Seit Anfang der 90er Jahre lebt ein heute 47-jähriger gebürtiger Kasache in Deutschland. Derzeit ist der Dingolfinger, der inzwischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, in der JVA Landshut untergebracht und muss sich vor dem Landauer Amtsgericht wegen unerlaubtem Handel mit Betäubungsmitteln, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und fahrlässiger Körperverletzung verantworten.
Beeindruckende kriminelle Laufbahn
Die ihm zu Last gelegten Sachverhalte räumte der Angeklagte über seinen Anwalt gleich zu Prozessbeginn in vollem Umfang ein. Wer nun aber von einem kurzen Prozess ausging, sah sich schnell eines Besseren belehrt. Denn der 47-Jährige hat keine Lust auf Maßregelvollzug. Er möchte wegen seiner Alkohol- und Drogensucht eine Unterbringung in einer Entzugseinrichtung. Und das obwohl ein Gutachten vorliegt, dass eine solche Maßnahme aufgrund mangelnder Motivation des Angeklagten negativ bescheidet. Zumal ist der Angeklagte in der Vergangenheit wiederholt an Entzugsmaßnahmen gescheitert.
Doch von Anfang an. Die aktuelle Anklage gegen den Dingolfinger beruht auf einer Durchsuchung seiner Wohnung Mitte Dezember vergangenen Jahres. Dabei wurden im Keller des Angeklagten 22,2 Gramm Amphetamin gefunden. Zuvor versuchte der Angeklagte, die Durchsuchung der Kellerräume zu verhindern, indem er auf die Beamten losging und sie beleidigte. Bei der Rangelei im Treppenhaus erlitten zwei Polizisten leichtere Verletzungen, beim Versuch den Dingolfinger zu fesseln.
Das ist der vorläufige Schlusspunkt einer inzwischen bemerkenswerten kriminellen Laufbahn. Richter Michael Piringer verlas im Lauf der Verhandlung die Eintragungen im Bundeszentralregister. Dort hat der Angeklagte seit 1994 eine beeindruckende Liste verschiedenster Straftaten angesammelt. Diese reichen von gefährlicher Körperverletzung, Urkundenfälschung, Betrug über Betäubungsmittelhandel, Falschaussage, Vergewaltigung, Diebstahl, Unfallflucht nach Trunkenheitsfahrt bis hin zu mehrfacher sexueller Nötigung und dem Verschaffen von falschen Ausweisen. Strafbefehle, Geldstrafen, Bewährungsstrafen, Haftstrafen – das alles hat den Angeklagten bislang nicht auf den Pfad der Tugend führen können.
Schuld daran sei Drogenmissbrauch und eine ausgeprägte Alkoholsucht, erklärte der Angeklagte im Verlauf der Verhandlung. Bisherige Versuche, clean zu werden, seien bislang gescheitert.
Entzugseinrichtung als einzige Chance
„Mein Mandant steht heute vor den Scherben der eigenen Existenz“, so Rechtsanwalt Dr. Thomas Krimmel. Er wolle deshalb jetzt reinen Tisch machen. Seine einzige Chance sehe der Angeklagte in der Unterbringung in einer Entzugseinrichtung. Und das genau erwies sich als Knackpunkt in der Verhandlung. Das eingangs erwähnte psychiatrische Gutachten des gerichtsärztlichen Dienstes vom Landgericht Landshut aus dem November 2024 steht einer Unterbringung ablehnend gegenüber. Da aber bei seinem Mandanten ein Bewusstseinswandel stattgefunden habe, wolle er den Verfasser des Gutachtens vor Gericht dazu befragen, ob dieses vor dem neuen Hintergrund noch Bestand habe. Eine reine Verlesung reiche ihm da nicht aus. Es gehe ihm nicht zuletzt um einen „fairen Prozess“ für seinen Mandanten, so der Rechtsanwalt.
Zwar gab Richter Michael Piringer zu bedenken, dass es letztlich beim Gericht liege, wie man ein Gutachten würdige und wie weit man einem solchen folgen werde, nach einer Verhandlungsunterbrechung und einem Rechtsgespräch sowie einem entsprechenden Beweisantrag der Verteidigung, ließ sich der Richter darauf ein, die Verhandlung am kommenden Dienstag fortzuführen und dazu den Gutachter zu laden. Schwedische Gardinen oder doch die Anordnung der Unterbringung – in einer Woche weiß man mehr.
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