Riesenreaktoren auf Reisen
Start in Niederbayern für einen der größten Schwertransporte

02.06.2021 | Stand 21.09.2023, 23:43 Uhr
Bern Ehrlich

Der riesige Spezialkran wurde eigens im Kelheimer Hafen aufgebaut, um die bis zu 600 Tonnen wiegenden Metallkolosse aus dem Schiff zu heben. Fotos: Fotos: Ehrlich

Es ist einer der größten Schwertransporte, die bislang auf deutschen Straßen unterwegs waren. Im Kelheimer Hafen wurden zwei jeweils 600 Tonnen schwere Reaktoren aus Schiffen entladen, deren Ziel die Raffinerie in Neustadt ist.

Eine ziemlich weite Reise haben zwei riesige Reaktoren hinter sich, die am Dienstag und Mittwoch im Kelheimer Hafen von einem Frachtschiff auf zwei gigantische Schwertransporter verladen wurden. Gebaut wurden die Reaktoren in Italien, berichtet der Donaukurier. Über das Mittelmeer und den Atlantik ging es zuerst per Frachtschiff nach Rotterdam. Dort wurden sie auf ein Binnenschiff umgeladen und weiter auf dem Rhein, dem Main und dem Main-Donau-Kanal nach Kelheim transportiert.



Doch auch hier ist die Reise der beiden Reaktoren noch nicht zu Ende. Zwei gewaltige Schwertransporter bringen die Fracht auf dem Landweg zu ihrem endgültigen Zielort, der Bayernoil Raffinerie in Neustadt an der Donau. Dort sind sie für die sogenannte Mild Hydrocracker-Anlage bestimmt.

Riesiger Spezialkran aufgebaut

Damit die jeweils 600 Tonnen schweren Reaktoren überhaupt aus dem Schiff gehoben werden konnten, musste die Firma Schmidbauer eigens einen riesigen Spezialkran – einen CC8800-1 – im Kelheimer Hafen aufbauen. Bei einer Ausladung von 26 Metern werden mit dem Raupenkran fast 700 Tonnen gehoben. Die Ausmaße und vor allem das Gewicht der beiden Schwertransporter sind beeindruckend. Das Transportgewicht beträgt bei der ersten Kolonne 800 Tonnen und bei der zweiten Kolonne sogar 880 Tonnen. Selten zuvor wurde in Deutschland ein größeres Gewicht auf der Straße befördert. Die Last wird von zwei selbstfahrenden SPMTs (Self-Propelled Modular Transporter ) mit 44 Achsen und 176 Reifen bewegt. Nur solche Spezialtransporter können derartige hohe Achslasten bewältigen. Die Länge der beiden Schwertransporter liegt jeweils bei 33 Metern, die Breite bei 6,6 Metern und die Höhe beträgt 8,2 Meter. "Diese Höhe ist natürlich zusätzlich eine besondere Herausforderung", sagte Stefan Schmidbauer, Geschäftsführer der Schmidbauer-Gruppe und für den Transport verantwortlich. "Hier muss man besonders auf Brückenunterfahrten achten, aber auch Bahnübergänge sind eine Herausforderung." Schmidbauer berichtet, dass hier in Absprache mit der Deutschen Bahn spezielle Rampen gebaut wurden.

Durchführbarkeitsstudien im Vorfeld

Vor dem Transport wurden weitreichende Durchführbarkeitsstudien, geotechnische Gutachten, Straßenanalysen und Gutachten für Bauwerksüberfahrungen erstellt. Ebenso mussten Straßenbeleuchtungen, Verkehrsschilder, Telefonleitungen, Kurven, Steigungen, Kreisverkehre und vieles mehr im Vorfeld berücksichtigt werden. Um kritische Streckenpunkte zu vermeiden, baute man sogar verschiedene Behelfsstraßen.

"Die Auftragsvergabe erfolgte letztes Jahr im Dezember", erklärt Schmidbauer. "Dies alles in so kurzer Zeit zu organisieren war schon sportlich."

Die Strecke von Kelheim nach Neustadt ist zwar nur 30 Kilometer lang, aber für den Transport sind vier Etappen vorgesehen. Diese werden auf mehrere Tage verteilt, um die Einschränkungen für den Verkehr möglichst gering zu halten. Da die Schwertransporte nicht überholt werden können und auch keine Möglichkeit des Gegenverkehrs besteht, müssen in der Zeit vom 5. bis zum 13. Juni mehrere Straßen im Kreis Kelheim tageweise gesperrt werden.

Alle Beteiligten, besonders die Stadt Neustadt und die Bayernoil Raffinerie, bitten aus Sicherheitsgründen und wegen der anhaltenden Gefahr durch die Corona-Pandemie jedoch darum, Menschenansammlungen am Straßenrand zu vermeiden und nicht anzureisen, um den Transport zu beobachten.