St. Oswald
Ex-Weltmeisterin macht große Sprünge

10.02.2021 | Stand 19.09.2023, 21:46 Uhr

Der Tag geht zu Ende. Der Wald ist tief verschneit. Ein Super-Hintergrund für einen Abendsprung im Gegenlicht.

Sie springt auf dem Rachel. Sie springt in das Abendrot. Sie springt in den Oswalder Badesee. Im Oktober, wenn der saukalt ist. Und vor kurzem ist sie vor der Redaktion des Grafenauer Anzeiger gesprungen. Gerlinde Melch aus St. Oswald hat ein ungewöhnliches Hobby. Die ehemalige Kickbox-Weltmeisterin geht fototechnisch gerne in die Luft.

Es war 1997, als die heute 50-Jährige bei den Kickbox-Weltmeisterschaften in Danzig in der Klasse 65 kg + beim "Pointfighting" die Goldmedaille errang. Ihr größter Erfolg ist zwar weit mehr als 20 Jahre her, aber das Kickbox-Taekwondo-Feuer lodert noch immer in ihr.

Sport sei ihr Leben, so Gerlinde Melch gegenüber der Heimatzeitung. Und weil das sportliche Leben in ihrem Spiegelauer Verein derzeit nicht stattfinden könne, sei sie zum Ausgleich viel draußen unterwegs und unternehme Wanderungen mit ihren Eseln.

Und da ist der Angestellten des Nationalparks Bayerischer Wald eines Tages die Idee gekommen, ihre Sprünge zu filmen, die sie immer wieder mal bei den Spaziergängen aus Spaß an der Freud’ gemacht hatte. So kann sie auch andere an ihrer ungewöhnlichen Leidenschaft teilnehmen lassen.

Gesagt, getan! Sie montierte ihr Handy auf ein kleines Stativ, drückte den Film-Aufnahme-Knopf und hob danach in die Luft ab. Daheim schaute sie sich die Videosequenz an, fotografierte die beste Einstellung ab und stellte das Ergebnis auf ihren Instagram-Kanal. Und ihre Follower sind von den Ergebnissen dieser Idee, die aus einer Laune entstanden ist, begeistert.

Mittlerweile sind auf Melchs Account zig Flugfotos zu sehen. Und mit der Zeit wurde die Springerin auch immer besser, was die Motivwahl, die Wahl des Hintergrundes und des Kamerawinkels betrifft. Das Ganze habe sich schon ein wenig zu einer Art Sucht entwickelt, gibt sie unumwunden zu. Beim Spazierengehen, bei der Fahrt zur Arbeit oder vielen anderen Gelegenheiten sucht die Frau, die sozusagen immer auf dem Sprung ist, neue Motive für ihre Leidenschaft.

"Es schaut dramatischer aus als es ist", sagt Gerlinde Melch bescheiden. Durch den Kamerawinkel würde die Sprunghöhe oft größer als in Wirklichkeit rüberkommen. Auf der Nase oder dem Allerwertesten gelandet sei sie aber bei ihren Sprüngen noch nie.

Egal, wie man es sieht, es schaut spektakulär aus und das gefällt der Community. Und auch Passanten kommen neugierig herbei und nicken zustimmend, wenn sie zufällig Gerlinde Melch live sehen – und die ihnen dann erklärt, was hier abgeht. "Ich schau schon immer, dass möglichst wenig Publikum vor Ort ist, wenn ich filme, aber manchmal lässt sich das nicht vermeiden."

Einen Sprungwunsch hat die 50-Jährige noch, wie sie erzählt. Und zwar einen "Jump" im November in den Oswalder Badesee. Vom Wintersprung im Oktober 2020 gebe es eine Aufnahme. "Im November hat das nicht mehr geklappt, weil der See schon zugefroren war." Aber was letztes Jahr noch nicht war, kann heuer noch werden.

− an