Nur zufriedene Gesichter
Politiker begrüßen Einigung im Streit um Verwaltungsgericht

08.06.2021 | Stand 21.09.2023, 2:11 Uhr

Offen für künftige Planungen: Das bestehende Amtsgerichtsgebäude in Freyung ist ebenso bewährt und bekannt wie zentral. Es spielt bei künftigen Standortplanungen für das Verwaltungsgericht eine gewichtige Rolle. −Foto: Karl

CSU und Freie Wähler haben sich im Streit um ein eigenes Verwaltungsgericht doch für Niederbayern geeinigt. Wie ursprünglich von der CSU geplant, soll es in Freyung angesiedelt werden.

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger bestätigte gegenüber der PNP die Einigung, der er unter der Maßgabe zugestimmt habe, dass es weitere Behörden-Verlagerungen in den Bayerischen Wald gebe. Das von Aiwanger geführte Wirtschaftsministerium werde deshalb dem nun unterlegenen Standort, der Stadt Grafenau, durch die Schaffung einer Messtechnischen Sonderprüfstelle des zum Wirtschaftsministerium gehörenden Landesamtes für Maße und Gewichte entgegenkommen. Laut Aiwanger gehe es dabei um eine Investition von rund 20 Millionen Euro und zehn bis 15 Arbeitsplätze.

"Für den Landkreis Freyung-Grafenau ist es sehr erfreulich, dass zum einen das niederbayerische Verwaltungsgericht – wie ursprünglich angekündigt – in Freyung angesiedelt wird, und zudem Grafenau eine Einheit aus dem Landesamt für Maß und Gewicht erhält", freute sich am Dienstag unüberhörbar Sebastian Gruber, als nachmittags die freudige Mitteilung im Landratsamt eintraf.

Keine öffentliche Auseinandersetzung in den vergangenen Wochen

"Hilfreich, aber auch notwendig" sei gewesen, dass es dazu in den vergangenen Wochen keine öffentliche Auseinandersetzung mehr gab, so der FRG-Landrat mit Blick auf das ein oder andere verbale Geplänkel unter Regionalpolitikern unlängst, als der Einsatz um Behördenverlagerungen wegen parteipolitischer Attacken bereits verloren schien. "Zwischenzeitlich haben sowohl die politischen Vertreter aus Freyung-Grafenau als auch die Verantwortlichen in München lautlos, aber wirkungsvoll gute Arbeit geleistet", bilanzierte Gruber.

Das Ergebnis sei "sehr gut, der Weg dorthin war steinig". In dem Zusammenhang war es für Gruber auch erfreulich, dass Staatsminister Hubert Aiwanger seiner Verantwortung für ganz Niederbayern nachgekommen ist und mit einer Messtechnischen Sonderprüfstelle des Landesamts für Maß und Gewicht einen eigenen Vorschlag aus seinem Ministerium für Grafenau gemacht habe.

Seit Januar 2020 machte der Freistaat Bayern somit drei verbindliche Zusagen für neue staatliche Einrichtungen im Landkreis Freyung-Grafenau, erinnert und freut sich zugleich der Landrat: Verwaltungsgericht nach Freyung, Messtechnische Sonderprüfstelle nach Grafenau und Kompetenzstelle für Digitalisierung im Tourismus nach Waldkirchen. "Das sind sehr gute Botschaften für unsere Region. Jede Einrichtung ist ein Gewinn für unseren Landkreis, bringt Arbeitsplätze, Kaufkraft und leistet einen Beitrag zur Stärkung des ländlichen Raums", so Gruber. Für den Landkreis dankte er den beiden Regierungsparteien und im Besonderen Ministerpräsident Markus Söder, der beim Verwaltungsgericht Freyung "Wort gehalten und den Weg für eine zusätzliche Behörde in Grafenau ermöglicht hat".

