„Momente, für die man Fußball spielt“
Die irre Elfer-Story aus Hankofen: Keeper Maier wird zum Held – und der Torwarttrainer hilft mit

03.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:44 Uhr

„Zwei wie Pech und Schwefel“: Sebastian Maier und Torwarttrainer Markus Mitterreiter. −Foto: Hofer/Privat

In der Kabine brauchte er erstmal eine ruhige Minute für sich. Und eine halbe Bier. „Als ich da so gesessen bin, habe ich erstmal so richtig realisiert, was gerade passiert ist“, sagt Sebastian Maier (28). Und passiert war an diesem Dienstagabend im Maierhofer-Bau-Stadion der Spvgg Hankofen-Hailing ja tatsächlich etwas, was mal erstmal verarbeiten muss, wenn man unversehens in den Mittelpunkt eines Geschehens rückt, das innerhalb von Sekundenbruchteilen über eine ganze Spielzeit entscheiden kann.

Es muss für Maier, Torwart der Spvgg Hankofen-Hailing, ein Moment wie in einer Zeitkapsel eingefroren gewesen sein. Die Dorfbuam führen im Regionalligaspiel gegen Vilzing mit 2:1, als Schiedsrichter Maximilian Riedel nach einem Foul Elfmeter für die DJK Vilzing pfeift. Es läuft schon die Nachspielzeit. Und von einer Sekunde auf die andere bricht alles über Maier, den Mann im Tor der Roten, herein. „Mir ist in dem Moment klar geworden, dass alles an mir hängt“, sagt Maier.

Was an ihm hängt, ist in diesem Moment auch den hunderten Hankofener Fans auf den Rängen bewusst: Verwandelt Andreas Jünger für die Vilzinger, ist der Sieg weg – und mit ihm wohl die letzte Hoffnung der Dorfbuam auf den Klassenerhalt im bayerischen Fußball-Oberhaus. Und weil das auch die Gedanken von Torwarttrainer Markus Mitterreiter sind, sprintet der Assistent nach dem Elfmeterpfiff von der Mannschaftsbank quer über den Platz zu Maier. „Ich habe gesehen, wie der Blick vom Sebastian nach unten ging, da wusste ich, ich muss was tun“, schildert Mitterreiter seinen Einsatz. Schließlich sind die beiden seit sieben Jahren ein Trainer-Torhüter-Gespann – und „zwei wie Pech und Schwefel“, wie Mitterreiter feststellt. Wer würde da in einer solchen Situation seinen Partner alleine lassen?

Allerdings ging’s nicht darum, einen Tipp loszuwerden. „Er hat mir einfach nur ins Gesicht geschrieen: Du hältst den, du hältst den“, beschreibt der Keeper den Auftritt des Torwart-Trainer-Kumpels. „Drei-, viermal hat er das gemacht. Und es hat ja geholfen“, fügt er lachend an. Die Rote Karte, die Mitterreiter für seine Aktion bekam, ist für beide deshalb leicht zu verschmerzen. „Ich habe in dem Moment nicht an einen Regelverstoß gedacht“, bekennt Mitterreiter. Die Gedanken galten einzig und allein seinem Schützling, der diesen Elfmeter einfach nur irgendwie halten musste. Um jeden Preis. Maier selbst weiß nur noch, „dass ich in dem Moment voll fokussiert war“.


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Als der Schiedsrichter den Ball freigibt, hechtet Hankofens Schlussmann auf die rechte Seite, erwischt den halbhoch geschossenen Ball mit beiden Fäusten und befördert das Spielgerät aus der Gefahrenzone. Der Rest ist Jubel in Rot. „Ich seh’ nur noch die ganze Mannschaft auf mich zustürmen, ich bin fast erdrückt worden, ich hab fast keine Luft mehr bekommen“, schildert Maier die tumultartigen Szenen, die sich wenig später wiederholen, nachdem der Schlusspfiff ertönt ist.

Zeigt sich Maier im Interview unmittelbar nach Spielschluss noch „sprachlos“, kann er einen Tag später die Geschehnisse schon besser einordnen. „Das sind die Momente, für die man Fußball spielt“, sagt der Held des Abends. Und die Regionalliga-Geschichte der Dorfbuam soll gerade nach diesen dramatischen Szenen vom Dienstagabend noch nicht zu Ende sein. „So lange rechnerisch die Chance da ist, den Klassenverbleib zu schaffen, so lange werden wir kämpfen, rennen, uns reinschmeißen, eben alles geben“, verspricht Maier. Denn das, so macht er klar, „das sind die Dorfbuam. Jeder ist für den anderen da“. Am Dienstagabend war’s ganz besonders er.


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