Die wunderschöne Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt zu Grafenau war der Austragungsort für ein „Abschiedskonzert“ des sich dem Ruhestand zuwendenden Trompeters Bernhard Kratzer bei den Festspielen Europäische Wochen Passau.
Nur, entweder geriet das Konzert an den falschen Kritiker, oder der Rezensent befand sich „im falschen Film“.
Natürlich gibt es kaum Originalliteratur für die Trompete/Orgel – aber es gibt sie. Dass das gesamte Konzert nur aus Adaptionen bestand, wobei die Intentionen vieler Komponisten völlig missachtet werden, verhinderte für viele Musikkenner einen Kunstgenuss.
Der international geschätzte Bernhard Kratzer und der hochbegabte Organist Paul Theis, die seit 1997 zusammen auftreten, spielten gleich zu Beginn ein wertvolles, von Kratzer arrangiertes Konzert von J. B. Neruda – im „vermischten Geschmack“ des 18. Jahrhunderts zu entdecken. Die virtuos-fantasievollen Kadenzen legten die technische und musikalische Beweglichkeit des Trompeters offen. Sehr gelungen ist auch Händels für Orgel solo arrangiertes Orgelkonzert F-Dur, in dem Paul Theis mit höchst geschmackvoller Registrierung und betörender Virtuosität das Wechselspiel vom „Kuckuck und der Nachtigall“ inszenierte. Die neue, seit 2021 erklingende 37 Register starke Orgel ermöglichte alle Schattierungen dieser Barockmusik.
Nach der Mozart-Arie „Dalla sua pace“ aus „Don Giovanni“, arrangiert für Corno da caccia, folgte „Variation für Amadé Opus posthum“ von Theophil Zamrot – ebenso ein Pseudonym wie der Name des Arrangeurs G. Stachelbeer für den umtriebigen Organisten Paul Theis. Das Mozart verhudelnde Stückwerk passt nicht zur „Königin der Instrumente“, sondern mehr auf eine bayrische Dult. Ebenso unsinnig: die Bearbeitung von Ravels „Bolero“, die mit den im Arrangement nicht atmenden Streicherfiguren wirklich nicht zur Orgel passt.
Hans-Udo Kreuels
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