Landau
Drogen für den sexuellen Kick?

55-Jähriger soll 250 Gramm „3-MMC“ in Spanien bestellt haben – Vor Gericht streitet er alles ab

01.12.2022 | Stand 18.09.2023, 22:43 Uhr

Ein 55-Jähriger wurde am Dienstag vor dem Amtsgericht Landau zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er soll die Droge „3-MMC“ im Ausland bestellt haben. −Foto: Holzmann

Zweieinhalb Jahre Haft – das war das Urteil, das am Dienstagnachmittag gegen einen 55-Jährigen aus dem Altlandkreis verhängt wurde. Das Schöffengericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte 250 Gramm einer Droge im Ausland bestellt hatte. Bis zum Schluss beteuerte er seine Unschuld, doch die Indizien sprachen allesamt gegen ihn.

Sichtlich nervös saß der 55-Jährige in Anzug und Krawatte auf der Anklagebank, die Hände verkrampft einen Rosenkranz haltend. Immer wieder schüttelte er bestimmt den Kopf, gab mehrfach zu Protokoll, mit der ganzen Sache nichts zu tun zu haben.

Die Anklage warf ihm vor, im Oktober 2020 von einer in Barcelona ansässigen Firma 252 Gramm der Designerdroge „3-MMC“ (3-Methylmethcathinon) bestellt zu haben. Das Paket sei in Trier bei der Post beschlagnahmt worden. Es war, wohl durch einen Fehler des Versenders, an zwei Empfänger adressiert, an den Angeklagten und einen weiteren, einschlägig bekannten Drogenabnehmer. Da gegen Letzteren eine Post-Beschlagnahmung lief, wurde das Paket geöffnet, darin befand sich das Betäubungsmittel.

So sei man auf den 55-Jährigen aufmerksam geworden, was zu einer Hausdurchsuchung führte. Dabei kam ein weiteres Päckchen zum Vorschein – leer, aber vom selben Absender aus Spanien. Zudem belasteten ihn seine Kontobewegungen schwer: Kurz vor der Trier-Lieferung hatte der 55-Jährige 1265 Euro auf ein polnisches Konto überwiesen. Die Bankverbindung konnte einer Person aus dem Drogenmilieu zugeordnet werden.

Das Geld sei als Spende für eine Uni gedacht gewesen

Dieses Geld entspreche den üblichen Preisen für „3-MMC“, wie der ermittelnde Beamte der Kripo Ingolstadt aussagte. Die Einlassung des Angeklagten brachte kein Licht in die Angelegenheit. „Ich war als Busfahrer oft in Polen und habe dort einen Professor kennengelernt, der mir als Reiseführer zur Seite stand. Er bat mich um eine Spende für die Uni Krakau. Deshalb habe ich das Geld überwiesen.“ Gleich mehrmals hatte er Geld an das polnische Konto geschickt, insgesamt über 6000 Euro. Spendenquittungen konnte er nicht vorlegen.

Die Hausdurchsuchung förderte noch weitere Verdachtsmomente zu Tage. Im Keller, im „Spielzimmer“ des Angeklagten, fanden die Polizisten eine Feinwaage, aufgezogene Spritzen mit einer unklaren Substanz, Strohhalme und ein Tablett mit kristallinen Anhaftungen und Fläschchen mit unbekanntem Inhalt. „Das passte alles zum Vorwurf“, so der Beamte.

Außerdem standen in einer Vitrine 43 „Poppers“, ein flüssiges Mittel zur sexuellen Luststeigerung. Die Dämpfe, die über die Nase aufgenommen werden, wirken stimulierend. Dies sei zwar legal, so der Polizist weiter, doch „3-MMC“ habe eine ähnliche Wirkung. Auch das habe also ins Bild gepasst.

Der Verteidiger stellte einen Beweisantrag. Er wollte den Lebenspartner des Angeklagten als Zeugen vernehmen. Er könne bestätigen, dass das Paar keinerlei Drogen nehme und das Paket aus Spanien nicht aus ihrem Haus stamme. Auch die zwei Pakete wollte er als Beweismittel im Original, nicht nur als Foto, in Augenschein nehmen. Das Schöffengericht lehnte den Antrag ab. „Beides würde uns nicht weiterbringen“, begründete Richter Michael Piringer.

Die Staatsanwaltschaft sah den Vorwurf der Anstiftung zur illegalen Einfuhr von Betäubungsmitteln und den versuchten Besitz als bestätigt. Zu viele Indizien sprächen für die Schuld des 55-Jährigen. Da es sich um eine harte Droge handelt und die nicht-geringe Menge um das Zehnfache überschritten war, forderte der Staatsanwalt zwei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe – ohne Bewährung. Auch wenn der Angeklagte keinerlei einschlägige Vorstrafen hat.

Verteidigung: Zu viele Ungereimtheiten

Sein Verteidiger plädierte auf Freispruch. Für ihn gab es zu viele Ungereimtheiten. So sei der wahre Empfänger des Paketes, das in Trier beschlagnahmt worden war, aufgrund der Doppel-Adressierung unklar. Und auch im Haus des 55-Jährigen seien keine harten Drogen gefunden worden. „Mein Mandant war so blauäugig, einem Mann, dem er vertraute, Geld zu schicken. Er wusste nicht, dass dieser etwas mit Drogen zu tun hatte.“

Der Angeklagte selbst nutzte sein Schlusswort dann auch, um seine Unschuld zu beteuern. „Ich bin immer noch perplex, wo ich da hineingeraten bin.“

Das Schöffengericht wollte ihm nicht glauben und verhängte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. „Diese Geschichte mit der Spende kauft Ihnen niemand ab“, sagte Richter Piringer. Auch das Päckchen bei ihm zu Hause und die Überweisungen nach Polen werfen kein gutes Licht auf den 55-Jährigen. „Die Indizienkette ist geschlossen, eine runde Sache. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass Sie die Drogen bestellt haben. Es passt alles zusammen.“

Piringer meinte, das biedere Auftreten des Mannes passe auf den ersten Blick nicht zur Anklage. „Doch wenn man dann die Bilder der Utensilien und der Poppers sieht, dann passt es doch wieder.“ Er vermutete, dass es dem Angeklagten um Luststeigerung gegangen sei. „Es ist bekannt, dass 3-MMC genommen wird, um ‘zu fliegen’, also besseren Sex zu haben.“

Der Angeklagte nahm das Urteil ungläubig zur Kenntnis und wird sich mit seinem Anwalt nun über weitere Rechtsmittel beraten.