Besonderer Tag für einen Schiedsrichter: Alexander Schuster (31, SV Hohenau) leitet am Freitag erstmals ein Fußballspiel in der Regionalliga. Die PNP hat mit dem Berufssoldaten und Referee der Gruppe Wolfstein über das Debüt und vieles mehr gesprochen.
Freitagabend, Würzburger Kickers gegen DJK Vilzing, amtierender Regionalliga-Meister gegen „Vize“ – und das Spiel wird geleitet von Schiedsrichter Alexander Schuster aus Hohenau. Wie klingt das?
Alexander Schuster: Eigentlich unglaublich. Nach der Bekanntgabe der Nominierung in den Perspektivkader der Regionalliga habe ich gehofft, irgendwann eine Partie mit vielen Zuschauern leiten zu dürfen. Dass es gleich beim Debüt klappt, damit habe ich nicht gerechnet. Besonderes freut mich, dass ich vor ziemlich genau elf Jahren im selben Station meinen ersten Assistenten-Einsatz in der 4. Liga hatte.
Du bist seit 2006 Schiedsrichter, über zehn Jahre lang als Assistent in der Regionalliga und seit 2019 pfeifst Du (wieder) Bayernliga – warum ist es trotzdem etwas Besonderes, heuer den Sprung in den Perspektivkader der Regionalliga geschafft zu haben?
Alex Schuster: Für die höchste bayerische Amateurspielklasse werden nur wenige Sportskameraden nominiert. Dahin zu kommen, ist aufgrund der Konkurrenz nahezu unmöglich. Man braucht als Schiedsrichter mehrere sehr gute Jahre, um überhaupt in Betracht gezogen zu werden. Dieses Glück hatte ich – auch wegen toller Unterstützung meiner Assistenten!
Gratulieren einem zu einem Erfolg wie diesem auch Spieler oder Trainer?
Alex Schuster: Natürlich – der ein oder andere spricht einen schon darauf an. Das freut einen ungemein, da es eine Art Wertschätzung ist.
„Es braucht mehrere gelungene Saisons“
Perspektivkader – was heißt das eigentlich?
Alex Schuster: Wie bereits gesagt, benötigt man mehrere gelungene Saisons. Das Gremium des Verbandsschiedsrichterausschusses entscheidet gegen Ende des jeweiligen Spieljahres, wer sich für diesen Kader angeboten hat. Dieses Jahr waren es Leo Burghartswieser von der Gruppe Bayerwald und ich – als erster Vertreter der Gruppe Wolfstein überhaupt. Jeder bekommt drei Einsätze, um sich zeigen zu können. Leo wünsche ich auf diesem Weg viel Erfolg bei seinem Einstand zeitgleich bei Viktoria Aschaffenburg gegen FC Augsburg II.
Welche Rituale oder Routinen hast Du an Spieltagen?
Alex Schuster: Die Vorbereitung beginnt Tage vor dem Anpfiff. Auf Verbandsebene gibt es ein DFB-Tool zur Freigabe der Spielkleidung. Außerdem nimmt man mit dem Schiedsrichter-Coach Kontakt auf und bespricht erste Details. Auch über die Mannschaften informiert man sich auf die verschiedensten Wege. Am Tag vor dem Spiel wird die Tasche gepackt. Mir persönlich ist viel Schlaf und viel Wasser trinken wichtig. Am Spieltag selbst achte ich auf ein gutes Frühstück und auf eine sehr zeitige Anreise. Mindestens 90 Minuten vor dem Anpfiff betrete ich die Sportanlage.
„Mit Headset hört man teilweise die Spieler gar nicht“
In den letzten Heimspielen der Kickers waren immer mindestens 1700 Zuschauer – spielt es für einen Schiedsrichter eine Rolle, ob da 50 oder mehrere tausend Zuschauer um das Spielfeld sitzen bzw. stehen?
Alex Schuster: Nicht wirklich. Mit dem Anpfiff ist man in seinem Tunnel und beschäftigt sich nur mit der Spielleitung. Seit der Einführung der Headsets im Team ist man noch fokussierter als zuvor. Teilweise hört man Spieler, die einen ansprechen gar nicht. Aber schön ist es trotzdem, wenn das Stadion gut gefüllt ist.
Wenn die Emotionen einmal hochkochen und es lauter wird im Stadion – wie bleibst Du in hitzigen Szenen ruhig?
Alex Schuster: Gute Frage. Ich versuche es einfach. Zumindest versuche ich, die nötige Gelassenheit „vorzutäuschen“. Ein ehemaliger klasse Schiedsrichter hat mir mal einen Tipp gegeben: Je hektischer das Spiel wird, desto ruhiger muss der SR werden. Damit fahre seither sehr gut. In Zeiten des Headsets werden nahezu alle Entscheidungen durch das gesamte Team in Bruchteilen getroffen. Sehr viel wird durch die Kommunikation der Assistenten mitentschieden. In stressigen Momenten ist die Unterstützung von außen mit anderen Blickwinkeln Gold wert.
Was war die heikelste Szene Deiner Karriere als Schiedsrichter?
Alex Schuster: Da kann ich keine bestimmte Szene oder bestimmtes Spiel nennen. Lange beschäftigt hat mich 2016 mein Abstieg aus der Bayernliga und der Junioren-Bundesliga. Aber jede Niederlage hat Positives für die Zukunft. Auf diesen Erfahrungen sollte man immer aufbauen.
Die sogenannte Kapitänsregel wird zwei Monate praktiziert. Hat sich das Verhalten der Spieler und Trainer schon geändert und die Einführung positive Effekte?
Alex Schuster: Grundsätzlich finde ich den Kapitänsdialog sehr gut. Ich bin jedoch kein Schiedsrichter, der darauf pocht und nur noch vom Spielführer angesprochen werden darf. Die Art und Weise ist ausschlaggebend. Wenn ich von einem Spieler in akzeptablem Ton gefragt werde, warum ich so entschieden habe, werde ich es immer erläutern. Wenn er jedoch aus 20 Metern angelaufen kommt, gestikuliert und rumschreit, geht das nicht – auch nicht als Kapitän.
Traum von internationalen Freundschaftsspielen
In erster Linie leitest Du Partien in der Bayernliga. Es kommt aber genauso vor, dass Du mal in der Kreisliga oder Bezirksliga eingesetzt wirst. Wie unterscheiden sich Partien unterschiedlicher Ligen für Unparteiische?
Alex Schuster: Es wird immer Fußball gespielt. Egal auf welchem Niveau. Natürlich wird im Kreis mehr mit langen Bällen gearbeitet und auf Verbandsebene mehr gespielt. Darauf kann man sich von Spiel zu Spiel einstellen. Spaß macht mir die Spielleitung im Gespann in jeder Liga.
Welche Ziele verfolgst Du für die weitere Karriere?
Alex Schuster: Am Freitagabend will ich nach dem Abpfiff das Spielfeld geräuschlos verlassen und das Schiedsrichter-Team soll kein Thema sein. Damit wäre ich sehr zufrieden. Auf lange Sicht hoffe ich, dass ich mich mit meinen Leistungen für die Regionalliga anbieten kann und von weiteren Verletzungen verschont bleibe. Des Weiteren habe ich als Berufssoldat auch die Möglichkeit Spiele der Bundeswehr-Fußballnationalmannschaft zu leiten. Hier kommt es regelmäßig zu weltweiten Turnieren oder internationalen Freundschaftsspielen. Da irgendwann teilnehmen zu dürfen, würde mich sehr freuen.
Zu den Kommentaren