Bischofsreut/Philippsreut
Eine Tragödie in eiskalter Winternacht

Vor 40 Jahren starben drei junge US-Soldaten – Gedenkstein erinnert an sie – Heute Todestag

05.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:57 Uhr

Das ist der Gedenkstein für die drei hier verstorbenen amerikanischen Soldaten, um dessen Erhalt sich (von rechts) Michael Lütje, Gerhard Praxl und Norbert Eder mit ihren Vereinen kümmern.

Michael P. Baldwin – Dennis L. McKoy – Shaun E. Hicks. Diese drei Namen stehen auf einem großen Granitfindling, einem Stein, der zwischen Schwarzenthal und Philippsreut an der Staatsstraße steht. Er erinnert an eine Tragödie in einer eiskalten Winternacht.

Zugewachelt, eingeschneit im Winter, schnell zu übersehen. Gepflegt, herausgeputzt und mit einer brennenden Kerze davor in den Sommermonaten. Er ist eine Erinnerung an drei junge Menschen, die wohl niemand kennt hier im Bayerwald, Männer, die aber in den USA, bei ihren Familien eine Lücke hinterlassen haben. Baldwin, McKoy und Hicks sind US-Soldaten, die hier an dieser Stelle einen tragischen Tod gestorben sind. Vor genau 40 Jahren.
Vor ein paar Tagen hat man ihn wieder gesehen, den Praxl Gerhard, seines Zeichens Freyung-Grafenaus Kreisvorsitzender des BKV, der Bayerischen Kameraden- und Soldatenvereinigung und wohnhaft in der Gemeinde Haidmühle. Mit einem Besen und einer Schaufel ist er am Gedenkstein gewesen, hat ihn freigemacht, gesäubert, hergerichtet. Denn heute vor vier Jahrzehnten hat sich die Tragödie ereignet.

Bei Patrouillenpauseim Jeep erstickt

Was taten die jungen Männer aus Jacksonville/Florida, aus Pittsfield/Massachusetts und aus Suffolk/Virginia hier in Deutschland, im Unteren Bayerischen Wald? Es war die Zeit des Eisernen Vorhanges. Zu den Aufgaben der drei nahe Regen stationierten Soldaten zählte es damals, die deutsch-tschechoslowakische Grenze zu überwachen.

Anfang Februar war das Trio, alle noch nicht einmal 20 Jahre alt, zu den Fahrten entlang dieses Abschnittes eingeteilt gewesen. Rund 70 Kilometer waren es allein vom Stützpunkt March bei Regen Richtung Bischofsreut und vor ihnen lag die Nacht vom 3. zum 4. Februar. Hoch lag der Schnee, einsam war’s und bitterkalt.
Nach mehreren Stunden Streifenfahrt war es an der Zeit, auch mal Halt zu machen. Kurz hinter Schwarzenthal wurde rechts rangefahren, geparkt und man wollte für einige Zeit eine Pause einlegen. Und da begingen sie einen verhängnisvollen Fehler. Sie schalteten die Heizung ein, ließen den Motor laufen und stülpten auch noch eine Zeltplane über das Gefährt. Die umschloss den Jeep wie eine Hülle bis zum Boden. Vorsichtshalber hatten sie, wie danach festgestellt werden konnte, ein Loch in die Plane geschnitten und den Auspuff hindurchgesteckt. Doch das wurde zur Todesfalle.
Denn als die US-Boys müde in der wohligen Wärme einschliefen, bekamen sie nicht mit, dass durch den böigen Wind die Plane wohl den Auspuff überlappte und von außen von Schnee bedeckt wurde. Die Abgase konnten nicht mehr entweichen.
Nichts hörte man mehr von den Dreien. Um 2.24 Uhr hatten sie ihren letzten Funkspruch in Richtung Camp May abgesetzt. Dann Totenstille. Im wahrsten Sinn des Wortes.

Mit der Wärme kam der Tod ins Fahrzeug

Dass sie nicht mehr zu erreichen waren, machte die Nachtschicht im Lager in March nervös und die US-Streitkräfte schickten ein Suchfahrzeug los. Dessen Besatzung fuhr die Patrouillenstrecke ab und schließlich in aller Früh entdeckte sie den halb eingeschneiten Jeep. Sogar der Motor soll noch gelaufen sein. Mit der Wärme war der Tod ins Fahrzeug gekrochen. Es war so warm im Innern, dass – wohl im Halbschlaf – einer der drei sogar seine Schuhe ausgezogen hatte.
Die Abgase hatten die Insassen vergiftet. Zwei der Soldaten waren über Nacht gestorben, einer gab noch schwache Lebenszeichen von sich, als sie entdeckt wurden. Doch alle verzweifelten Wiederbelebungsversuche des Notarztes waren vergebens und der Mann starb wenig später im Freyunger Krankenhaus.

Diese Tragödie hatte die Menschen im Bayerwald erschüttert. So auch Erich Riedl und Manfred Gansmeier vom Zoll, die zufällig am Ort des Geschehens vorbeigekommen waren und bei der Bergung halfen. Der damalige Philippsreuter Bürgermeister Otto Damasko war vor Ort, sprachlos ob des Geschehens.

Das war 1983. Ein Jahr später haben die US-amerikanischen Streitkräfte besagten Gedenkstein an der Unglücksstelle errichten lassen, was auch das damalige Philippsreuter Gemeindeoberhaupt Otto Damasko vorangetrieben und unterstützt hatte.

Der mit den Jahren verwitterte Stein wurde dank des BKV saniert. Gerhard Praxl als Kreisvorsitzender und Norbert Eder als Kreisreservistensprecher sind die treibenden Kräfte. 2010 erfolgte die Renovierung und die Weihe, bei der der damalige Pfarrer Kaiser den Stein als „Mahnmal zwischen Vergangenheit und Zukunft“ bezeichnete. Auch die Namen und die Inschrift sind von Steinmetz Günther Allesch aus Mauth erneuert worden.
Als dann wenige Wochen nach der Wiedereinweihung Unbekannte das Denkmal mit schwarzer Farbe übergossen haben, rückte man mit Schrubber und Bürste an, um das Schwarz wieder wegzuputzen, was auch gelang. „Aber die Reste der Schandtat sind noch heute zu erkennen“, ärgert sich Gerhard Praxl.
Er und Eder schauen immer wieder mal nach. Auch Vorsitzender Michael Lütje und seine Leute vom SKV Philippsreut kümmern sich. Und wenn Richard Wagner, der einstige Vorsitzende dieses Soldaten- und Kriegervereins, bei seinen Spaziergängen oder beim Schwammerlsuchen unterwegs ist, führt ihn der Weg immer auch zum stillen Gebet an jene Stelle, wo die US-Amerikaner starben.

Statt im Schnee eine Andacht im Grünen

Heute vor 40 Jahren sind sie frühmorgens gestorben. Eigentlich hätte man ihnen heute gedenken wollen, aber man ist auf das Frühjahr ausgewichen. Am Freitag, 9. Juni, will nun der Kreisverband des BKV diese Veranstaltung abhalten. Mit Pfarrer Yohan Injumala, Gästen aus der Garnisonsstadt Freyung, vom Bataillon, aus Politik und Kirche, vom Kreisverband, mit den umliegenden Soldaten- und Kriegervereinen Philippsreut, Bischofsreut und Haidmühle und allen, die für die Verstorbenen beten wollen. Und wenn möglich auch Vertretern der US-Streitkräfte. An jenem 9. Juni wäre dann Shaun Hicks aus Pittsfield 60 Jahre alt geworden.