Dingolfinger im Interview
Lila Liebling aus Niederbayern: Michael Wimmer und sein Top-Start bei der Wiener Austria

30.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:15 Uhr

Drei wurden’s zwar nicht, aber zwei Tore reichten auch: In seinem ersten Wiener Derby feiert Chefcoach Michael Wimmer mit der Austria einen 2:0-Erfolg gegen Rapid. Die Meisterrunde soll jetzt auch in den Europacup führen. −Foto: Imago Images

Chefcoach Michael Wimmer (42) aus Dingolfing hat die Wiener Austria in die Erfolgsspur zurückgeführt. Ein Gespräch über Derby-Freuden, Wimmer-Fußball und warum er den Prater noch immer nicht gesehen hat.

Herr Wimmer, 2:0-Derby-Sieger über Rapid, Meisterrunden-Starter, Fanliebling: Ist gerade ein guter Zeitpunkt, mit dem Trainer der Wiener Austria zu sprechen...
Michael Wimmer (lacht): Naja, durch die Länderspielpause ist jetzt auf alle Fälle mal Zeit, kurz durchzuschnaufen und die Emotionen sacken zu lassen.

Jedenfalls steht die Austria jetzt deutlich besser da als Anfang Januar, als Sie das Traineramt angetreten haben. Damals war ja sogar von einem „Pulverfass“ die Rede, auf dem Sie Platz nehmen würden. Viele Fans trauerten ihrem Vorgänger Manfred Schmid nach. Wie fühlt sich das Trainer-Dasein bei der Austria denn jetzt, drei Monate später, an?
Wimmer: Also, ich glaube, diese Pulverfass-Beschreibung trifft auf jedes Traineramt in nationalen Top-Ligen zu. Als Trainer musst du Ergebnisse liefern, und wenn die nicht passen, dann wird’s halt schwierig. Als ich hier angefangen habe, war mir das bewusst. Ich hatte immer den Eindruck, dass mir die Austria-Fans eine faire Chance geben. Dass dann die Fans nach dem Derby-Sieg meinen Namen gerufen haben, tut natürlich gut.

„Wir wollen einen aktiven, mutigen, direkten Fußball spielen“



Die Fans haben ja auch allen Grund dazu. Unter Ihrer Regie gab’s in sechs Spielen vier Siege. Der Fußball, den das Team zeigt, überzeugt auch die Kritiker. Wie haben Sie die Wende geschafft?
Wimmer: Eine Wende war gar nicht notwendig. Bei der Austria wollte man einfach eine neue Spielidee. Dann hat sich der Verein entschieden, dass ich derjenige bin, der diese Idee umsetzen kann.

Die Idee von einem frechen Fußball, so wie in Ihrer Zeit beim VfB Stuttgart...
Wimmer: Wir wollen einen aktiven, mutigen, direkten Fußball spielen. Aber das ist ein Prozess. Und der ist mit dem Derby-Sieg natürlich nicht abgeschlossen. Da haben wir schon noch sehr viel zu arbeiten.

Es war nicht nur Ihr erstes Wiener Derby, es war auch ordentlich Druck auf dem Kessel: Die Austria hätte bei einer Niederlage ja noch aus der Meisterrunde fliegen können. Wie viel Erleichterung haben Sie mitgenommen in die Länderspielpause?

„Das sind die Spiele, wegen denen man den Job macht“



Wimmer: Es war schon eine enorme Anspannung da, keine Frage. Das Derby hat ja eine Riesen-Bedeutung für den Verein, für die Fans, für jeden Mitarbeiter. Dass diese Bedeutung dann auch noch verknüpft ist mit der Entscheidung über den Einzug in die Meisterrunde, hat dem Ganzen natürlich nochmal extra Brisanz verliehen. Aber das sind halt auch die Spiele, wegen denen man den Job macht. Deswegen war die Freude aufs Spiel genauso groß wie der Druck.

Mit Lukas Mühl und Christian Früchtl haben Sie zwei niederbayerische Landsleute als wichtige Spieler im Kader. Gibt’s da Gemeinsamkeiten über den Fußball-Alltag hinaus?
Wimmer: Ich habe zu beiden einen guten, professionellen Kontakt wie zu allen anderen Spielern. Es hat am Anfang natürlich schon geholfen, dass Spieler da waren, die ich kannte. Mit Lukas Mühl habe ich ja zusammengearbeitet...

...beim 1. FC Nürnberg...
Wimmer: Ja, und vom Dialekt her ist es ja so, dass man uns Niederbayern auch in Wien versteht (lacht). Nein, im Ernst: Ich freue mich, dass ich die beiden in der Mannschaft habe, weil sie wichtige Spieler sind. Aber man muss sagen, dass es mir die ganze Mannschaft von Anfang an leicht gemacht hat, mich akzeptiert zu fühlen. Mindestens genauso wichtig ist, dass sie hinter dem steht, wie wir Fußball spielen wollen.

Bei Lukas Mühl steht demnächst die Zukunftsentscheidung an. Dann gehen wir also davon aus, dass er bleibt?
Wimmer: Klar würde mich das freuen. Aber das ist eine Sache, die zwischen dem Sport-Vorstand Jürgen Werner und dem Spieler entschieden wird.

Wie gehen Sie mit der Austria in die nun anstehende Meisterrunde?
Wimmer: In der Meisterrunde können wir uns mit den Top-Mannschaften messen. Es wird interessant, von Woche zu Woche zu sehen, wie weit wir in unserem Spiel sind. Für uns sind diese Vergleiche eine große Herausforderung und zugleich eine Chance, uns weiterzuentwickeln. Natürlich, wenn man in der Meisterrunde ist, will man sich auch für den Europacup qualifizieren.

„Die Familie hat schon mehr von Wien gesehen als ich“



Wie beurteilen Sie denn den österreichischen Liga-Fußball im Vergleich zur deutschen Bundesliga?
Wimmer: Solche Vergleiche finde ich immer extrem schwer. Aber ich würde schon sagen, dass Mannschaften wie Salzburg oder Sturm Graz auch in der deutschen Bundesliga bestehen können. Insgesamt sehe ich den österreichischen Fußball auf einem sehr guten Niveau. Der Wolfsberger Sieg im Europapokal bei Borussia Mönchengladbach (November 2019, Anm. d. Red.) kam ja nicht von ungefähr. Der österreichische Fußball muss sich nicht klein machen.

Herr Wimmer, was machen Sie denn in Wien, wenn Sie nicht am Trainingsplatz stehen?
Wimmer (lacht): Wenn meine Frau mit den Kindern da ist, dann muss ich mich schon mal auslachen lassen. Die Familie hat schon mehr von Wien gesehen als ich. Prater, Stephansdom, da waren die schon überall. Meine Frau liebt die Stadt. Ich hoffe, dass ich in den Osterferien ein bisserl was von Wien sehen kann, wenn die Familie da ist.