Dingolfinger auf der Überholspur
Die Traum-Momente des Julian Justvan: Hat der Suchende beim 1. FC Nürnberg endlich sein Glück gefunden?

29.10.2024 | Stand 29.10.2024, 19:12 Uhr |

Er wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: Miroslav Klose mit dem Spieler des Spiels, Julian Justvan. Als dreifacher Torschütze nahm der Niederbayer den Spielball mit nach Hause. − Fotos: Imago Images

Nach dem grandiosen Nürnberger Tor-Spektakel trug Julian Justvan stolz den Spielball als persönliche Trophäe aus dem Max-Morlock-Stadion. „Das ist das erste Mal“, sagte der Mann des Abends beim 8:3 (3:2) gegen den Tabellenletzten Jahn Regensburg zu seiner Drei-Treffer-Premiere als Fußball-Profi. „Der wird jetzt von allen unterschrieben und kommt dann zu Hause irgendwo hin, wo jeder ihn sieht“, sagte der 26-Jährige. Der Niederbayer aus Wörth an der Isar, hervorgegangen aus der Jugendabteilung des FC Dingolfing, ist endlich, so scheint es wenigstens, so richtig angekommen auf seinem Weg im Profi-Fußball.

Justvan war der Beste und Glücklichste unter lauter guten und glücklichen Nürnbergern, die fünf Tage nach dem großen 4:0-Derbysieg in Fürth in der 2. Bundesliga ein noch größeres Torfest feierten. Schon wieder standen Justvan und Co. jubelnd vor der Fankurve. Und hinter der Bande hüpfte sogar Miroslav Klose mit seinem Trainerteam völlig losgelöst mit. War was? Noch vor ein paar Wochen schien das Experiment Klose vor einem schnellen Scheitern zu stehen. Drei Siege am Stück haben die Gefühlslage in Franken komplett verändert. Der Club ist in der Tabelle auf Klettertour. Und Klose hat ein passendes System und eine Elf gefunden, die zu noch mehr befähigt scheint – allen voran Niederbayer Justvan. „Ein fantastisches Spiel“, bescheinigte Klose dem Neuzugang, vor der Saison für eine Million Euro vom Bundesligisten TSG Hoffenheim verpflichtet. Als Spielmacher kann Justvan mit seinem feinen linken Fuß das Spiel lenken und beschleunigen. Justvan wisse schon vor der Ballannahme, „was er als Nächstes macht“, schwärmte Klose: „Er kennt schon die Lösungen.“ Und gegen den Jahn glänzte Justvan auch noch als Torjäger. Er traf aus dem Spiel heraus, dann per Freistoß und schließlich vom Elfmeterpunkt.

„Der Jule war schon immer ein Ausnahmetalent“

„Heute ist alles gelungen. Es war unglaublich. Es war uns wichtig, dass wir die Leistung vom Derby bestätigen können“, sagte der Matchwinner. „Ich mag es, das Bindeglied zwischen Defensive und Offensive zu sein.“ Offensiv bildet Justvan mit den Stürmern Stefanos Tzimas und Mahir Emreli, die ebenfalls trafen, inzwischen so eine Art kleines, magisches Dreieck. Von den Fans wurden Justvan und Co. minutenlang gefeiert. Beim Heimatklub gehören dem Dingolfinger Spross ohnehin alle Sympathien. „Der Jule (sprich: Tschul) war schon immer ein Ausnahmetalent“, erinnert sich der langjährige Jugendleiter Georg Kallmeier an den Jungen aus Wörth. „Wir reden hier immer wieder davon, wie schwer es selbst für die Talentiertesten ist, im Profifußball Fuß zu fassen“, sagt Kallmeier. Und Justvan ist ja selbst das beste Beispiel für die krummen Wege, die da warten. Als 13-Jähriger war er nach Fürth gegangen und bald zurückgekehrt nach Dingolfing, weil er nicht glücklich wurde. Über die Jugendabteilung der Münchner Sechzger ging’s nach Wolfsburg, dort musste er sich aber mit einem Platz in der Regionalliga-Mannschaft begnügen. Als Glücksbringer erwies sich der Wechsel zum SC Paderborn, wo Trainer Lukas Kwasniok voll auf das Talent aus Niederbayern setzte.

Zentrale Rolle in kleinem, magischen Nürnberger Dreieck

„Ohne die Spielpraxis in Ostwestfalen wäre der Wechsel nach Hoffenheim wohl nie zustande gekommen“, sieht Kallmeier die Station beim SCP als Karriere-Booster für den ehemaligen Zögling an. Aber auch bei der TSG war das Glück nicht vorn Dauer, und der Bundesligist reichte den Niederbayern für eine Million Euro an den 1. FC Nürnberg weiter. Der Rest ist spätestens seit dem vergangenen Wochenende bekannt.

Es scheint, als habe Julian Justvan, der Suchende, sein Glück gefunden. Im Triumph sprach er von „einer guten Chemie zwischen Stefanos (Tzimas), Mahir (Emreli) und mir“. Man habe sich „langsam als Team gefunden“. Nun warten größere Aufgaben auf den Club und Justvan. Heute (20.45 Uhr/Sky) geht es als Außenseiter beim Erstligisten Hoffenheim um den Einzug ins DFB-Pokal-Achtelfinale. „Mich braucht man da nicht zu motivieren“, sagte der Ex-Hoffenheimer Justvan. Und nur vier Tage später geht es wieder auswärts beim HSV um Liga-Punkte.

− mjf/dpa

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