Begeisterung bei Freyungs Bürgermeister

Mit Begeisterung hat der Freyunger Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich auf die Mitteilung reagiert, dass das Verwaltungsgericht für Niederbayern nun doch in der Kreisstadt Freyung umgesetzt wird. "Für mich war immer klar: Wenn ein Bayerischer Ministerpräsident eine Zusage trifft, kann man sich darauf verlassen. Dies hat sich nun eindrucksvoll bewahrheitet. Ich danke Markus Söder für seine Durchsetzungsfähigkeit und Unterstützung unserer Stadt", so Heinrich.

Dass alle Verwaltungsstreitsachen in Niederbayern zukünftig in Freyung verhandelt werden, "adelt Freyung in besonderer Weise". Und dass offenbar auch Grafenau mit 10 bis 15 zusätzlichen Stellen und einer große Investition bedacht wird, freut Heinrich sehr: "Meine Gratulation an die Nachbarstadt! Jede Behördenverlagerung in unserem Landkreis ist ein Gewinn. Es freut mich, dass die Bärenstadt gedacht wird."

Hocherfreut und überglücklich sei er, sagte Grafenaus Bürgermeister Alexander Mayer, als er von der PNP über die Einigung zwischen CSU und Freie Wähler im Streit um den Sitz des Verwaltungsgerichts erfahren hat. Dadurch würden neue Arbeitsplätze geschaffen und das innerstädtische Leben bereichert.

"Aufgabe der Blockadehaltung der Freien Wähler"

Wo die neue Außenstelle des Landesamt für Maße und Gewichte untergebracht wird, könne er noch nicht sagen. Er habe aber schon mehrere geeignete Lokalitäten in Aussicht.

"Die Entscheidung, dass ein Verwaltungsgericht für Niederbayern nun doch in Freyung angesiedelt wird und insbesondere die Aufgabe der Blockadehaltung der Freien Wähler diesbezüglich begrüße ich sehr", legte CSU-MdL Max Gibis noch mal dezent nach. Auch wenn die Blockade von Anfang an nicht hätte sein müssen, so freue es ihn nun aber, dass die jahrelange Forderung der CSU Niederbayern nach einem eigenen Verwaltungsgericht im Bezirk realisiert werden könne. "Ebenso begrüße ich, dass auch die Stadt Grafenau mit 10 bis 15 Stellen und einem Investitionsvolumen von rund 20 Millionen Euro für eine Messtechnische Sonderprüfstelle des Landesamtes für Maße und Gewicht bedacht wird."

Alexander Muthmann (FDP-MdL) empfindet bei aller Freude die Nachricht auch als "teures Politgeschacher mit erfreulichem Ergebnis für Freyung-Grafenau". Freilich dürfe sich der Landkreis über die angekündigten Verlagerungen freuen, die die FDP zusammen mit SPD und Grünen zuletzt noch einmal eingefordert haben. "Aber die Entscheidungen sind teuer erkauft, politisch und finanziell. Politisch wurde auf offener Bühne dokumentiert, dass Parteiinteresse über Sachpolitik geht. Finanziell wird deutlich, dass Geld keine Rolle spielt: 20 Millionen Euro für zehn bis 15 Arbeitsplätze eines Landesamtes – in der freien Wirtschaft undenkbar! Mit so viel Geld wäre regionalpolitisch bei einer ordentlichen Planung mehr Wirkung zu erzielen."

