Nahezu familiärer Charakter prägt die Auftritte der lebenden Blues-Legende Abi Wallenstein in der Wohnzimmer-Atmosphäre des Hölzlwimmer-Stadls. Bereits zum dritten Mal in Folge gastierte der ewig jung wirkende Hamburger (79) mit Wurzeln in Jerusalem im Rahmen der „Ruhstorfer Konzerte“ in Kleeberg (Markt Ruhstorf) – mit seinem kongenialen Partner Hubert Hofherr an der Seite. Die rund 70 Besucher zeigten sich begeistert und teilten zuletzt die Headline-Botschaft des allerletzten Stücks von vielen letzten Nummern: „Everybody Needs Somebody To Love“.
Dieser Evergreen aus der Feder von Bert Berns, Solomon Burke und Jerry Wexler – erstmals veröffentlicht 1964 – war die Krönung eines außergewöhnlichen Konzerts, wohltuend nach der weihnachtlichen Dauerbeschallung und dem teils ohrenbetäubenden Faschingsgetöse landauf landab.
Blues war die WhatsApp von früher
Zugleich hielt Wallenstein, der schlaksige Guitar-Man mit seinem speziellen achtsaitigen Instrument und rauchig klingender Stimme, eine unaufdringliche, kurzweilige Lehrstunde in Sachen Black Music. Vor über 100 Jahren sei der Blues so etwas wie heute der Online-Nachrichtendienst WhatsApp gewesen, erklärte Abi augenzwinkernd vor dem Anstimmen des „Titanic Blues“, der den tragischen Untergang der weltberühmten Titanic während deren Jungfernfahrt im April 1912 thematisiert.
Politische Botschaften und private Appelle
Aber auch politische Botschaften und private Appelle mit der Aussage, die Finger von fremden Frauen zu lassen, sind durch dieses Musikgenre untermauert worden, wie der sympathische Gitarrist und Sänger vor der Performance des Stücks „Keep Your Hands Away Off Her“ erzählte. Abi Wallenstein nahm die immer wieder mitklatschenden und den jeweiligen Refrain mitsingenden Zuhörer mit auf eine Reise durch die frühen Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts mit einer Station in den 1940ern, Muddy Waters’ Hymne „I Can’t Be Satisfied“.
Immer wieder gab es einen Wechsel zwischen Blues und Boogie Woogie. Als Virtuose auf der Mundharmonika, der Blues Harp, brillierte einmal mehr der gebürtige Niederbayer und Wahl-Münchner Hubert Hofherr, dessen einzigartige Spielweise spürbar vom intensiven Studium des Chicago Blues dominiert ist.
Das Duo will bald wieder kommen
Vielumjubelt waren die Abstecher des Duos in die Welt so großer Bands wie „Rolling Stones“ – mit dem Ohrwurm „Honky Tonk Woman“ – und „Creedence Clearwater Revival“, deren bekannte Ballade „Long As I Can See The Light“ Abi Wallenstein als Protest gegen den Vietnam-Krieg charakterisierte und damit die Hoffnung auf ein baldiges Ende aktueller gewaltsamer Konflikte verknüpfte.
Sehr bemerkenswert war die Version der beiden von „Let’s Work Together“, einem Kracher der US-amerikanischen Bluesrockband Canned Heat. Auch der musikalische Trip auf der legendären „Route 66“, wohl der Traum eines jeden Harley-Davidson-Fahrers, durfte nicht fehlen. Am Ende, nach mehreren Zugaben, hallte der Wunsch im Hölzlwimmer-Stadl nach, dass Abi Wallenstein schon bald sein Versprechen einlösen wird: „Wir kommen wieder.“
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