„Müssen uns keinen Druck machen“
49er Segelduo Meggendorfer/Spranger vor ihrer Olympia-Premiere – Oberbayern legen Sonntag in Marseille los

25.07.2024 | Stand 25.07.2024, 15:17 Uhr |

Das Oberbayern-Duo in Aktion: Für Vorschoter Andreas Spranger (vorn) und Steuermann Jakob Meggendorfer gehen die Wettbewerbe in Marseille ab Sonntag los. − Fotos: Team Deutschland/Picture Alliance, Felix Diemer/DSV

Der Traum ist tatsächlich wahr geworden: Die früheren Simsseer Segler Jakob Meggendorfer (Rosenheim) und Andreas Spranger (Mühldorf) werden die deutschen Farben bei den Olympischen Spielen in Paris vertreten – ein Riesenerfolg für die Sportsoldaten, die seit 2016 in Kiel leben und trainieren. 14 deutsche Segler sind bei den Wettkämpfen in Marseille vertreten, die am kommenden Sonntag in der Mittelmeer-Hafenbucht im Viertel Le Roucas Blanc beginnen. Was der 49er-Crew ihre erste Teilnahme bedeutet und welche Chancen sie sich ausrechnet, hat heimatsport.de beim 27-jährigen Vorschoter Spranger erfragt.

Herr Spranger, Hand aufs Herz. Wie groß ist die Vorfreude auf Marseille?
Andreas Spranger: Es war ja nicht die leichteste Quali für uns. Dementsprechend groß ist auch die Vorfreude. Lang ist ja nicht mehr hin.

„Die Resonanz von anderen war echt groß“

Die Erleichterung muss riesig gewesen sein, nachdem Sie der DOSB nominiert hat, oder?
Spranger: Die war auf jeden Fall nicht klein. Ich hätte tatsächlich gedacht, dass sie größer ausfallen würde. Jakob, unser Coach Max Groy und ich haben versucht, uns mental darauf vorzubereiten, dass wir sicher dabei sind. Falls es dann nicht geklappt hätte, wäre das Loch, in das wir gefallen wären, vielleicht ein bisschen größer gewesen. Nichtsdestotrotz war die unterbewusste Anspannung deutlich höher, als man sie gespürt hat. Die Resonanz von anderen, die mit uns mitgefiebert haben, war schon echt groß.

Ihr wohl größter Erfolg ist der 1. Platz bei der DM 2019. Würden Sie die Olympia-Teilnahme bereits höher einstufen oder müsste dafür eine Medaille herausspringen?
Spranger: Seglerisch würde ich das nicht als unseren größten Erfolg deklarieren. Das wäre dann eher sowas wie der 6. Platz bei der Senioren-WM 2022 in Kanada. Es war jedoch eine extrem mentale Leistung nach unserer verpassten Quali. Klar, wir haben sie zwar innerdeutsch gewonnen, aber die DOSB-Kriterien knapp verpasst. Rückwirkend war’s als Team dennoch unsere größte Performance.

Es sind Ihre allerersten Olympischen Spiele. Das ist dann auch nochmal etwas Besonderes.
Spranger: Auf jeden Fall. Es sagen immer alle: Olympia ist anders. Das wird auch mit Sicherheit so sein. Wir sind natürlich gespannt, was da auf uns zukommt.

Haben Sie Ziele und Erwartungen? Oder lassen Sie alles erst einmal auf sich zukommen?
Spranger: Die meisten nehmen sich vor, wie bei jedem anderen Wettkampf zu segeln. Wir wurden zwar spät nominiert, fahren jetzt aber nicht nach Marseille, nur um dabei zu sein. Wir wollen schon auch unsere beste Leistung abrufen. Was im Endeffekt dabei rauskommt, ist schwierig zu sagen, da es ja unsere erste Olympia-Teilnahme und daher auch noch ein bisschen anders ist. Uns kommt auf jeden Fall zugute, dass wir uns keinen Druck machen müssen. Daher wird auch weniger Erwartungshaltung von außen auf uns einprasseln.

Wann haben Sie von der Nominierung erfahren und wie ging’s dann weiter?
Spranger: Wir haben am 3. Juli davon erfahren, allerdings schon eineinhalb Monate zuvor in Marseille trainiert und ein neues Boot gekauft, da es im Fall der Nominierung wohl etwas zu spät gewesen wäre. Bei der Einkleidung in Düsseldorf wurde uns dann zum ersten Mal so richtig bewusst, dass wir dabei sind. Man kam in eine riesige Lagerhalle und durfte alles anprobieren, was man wollte. Das gab einen guten Olympia-Spirit. Danach ging’s ins Trainingslager nach Marseille, von dem wir am 13. Juli zurückgekehrt sind.

An welchen Stellschrauben haben Sie im Trainingslager a noch gedreht?
Spranger: Es ging viel darum, die Olympiasegel noch ein bisschen zu testen und sich aufs neue Boot einzustimmen. Ansonsten war auch nicht mehr so viel Zeit. Wir haben uns natürlich nochmal intensiver mit allen Regularien beschäftigt. Im Endeffekt haben wir einfach versucht, uns bestmöglich aufs Olympia-Revier einzugrooven.

Mit Steuermann Jakob Meggendorfer sitzen Sie seit 2010 in einem Boot.
Spranger: Richtig, wir feiern heuer unser 14-Jähriges. Wir kennen uns allerdings schon deutlich länger, weil wir beide im Opti am Chiemsee angefangen haben. Da waren wir eigentlich schon gut befreundet und hatten Lust, im Zweimannboot zu segeln. Dann sind wir 2010 auf den 29er umgestiegen. Seitdem hat sich alles ein bisschen weiterentwickelt.

Wie ist die Aufgabenverteilung zwischen Ihnen beiden?
Spranger: Jakob steuert und sagt, wo wir langfahren und wie wir uns zu Wind und Gegnern positionieren. Er übernimmt also viel Strategisches und Taktisches. Ich stelle die Segel ein und mache uns schnell. Letztlich ist es eine Harmonie aus beidem. Zwischen uns herrscht ein ständiger Kommunikationsfluss, den anderen über seinen Bereich zu informieren.

„Es waren nicht immer die einfachsten Jahre“

Ist gute Kommunikation das Erfolgsgeheimnis?
Spranger: Wir kennen uns in- und auswendig. Es gibt eigentlich keine Situation, in der der eine den anderen noch nicht erlebt hat − sowohl positiv als auch negativ. Wir sind da sehr ehrlich zueinander. Nur so schafft man es auch, dass das Team über so viele Jahre zusammenhält und wächst. Es waren nicht immer die einfachsten Jahre, doch nur mit einer gesunden Portion Selbstreflexion, Ehrlichkeit und konstruktiver Kritik kommt man nach vorne.

Welchen Einfluss hat dabei Ihr Coach Max Groy?
Spranger: Zum einen war er selbst bei den Olympischen Spielen unserer Bootsklasse mit am Start. Er weiß sofort, wovon man spricht und kann das entsprechend einordnen. Das ist sehr angenehm, dass wir da dieselbe Sprache sprechen. Er kann uns auch als Team sehr gut einstellen, ist super umgänglich und wir sind echt gut befreundet. Max bringt immer eine sehr gute Stimmung mit rein, dass wir auch den Spaß an der Sache nicht vergessen.


Artikel kommentieren