böhmische Wind“ schildert sie ihre Eindrücke, wie der Wind die Menschen des Waldes formte.
Im Jahre 1896/97 veröffentlichte Emerenz Meier ihr einziges Buch. Ihre Gedichte und Texte waren bei den Sommerfrischlern, die in ihre Heimat kamen, beliebt und ihr Können wurde auch außerhalb der Grenzen Waldkirchens bekannt. Der Dichter Peter Rosegger sei einer der ersten Gratulanten zu diesem Buch gewesen, wusste Göttler zu erzählen.
Als in den Jahren 1902 bis 1904 die ersten Familienmitglieder nach Amerika auswanderten und dort auf Freiheit und besseres Leben hofften, war Emerenz lange noch der Meinung, im „Woid“ bleiben zu können und als Angestellte ihr Geld zu verdienen. Im März 1906 jedoch reiste sie mit ihrer Mutter, nach einem kurzen Gastspiel als Wirtin in Passau, ebenso in die USA. In Chicago gebar sie ihren Sohn Joe-Frank, den sie nach einer kurzen Ehe mit Josef Schmoeller alleine groß zog. In den USA verband sie eine innige Brieffreundschaft mit ihrer Freundin Gusti Unertl, rund 50 Briefwechsel haben sich erhalten und erzählen viel über ihr Leben in Amerika. Die Heimat des Bayerwoids fehlte ihr und das brachte sie in vielen Gedichten, die sie weiterhin verfasste, zum Ausdruck. Sie trauerte der alten Heimat nach und befand das Auswandern als Fehler. Kritisch äußerte sie sich in „Weh über die Führer der Nationen“ über das Weltgeschehen und die Kriegsführer ihrer Zeit. „Kurze Zeit ist dir gesetzt“ lautet der Titel des Gedichtes, in dem sie feststellt, dass nicht Gottvater ins Leben pfuscht, sondern die Mitmenschen.
Rundum gelungene Ausgabe von „Musik und Wort“
Nach ihrem Tod am 28.Februar 1928 wurden ihre Gedichte und Verse in einer Schachtel verpackt und mit der Aufschrift „Der Emerenz ihre Schreiberein“ versehen – das zeigt, was die Familie zu Lebzeiten von ihr hielt. Erst rund 50 Jahre nach ihrem Tod wurden wieder Texte von ihr veröffentlicht. In den 1990er Jahren entdeckte Hans Göttler dann die „sanfte Rebellin“.
Mit der Anekdote, wie Hans Göttler die Bronze-Büste am Donaukai in Passau anlässlich der Eröffnung anstatt eines Grußwortes küsste und meinte „guat schaust aus, Senzl“ klang die erste, rundum gelungene Ausgabe von „Musik und Wort“ im Aigener Museum aus.
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