Im Rathaus Haidmühle
Nach 20 Jahren: Anton Kirchmairs erste Ausstellung daheim

03.05.2022 | Stand 20.09.2023, 22:31 Uhr

Beim Blick nach oben im Stiegenhaus des Rathauses Haidmühle sieht man ein fragiles Luftschiff des Künstlers Anton Kirchmair. −Fotos: Blachnik

Das Rathaus im Grenzort Haidmühle wurde vor rund 100 Jahren als Zollhaus errichtet. Damals bestand eine Bahnlinie zwischen Waldkirchen und Haidmühle, die eine durchgängige Bahnverbindung von Passau ins Böhmische ermöglichte, mit Anschlüssen nach Winterberg, Prachatitz und Krummau. In den 1930er Jahren wurde am Bahnhof Haidmühle Holz und Torf umgeschlagen. Viel Publikumsverkehr muss wohl im Haidmühler Zollhaus geherrscht haben, sonst hätte man es nicht so stattlich gebaut. Ein steiles Walmdach markiert das Gebäude im Stil der ausgehenden Gründerzeit.

Das Rathaus wurde frisch renoviert

Frisch renoviert präsentiert sich das heutige Rathaus samt Touristeninformation. Innen zeigen sich die Wände, die originalen Parkettböden, Geländer und Türstöcke in neuem Glanz. Das großzügige, lichte Stiegenhaus mit seiner breiten Holztreppe ist nun auch zum Kunstraum geworden. Auf Anregung von Bürgermeister Heinz Scheibenzuber hat Anton Kirchmair hier eine Ausstellung installiert.

Damit präsentiert sich der renommierte Künstler erstmals in der Gemeinde, in der er seit über 20 Jahren lebt. Zur Vernissage hielt ihm ein befreundeter Passauer die Laudatio, der seine Wurzeln in Haidmühle hat: Scharfrichterhaus-Mitbegründer Walter Landshuter.

Kirchmair versteht es mit viel Gefühl, seine Werke mit dem Ausstellungsraum korrespondieren zu lassen. Mit ausgewählten Grafiken und wenigen Leichtholzobjekten hat der 78-jährige Künstler das Stiegenhaus und die Flure im ersten Stockwerk bespielt. Zur Finissage wird er das Stiegenhaus übrigens auch mit musikalischer und tänzerischer Kunst bespielen lassen. Den Besucher der Ausstellung empfängt eine harmonische Atmosphäre, die aus materiellen Entsprechungen wie dem dezenten Schwarzweiß der grafischen Werke und dem Naturholz der Rahmen und Skulpturen entsteht. Gleichzeitig herrscht ein sich vornehm zurückhaltender, jedoch immenser Gegensatz zwischen dem gediegenem Haus und der Feinheit in Kirchmairs Kunst.

Pablo Picasso soll einmal gesagt haben: "Es gibt Maler, die die Sonne in einen gelben Fleck verwandeln. Es gibt aber andere, die dank ihrer Kunst und Intelligenz einen gelben Fleck in die Sonne verwandeln können." Zu diesen anderen gehört Anton Kirchmair.

Aus Papierteilen entstehen bewaldete Höhen

So lässt sich beispielsweise der Haidmühler Hausberg in der Ausstellung entdecken. Doch zeigt sich der Dreisessel nicht als Abbild ausladender bewaldeter Höhen oder wuchtiger Felstürme, sondern in kleinen bis winzigen, aus Kaltnadelradierungen gerissenen Papierteilen, deren Umrisse an Fels- oder Waldkulissen erinnern und deren geritzte Strukturen Gesteinsformationen asoziieren lassen. Mit ausgefuchsten Techniken und eigenwilligem Werkzeugeinsatz geht der Künstler auf Erkundungsreisen zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, das uns alle umgibt. In den Augen des Betrachters kann die Reise individuell weitergehen.

Gabriele Blachnik

•Bis 22. Mai im Rathaus Haidmühle, Dreisesselstraße 12; geöffnet Mo. 8-12 Uhr, Di. und Do. 8-17 Uhr und Fr. 8-15 Uhr

•Finissage am 22. Mai um 19 Uhr mit Ursula Geef (freier Tanz) und Evi Keglmaier (Geige)