Eibls Hartnäckigkeit habe sich ausgezahlt

Mit dem Ziel, die ländliche Region als attraktiven Wirtschaftsraum zu stärken, habe sich MdL Manfred Eibl (Freie Wähler) laut eigener Aussage aktiv für die Verlagerung des Verwaltungsgerichts in den Landkreis eingesetzt. Aufgrund seiner – wie er selber sagt – "hartnäckigen Forderung, die Standortwahl des Bayerischen Verwaltungsgerichts einer intensiven Prüfung zu unterziehen", sei er zum "Sündenbock" dieser Verlagerungsdebatte geworden. Doch seine Hartnäckigkeit habe sich jetzt ausgezeichnet: "Es freut mich sehr, dass man nun meinem Wunsch nach einer sachlichen Prüfung der Verlagerung des Verwaltungsgerichtes nachgekommen ist. Dass die Entscheidung dieses Mal zum einen auf belastbaren Machbarkeitsanalysen basiert, welche Kosten und Wirkungen berücksichtigen, und zum anderen im Ergebnis gleich zwei Behörden für den Landkreis Freyung-Grafenau mit sich bringt, ist dabei umso gewinnbringender für unsere Region." In Zukunft verlange er grundsätzlich ein transparentes Vorgehen unter Beteiligung sämtlicher Betroffenen und unter Einbeziehung aller wesentlichen Faktoren.

"Als Waidler freue ich mich natürlich, dass hochqualifizierte Arbeitsplätze und Wertschöpfung in meine Heimat kommen. Und dass neben Freyung auch Grafenau eine kleine Behörde bekommt, ist zu begrüßen", sagte Grünen-MdL Toni Schuberl. Das Verfahren sei aber sehr zweifelhaft. "Die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land ist ein Verfassungsauftrag und muss mit der notwendigen professionellen Vorbereitung und Transparenz ohne Ansehen des Parteibuchs erfüllt werden. Behörden stattdessen in Gutsherrenmanier wie Almosen zu verteilen, um die wir uns dann vor Ort streiten sollen, ist unprofessionell. Die Behördenverlagerung in Bayern muss deshalb in Zukunft in einem transparenten Verfahren unter Beteiligung der Betroffenen beschlossen werden. Der am besten geeignete Standort ist anhand von nachvollziehbaren, klaren Kriterien auszuwählen." Jetzt müssen die Verlagerung sinnvoll umgesetzt und die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu gehöre laut Schuberl eine gute Anbindung des Verwaltungsgerichts an den ÖPNV. Der Regelverkehr der Ilztalbahn sei hier ein wichtiger Baustein.

"Diese Entscheidung ist ein großer Gewinn für unsere Region. Endlich bekommt auch Niederbayern ein eigenständiges Verwaltungsgericht", sagte SPD-MdL Christian Flisek. "Bei aller Freude über das ,Happy end’ in diesem peinlichen Polit-Theater von CSU und Freien Wählern bleibt jedoch die Frage: Warum nicht gleich so?"

Staatskanzleichef: Entscheidung sei Söder gutzuschreiben

Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) betonte, die Entscheidung für Freyung sei Ministerpräsident Markus Söder gutzuschreiben: "Dem persönlichen Einsatz des Ministerpräsidenten ist es zu verdanken, dass Niederbayern nun doch ein Verwaltungsgericht in Freyung bekommt", sagte er der PNP. "Nachdem die Freien Wähler aus unerklärlichen Gründen die historische Neugründung eines Verwaltungsgerichts für Niederbayern per Fraktionsbeschluss abgelehnt hatten, hat Söder alle Beteiligten noch einmal an den Tisch geholt. Das Ergebnis für Niederbayern kann sich sehen lassen", so Herrmann.

Auch der CSU-Bezirksvorsitzende und Bundesminister Andreas Scheuer meldete sich zu Wort: "Geht doch, Freie Wähler! Es ist gut für Niederbayern, dass sich unser Ministerpräsident Markus Söder trotz des parteipolitisch motivierten Taktierens des Koalitionspartners nicht davon hat abbringen lassen, in Niederbayern ein eigenes Verwaltungsgericht anzusiedeln." Er begrüße, dass dies auch am ursprünglich geplanten Standort Freyung erfolge, der vom zuständigen Fachministerium entsprechend geprüft worden sei. "Die Entscheidung ist auch das Ergebnis des konsequenten und geschlossenen Eintretens der CSU in Niederbayern für ein eigenes Verwaltungsgericht. Nun muss mit der Umsetzung auch schnell begonnen werden."