Freyung-Grafenau
Kreistag lehnt mobile Luftfilter für Klassenräume ab

27.07.2021 | Stand 20.09.2023, 5:52 Uhr

Im Mittelpunkt vieler aktueller Diskussionen: Ein mobiles Luftreinigungsgerät steht in einem Klassenraum an der Grundschule Neubiberg. −Symbolfoto: dpa

Einstimmig hat sich der Kreistag dagegen ausgesprochen, eine "generelle Ausstattung" aller Unterrichts- und Klassenräume, für die der Landkreis Freyung-Grafenau Sachaufwandsträger ist, mit mobilen Luftreinigungsgeräten vorzunehmen.

Dies vor allem aus dem Grund, weil der Effekt der vom Freistaat mit bis zu 50 Prozent bezuschussten Geräte wissenschaftlich nicht eindeutig belegbar ist. Und zudem auch, weil in besagten Räumen auch weiterhin unterstützende herkömmliche Lüftungen durch Fenster-Öffnen vorgenommen werden müssen. Zudem sind die Unterhalts- und Wartungskosten mit veranschlagten bis zu 350.000 Euro jährlich für die möglichen 375 mobilen Geräte in den Räumen von neun Schulen immens. Vielmehr hat der Kreistag die Verwaltung nun beauftragt, den Einbau festverbauter sogenannter stationärer Luftreinigungsanlagen zu prüfen – die als zweckdienlicher gelten.

Auch die regionalen Bürgermeister hatten sich erst dieser Tage gegen eine Ausstattung ihrer Klassen- und Kita-Räume mit den mobilen Geräten ausgesprochen. "Absolut plausibel", sagte Landrat Sebastian Gruber am Montag eingangs der Debatte mit Blick auf die Entscheidung der FRG-Rathaus-Chefs.

Hintergrund: Um in Zeiten von Corona soweit als möglich im kommenden Schuljahr Präsenzunterricht anbieten zu können, wurden sowohl vom Freistaat Bayern als auch vom Bund entsprechende Förderprogramme zur Anschaffung von Lüftungsanlagen aufgelegt. Der Freistaat setzt dabei auf die Aufstellung mobiler Lüftungsgeräte, wogegen der Bund den Einbau stationärer sogenannter raumlufttechnischer Anlagen (RLT-Anlagen) fördert.

Von Seiten des Landkreises wurden in einer ersten Förderschiene mit 100-prozentiger Bezuschussung im Herbst vergangenen Jahres bereits 49 mobile Geräte erworben. Auch in etlichen Klassen- und Unterrichtsräumen in Landkreis-Gemeinden stehen angeschaffte Luftreinigungsgeräte. In einem neuen Förderprogramm vom 14. Juli wurden nun die Richtlinien aber dahingehend verändert, dass die Anschaffung teurer wird und der Freistaat die Aufstellung mobiler Geräte nurmehr mit 50 Prozent (maximal 1750 Euro pro Gerät) bezuschusst. Betrieb und Wartung werden nicht gefördert.

In den neun Schulen des Landkreises könnten somit dem Grunde nach weitere 375 Räume mit mobilen Lüftungsgeräten ausgestattet werden. Hierfür wären vom Landkreis einmalig mindestens 600.000 Euro Anschaffungskosten und jährlich 350.000 Euro Unterhaltskosten aufzubringen – gerade letztgenannte dauerhafte Ausgaben stießen den Kreisräten in der Sitzung auf.

Hinzu kommen aber weitere Unwägbarkeiten in Sachen Lieferung und vor allem Bedenken wegen der Effektivität der Geräte. Da Gerätanschaffungen in der Größenordnung, wie sie der Landkreis vornehmen könnte, EU-weit auszuschreiben sind, aber derzeit bereits Lieferengpässe bestehen, muss davon ausgegangen werden, dass eine Inbetriebnahme erworbener RLT-Anlagen wohl erst im Jahr 2022 erfolgen könnten.

Weitaus größere Gegenargumente, die in der Sitzung angesprochen wurden, liefern aber Erfahrungswerte mit den mobilen Geräten: Zum einen beeinträchtigen die Lärmemissionen der Geräte nach Ansicht Betroffener die Unterrichtsqualität beträchtlich. Zum anderen – und weitaus wichtiger – bestehen hinsichtlich der Effizienz seitens der Wissenschaft erhebliche Zweifel.

Weitaus positiver sei, so der Tenor in der Sitzung, die Installation stationärer Anlagen, die aufgrund der Wärmeumwandlung mit Frischluftzufuhr auch effektiver arbeiten. Von Seiten des Bundes wird ein Neueinbau mit bis zu 80 Prozent bezuschusst (maximal 500.000 Euro pro Schule).

Mit dieser Variante konnte sich das Gremium anfreunden. Martin Behringer (FW) appellierte ebenso wie Gerhard Poschinger ((JWU) vor allem aus Nachhaltigkeitsgründen ("Wärmerückgewinnung") ebenso für diese Variante wie Grünen-Kreisrat Toni Schuberl, der den stationären Geräten einen "bleibenden Wert" attestierte. Franz Brunner (CWG-FW) sprach als ehemaliger Pädagoge mit eigener Erfahrung von Sinnhaftigkeit mobiler Geräte: "Die bringen uns nix. Wir sollten lieber dicke Bretter bohren und den Weg der stationären Anlagen gehen." "Sicher die bessere Perspektive" meinte auch Alexander Muthmann (FDP). Max Gibis (CSU) sah den Vorteil festeingebauten Geräten auch darin, dass diese in hoffentlich bald kommenden Nach-Corona-Zeiten wertvolle Dienste erweisen, wenn es alljährlich im Winter um die Vermeidung von Grippe-Infektionen geht.

Einstimmig hat das Gremium beschlossen, dass die Verwaltung in Zusammenarbeit mit Fachplanern die Möglichkeiten des Einbaus stationärer Anlagen in Schulen des Landkreises ermitteln soll. Dabei sollen vor allem die Auswirkungen auf den Gesundheits- und Infektionsschutz, die Fördermöglichkeiten und der finanzielle Aufwand berücksichtigt werden.

Und genau so einig wie über das weitere Vorgehen war man sich in der obersten Priorität, die der Landrat und der frühere Lehrer Sebastian Gruber eingangs einwarf. "Wir wollen und wir brauchen wieder einen dauerhaften Präsenzunterricht unserer Kinder – das steht über allem. Und wir wollen unseren Beitrag leisten, dass unter gesundheitsspezifischen Aspekten der Schulbetrieb auch möglich ist."