Dingolfing-Landau
Ist die Stimmung gegenüber Flüchtlingen gekippt?

18.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:19 Uhr

Gerade in den letzten Wochen sind wieder zahlreiche Asylsuchende im Landkreis angekommen. Sie unterzubringen, wird immer schwieriger. −Foto: Stefan Puchner/dpa

Von Bernhard Nadler

Landrat Werner Bumeder wurde lange Zeit nicht müde, zu betonen, wie groß die Hilfsbereitschaft der Bürger sei, wenn es darum gehe, die Flüchtlinge aus der Ukraine und auch Asylsuchende aus anderen Ländern zu unterstützen. Inzwischen scheint die Stimmung sich verändert zu haben, wenn man die Aussagen in der Kreisbauausschusssitzung vom vergangenen Montag genau anhört.

„Wir sind an der Belastungsgrenze“, sagte der Landrat. Denn nicht nur Flüchtlinge aus der Ukraine kommen in den Landkreis, sondern auch vermehrt Asylsuchende. So wurde der Landkreis verpflichtet, am Dienstag wieder 50 Syrer aufzunehmen, die dafür sorgten, dass das Gebäude in Frontenhausen, das wie der frühere Königreichssaal in Landau extra dafür gekauft worden war, in Betrieb genommen wurde. 60 Plätze kann es bieten und die sind gleich voll belegt worden.

„Im Dezember war der Zuzug enorm und jetzt geht er unvermindert weiter“, berichtet der Landrat. „Wir haben noch kleine Restkapazitäten mit etwa 40 Plätzen“, rechnet er bald mit neuen Problemen, denn für Februar sind bereits wieder 50 Personen zugeteilt. „Wir wissen momentan noch nicht, wo wir die Leute unterbringen werden“, informiert Bumeder. „Wir haben eine Unterkunft, die wir befristet bis April anmieten konnten, mit 200 Plätzen. Die ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Da brauchen wir ab Mai eine Ersatzunterkunft, die auch noch nicht zur Verfügung steht.“

„Wir haben keine Alternative“

Daher sammelt man einerseits die Angebote und versuche andererseits eine Containerwohnanlage zu beschaffen. „Hoffentlich werden wir sie schnell genug bekommen“, so Bumeder in der Sitzung. Wenn alles nicht funktioniere, bliebe als nächste Möglichkeit, auf Landkreisgebäude zurückzugreifen und das bedeute, Schulturnhallen zu belegen. Er sei aber optimistisch, das verhindern zu können.

„Wir haben keine Alternative“, stellte er klar, denn man habe viele Immobilien angeschaut, Gewerbehallen, die man umnutzen könnte, aber: „Leider erleben wir vielerorts, dass die Bereitschaft nicht groß ist. Gerade, wenn das im Ansatz bekannt wird, wird der Druck aus der Bevölkerung auf die Eigentümer so groß, dass sie uns entsprechende Immobilien nicht mehr zur Verfügung stellen.“

Kreisrat Hans Peer nahm kein Blatt vor den Mund: „Das kann nicht die Lösung sein, wie soll das weitergehen?“ Bei der Antwort holte Bumeder weit aus. Die Vorgaben seien klar, man habe die Verpflichtung, Unterkünfte, die Erstversorgung und die medizinische Betreuung zur Verfügung zu stellen. Anerkannte Asylbewerber seien zu integrieren. Bei den Flüchtlingen setze man die Verpflichtungen um. „Wenn man mit den Leuten spricht, ist entgegen mancher Gerüchte die große Masse sehr dankbar, dass wir ihnen helfen und führen sich entsprechend auf. Natürlich sind ein paar andere auch dabei.“ Sehr viele hoffen, dass sie schnell wieder zurückgehen können. Andere sagen bereits jetzt, dass sie sich Dingolfing-Landau als neue Heimat vorstellen können.

„Wir tun, was wir machen können“, versicherte Werner Bumeder. Und dann erklärte er Richtung Peer, dass die Landräte sehr wohl diese Praxis anprangern. Bumeder: „Wir sind bereits mehrmals an die Bundesregierung herangetreten mit der Forderung, zumindest Anreize für den Zuzug zu verringern, damit die Zahl der Personen, die bei uns ankommt, weniger wird, weil wir das nicht mehr leisten können. Mehr können wir nicht machen.“

Deutliche Kritik an der Bundesregierung

Die Menschen seien an der Belastungsgrenze und vor allem auch seine Mitarbeiter im Landratsamt. Im Ausländeramt sei seit Monaten die Sieben-Tage-Woche selbstverständlich, sogar der Heiligabend war kein freier Tag. „Wir versuchen, das bestmöglich umzusetzen. Die Situation ist äußerst angespannt.“ Und dann drückte er sich auch nicht vor einer Antwort auf Peers Frage: „Wie das langfristig zu lösen ist, kann ich – ehrlich gesagt – noch nicht beantworten.“ Deshalb erklärte er deutlich, dass er nichts von einer Unterbringung in Turnhallen halte, denn das sei keine längerfristige Lösung. Aktuell seien im Landkreis 1100 Flüchtlinge aus der Ukraine, davon seien 800 über private Mietverhältnisse untergebracht. „Es ist nicht so, dass niemand was finden würde.“

Peer schüttelte den Kopf und legte nach: „Man kann nicht alles auf die Kommunen, auf die Landkreise abwälzen.“ Er bat den Landrat, mehr Einsatz bei Verhandlungen mit den Politikern in Berlin zu zeigen. „Man kann nachlesen, was da für Positionen von einer in der Regierung befindlichen Partei vertreten werden. Da erwarte ich mir, ehrlich gesagt, wenig Hilfe. Das sage ich auch so deutlich, wir werden nicht müde, darauf hinzuweisen, wie schwierig und angespannt die Situation ist, wir werden den Kontakt nicht abreißen lassen. Am allermeisten hoffen wir, dass der Krieg in der Ukraine irgendwann zu Ende geht und dass die Leute nicht mehr flüchten müssen, sondern daheim ihr Land wieder aufbauen können. Das liegt aber nicht in unserer Hand.“