Eichendorf
Zu teuer: Kein Hochwasserrückhaltebecken Voglau

Bauwerk würde über eine Million kosten – Alternativen sind Leistungssteigerung des Petzenbachs und private Maßnahmen

18.06.2021 | Stand 25.10.2023, 10:48 Uhr

Mit Sommergrün zugewuchert kann man den Durchlass des Petzenbachs unter der Staatsstraße 2325 momentan kaum erkennen. An dieser Stelle hätte das Hochwasserrückhaltebecken Voglau entstehen sollen.

Der Hochwasserschutz in Perbing war am Donnerstag das Hauptthema bei der Marktratssitzung. Es ging um ein Rückhaltebecken in Voglau, um den Wassermassen des Petzenbachs bei Starkregenereignissen Herr zu werden. Wolfgang Nierlich vom Planungsbüro Arnold Consult AG brachte jedoch Ernüchterung: Der Bau eines solchen Beckens würde in den erforderlichen Ausmaßen mit Kosten deutlich über einer Million aufschlagen, weshalb der Marktrat einstimmig beschloss, das Projekt nicht weiterzuverfolgen.

Bereits in den Jahren 2012 bis 2017 fanden Planungen für ein Becken Voglau statt, wie Wolfgang Nierlich mitteilte. Es würde dort entstehen, wo der Petzenbach unter der Staatsstraße 2325 hindurchfließt. Die Stelle befindet sich in der Nähe des Ortsbeginns Perbing bei der Einmündung in die Kreisstraße DGF 31. Bereits bei der ersten Planung seien mehrere Varianten durchdacht und wieder verworfen worden.

Die Ergebnisse der neuesten Untersuchung ergaben, dass die Abflussleistung des Petzenbachs aktuell bei 2,4 Kubikmetern pro Sekunde liegt. "Mit kleineren Ausbaumaßnahmen könnte man die Leistung auf drei Kubik erhöhen", so Nierlich. Er erläuterte im Detail die Begebenheiten vor Ort und die verschiedenen Varianten, die durchdacht wurden. "Das Ergebnis ist unschön", lautete das Fazit. Denn bei einem Starkregen-Ereignis über 48 Stunden, also dem Maximalwert, bräuchte man laut Experte ein Rückhaltebecken mit so viel Volumen, dass die Kosten massiv ansteigen würden. Eine Summe von "deutlich über einer Million" sei zu erwarten.

Keine Förderung für das Projekt in Aussicht

Bei Beträgen in dieser Höhe sei eine Förderung vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) und Wasserwirtschaftsamt (WWA) ausgeschlossen. Das Hochwasserrückhaltebecken sei somit keine wirtschaftliche vertretbare Option. Gleichzeitig betonte Wolfgang Nierlich: "Ein HQ-100-Schutz kann ansonsten nicht hergestellt werden."

Er veranschaulichte in seiner Präsentation die zu erwartenden Auswirkungen bei einem Hochwasser. Tatsächlich seien in erster Linie einige landwirtschaftliche Gebäude und fünf Wohnhäuser von Überschwemmungen betroffen. "Verzeihen Sie mir, wenn ich das so sage, aber die Anzahl der Betroffenen ist überschaubar", so der Referent. Naturschutzrechtlich käme hinzu, dass sich in der Nähe ein Biotop mit Bibervorkommen befinde. Auch einige große, alte Bäume müssten gefällt werden. Generell herrsche am Standort mit den steilen Hängen eine "ganz ungünstige Situation". Der Planer fasste zusammen: "Wir raten von dem Vorhaben ab."

Der vorhandene Durchlass unter der Staatsstraße leiste viel, sagte Wolfgang Nierlich. Gerade wegen des Totholzes durch die Biberaktivität sei die Gefahr einer sogenannten Verlegung aber sehr hoch. Das sei ein großes Risiko, weil es so zu einem Straßendammbruch kommen könnte. "Das wäre Weltuntergang. Dann schwimmen Häuser weg, das ist auch eine Gefahr für das Leben", sagte Wolfgang Nierlich eindringlich. Beim katastrophalen Hochwasser in Simbach 2016 habe es ebenfalls einen Straßendammbruch gegeben – und auch Tote. Deshalb müsse schnell ein Großrechen hergestellt werden.

Petra Loibl (CSU) erkundigte sich, ob der Rückbau des Vordamms 2018 Nachteile in Sachen Hochwasserschutz für die Ortschaft Perbing habe. Wolfgang Nierlich betonte: "Dieses kleine Bauwerk wäre bei größeren Ereignissen vollkommen wirkungslos gewesen, vermutlich schon bei kleineren", antwortete dieser.

Viele Markträte betonten jedoch, dass man auch bei einer Einstellung des Vorhabens etwas in Sachen Hochwasserschutz tun müsse. Eine Option ist laut Wolfgang Nierlich, dass die betroffenen Bürger selbst Objektschutzmaßnahmen für ihre Gebäude vornehmen. Die Kosten müssten sie aber selbst tragen. "Das muss die Gemeinde dann mit den Betroffenen ausmachen."

Bach läuft recht schnell über

Claudia Eckl (CSU) brachte den Vorschlag ein, die Wassermassen generell auszubremsen, etwa indem Flächen aus der intensiven Landwirtschaft herausgenommen werden. "Mit dezentralen Maßnahmen kann man viel machen", stimmte Referent Wolfgang Nierlich zu. "Aber nur damit erreicht man keinen HQ-100-Schutz." Im Falle Voglau mache es aber Sinn, weil solche Maßnahmen für kleinere Starkregenereignisse bereits Nutzen haben könnten und das Wasser in der aktuellen Situation auch bei solchen schon überlaufe.

Bürgermeister Josef Beham sagte, man sei bereits im Gespräch mit ALE und Wasserwirtschaftsamt. Eventuell gebe es eine Beteiligung bei Renaturierungs- und ähnlichen Maßnahmen. "Wir müssen jetzt das Beste aus dem Bachbett rausholen", so der Rathauschef. Wolfgang Nierlich betonte jedoch auf Nachfrage aus dem Marktrat: "Man sollte sich hier nicht der Illusion hingeben, dass man das alles übers Bachbett ableiten kann. Mehr als kleinere Regenereignisse geht nicht."

Letztlich beschloss der Marktrat einstimmig, das geplante Vorhaben zum Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens nicht weiterzuverfolgen. Stattdessen sollen Maßnahmen zur Leistungssteigerung des Petzenbachs im Ortsbereich von Perbing erfolgen und ein Grobrechen am Durchlass der Staatsstraße installiert werden. Zuletzt wolle man noch mit dem ALE abklären, ob eine Renaturierung mit zusätzlichen Rückhaltebecken zwischen Perbing und Voglau erfolgen kann. "Das wird auch nicht der Heilbringer sein, aber es wird besser", betonte Bürgermeister Josef Beham.