„Rookie“ in der IDM-Superbike
„Pax“ Hobelsberger erweckt seinen Titelhunger wieder und plant 2024 den ganz großen Coup

28.09.2023 | Stand 28.09.2023, 14:48 Uhr |

Ballt die Linke zur Faust: Patrick Hobelsberger nach seinem Laufsieg in Hockenheim. − Fotos: GERT 56

Der geradeste Weg zum Ziel ist kurvig und wird von vielen Herausforderungen geprägt – das klingt in Bezug auf den Motorsport fast schon wie eine Binsenweisheit. Doch auch die Karriere des Rennsportler Patrick Hobelsberger aus Höcking bei Landau/Isar ist mitnichten ein Viertelmeile-Rennen.

Vielmehr war der Niederbayer nach seinem IDM-Supersport-Titel 2021 in der WM 2022 in eine Sackgasse geraten, die beinahe zu seinem Karriereende geführt hätte. Mit viel mentaler Arbeit und körperlichem Kampf hat „Pax“, wie der Mann mit der Nummer 521 genannt wird, aber noch die Haarnadel zurück auf den zweiten Karriereweg bekommen und jetzt eine herausragende Rookie-Saison auf dem Superbike hingelegt.

Die Supersport-Weltmeisterschaft war für Sie eine sportliche und mentale Sackgasse, viele Verletzungen warfen Sie immer wieder zurück. Wir haben Sie sich nach solch einem Jahr wie 2022 überhaupt wieder aufgerafft?
Patrick Hobelsberger: Das fällt mir nicht leicht zu beantworten. Man ist angefressen, hinterfragt sich selbst. Ich habe sogar kurzzeitig über ein vorzeitiges Karriereende nachgedacht. Schwierige Phasen im Leben geschehen aber auch zu bestimmten Zeitpunkten, um einem die Richtung zu weisen. Im Nachhinein bin ich froh um all das Pech, das ich 2022 hatte, sonst hätte ich aktuell sicher keine so geile Zeit auf dem Superbike. Eine Superbike-Saison zu fahren, hatte ohnehin schon länger auf meiner Karriere-Checkliste gestanden, das hat mich dann auch davon abgehalten, alles hinzuwerfen.

Am Ende dieses Prozesses stand die Entscheidung für den Umstieg. Worin bestehen für den Fahrer die größten Unterschiede zwischen Supersport und Superbike?
Patrick Hobelsberger: Der größte Unterschied besteht im Gewicht, das man um die Strecke bewegt. Darüber hinaus sprechen wir von etwa 80 PS mehr Leistung, deutlich mehr Drehmoment und einer komplexeren Elektronik.

Wie haben Sie entsprechend auch Ihr Training auf die neuen Herausforderungen angepasst?
Patrick Hobelsberger: Wie sich die neuen Herausforderungen auf meinen Körper auswirken, musste ich erst mal herausfinden. Durch den höheren Top-Speed steigt auf dem Superbike vor allem die Belastung auf der Bremse, die man mit der eigenen Stabilität im Rumpf ausgleichen muss. Die Trainingssteuerung habe ich angepasst und optimiert, mich hierfür auch wieder häufiger auf das Motocross-Bike gesetzt. Was nicht mehr so enorm beachtet werden muss, ist das eigene Gewicht, zwei Kilogramm mehr an Muskelmasse wirken sich kaum auf die Performance aus.

Die IDM ist begrenzt auf wenige Monate im Jahr, Ende September wurde die Saison bereits wieder beschlossen. Wie verbringen Sie die weitere Zeit bis zur kommenden Saison. Sind Sie bei einigen Gaststarts mit von der Partie?
Patrick Hobelsberger: Absolut richtig, die IDM-Saison ist bereits zu Ende gegangen. Nichtsdestotrotz bin ich aktuell und auch weiter viel als Instruktor für BMW auf den deutschen Rennstrecken unterwegs. Darüber hinaus nehme ich im Oktober zusammen mit GERT56 und meinen gewohnten Kollegen aus der IDM bei der Deutschen Langstreckenmeisterschaft in Oschersleben teil. Danach ist wieder viel Motocross-Training angesagt, für Urlaub fühle ich mit meinen 27 Jahren noch etwas zu jung. (lacht) Mitte Dezember geht es dann wieder aufs Superbike mit der Vorbereitung auf 2024 und weiteren Instruktionen für meine Riding-School.

Sportlich verlief die Saison 2023 aus der Beobachterposition deutlich besser als erwartet: Als Rookie auf dem Superbike waren Sie stets konkurrenzfähig, konnten einige Podiumsplätze, in Hockenheim noch einen Sieg und am Ende Rang drei in der Meisterschaft einfahren. Hatten Sie sich zu Beginn der Saison selbst so stark eingeschätzt oder haben Sie sich selbst auch überrascht?
Patrick Hobelsberger: Tatsächlich habe ich mit meinen Leistungen alle überrascht – auch mich selbst. Allerdings stecke ich mir stets hohe Ziele, um meine Motivation aufrecht zu erhalten und nicht in ein bestimmtes Fahrwasser zu geraten. Ich wollte zum Beispiel unbedingt ein Rennen gewinnen, was anfangs der Saison noch von vielen als unrealistisch abgetan wurde. Die Saison 2023 war also ein voller Erfolg und es ist schön zu wissen, dass wenn man sich das ganze Jahr den Arsch aufreißt am Ende auch belohnt wird.

Ein derartiger Turnaround Ihrer Karriere fußt aber sicherlich auch auf einem hervorragenden Team und Teamkollegen, mit denen man stets gut zusammenarbeiten kann. Was war/ist das besondere an der Teamkonstellation, die Sie in dieser Saison erfahren durften?
Patrick Hobelsberger: Das Team hat einen enormen Beitrag zu diesem Erfolg geleistet. Ich bin als Fahrer sehr abhängig von einem funktionierenden Umfeld, ich muss den Fokus voll auf meine eigenen Leistungen legen können. Das war zu jedem Zeitpunkt in dieser Saison der Fall, was ich in meiner Karriere bislang so noch nie erlebt habe. Auch meine Teamkollegen bei GERT56, Toni Finsterbusch und Jan-Ole Jähnig, würde ich nicht eintauschen wollen. Wir haben uns bei Misserfolgen stets gepusht und motiviert, um wieder unsere Bestleistungen abrufen zu können. Unser Teamchef Karsten Wolf arbeitet auf einer hochprofessionellen Basis und hat uns alle drei auf unserem persönlichen Weg optimal gefördert. Mein Team hat uns im Verlauf eines Jahres wirklich zu besseren Fahren gemacht.

Ausblick: Mit dem dritten Meisterschaftsrang steigen für die kommende Saison die Erwartungen. Schielen Sie 2024 auf den IDM-Titel oder haben Sie ganz andere Ziele im Blickfeld?
Patrick Hobelsberger: Ich werde der IDM-Superbike erhalten bleiben und das Ziel wird 2024 definitiv der Meistertitel sein. Entsprechend werde ich auch versuchen, meinen Trainingsplan weiter zu optimieren und besser zu strukturieren – das zusammen mit meinem langjährigen Trainingspartner Philipp Öttl (Teilnehmer Superbike-WM, Anm. d. Red.).

Wäre auch die Weltmeisterschaft auf dem Superbike perspektivisch denkbar oder haben Sie diese Reise für sich abgehakt? Wenn ja, welche weiteren Rennserien würden Sie denn noch reizen?
Patrick Hobelsberger: Die Superbike-WM bleibt definitiv interessant. Was mich aber ebenfalls noch reizen würde, wäre für BMW als Stammfahrer an der Langstrecken-WM teilzunehmen.

Zum Abschluss ein kurzer Exkurs: Wie bewerten Sie das Zuschauerinteresse und die allgemeine Professionalität an/in Rennserien wie der IDM? In der Öffentlichkeit dominieren schließlich MotoGP und Formel 1 das Interesse, da haben es selbst hochklassige Serien wie die DTM oder die WSBK zunehmend schwer. Hat sich im Vergleich zu Ihrem Titelgewinn in der IDM-Supersport 2021 etwas verändert?
Patrick Hobelsberger: Ich kümmere mich ja noch ganz persönlich um meine Sponsoren: Was mich dabei überrascht hat, war der Fakt, dass das Interesse an einem Sponsoring in der IDM-Superbike sogar höher war als in der Supersport-Weltmeisterschaft. Das zeigt für mich die allgemeine Entwicklung, die die IDM in den vergangenen Jahren genommen hat: Die Leistungsdichte steigt unaufhörlich, Rundenrekorde werden pulverisiert und damit auch das Fan-Interesse. Sogar auf den außerdeutschen Strecken macht sich dieser Trend bemerkbar – in meiner Wahrnehmung hat die Rennserie im Vergleich zu 2021 einen riesigen Sprung hingelegt. Das liegt aber auch an der Zugänglichkeit der IDM: Man kann als Zuschauer zwischen den Tribünen wechseln, das Fahrerlager besichtigen und der Eintritt ist für jeden Fan erschwinglich.


Interview: Michael Seidl.

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