Hetze im Internet
Meldung über Tod nach Corona-Impfung befeuert Impfgegner

13.04.2021 | Stand 22.09.2023, 3:28 Uhr

Eine Meldung, die verdreht und als Propaganda missbraucht wird, geistert derzeit durchs Internet. −Symbolbild: dpa

Die Meldung über einen Todesfall nach einer Impfung gegen das Corona-Virus schlägt derzeit hohe Wellen im Internet. Viele nutzen die Nachricht, um Propaganda gegen die Corona-Maßnahmen zu machen.

Kurz nach seiner Corona-Impfung am Sonntagvormittag ist ein 74 Jahre alter Mann in Dingolfing gestorben. Eine Obduktion wurde angeordnet. Erst gegen 15.30 Uhr stellte sich am Montag heraus: Der Mann war nicht an den Folgen der Impfung, sondern an einem Herzinfarkt gestorben. Es war nicht sein erster. Doch für viele im Internet war die Meldung über den Tod des Mannes ein willkommener Anlass, um ihre Hetze gegen die Corona-Politik und vor allem gegen die Impfungen weiter zu treiben.

Hetze im Internet auch mit Kotz-Emojis

"Da werden viele noch sterben...", prophezeite da einer, und schnitt die Worte "Zusammenhang nicht bestätigt" aus der Überschrift einfach weg. Auch andere Textteile, in denen steht, dass der Notarzt einen natürlichen Tod nicht ausschließt, wurden einfach großzügig mit "(...)" auskommentiert. Es wurden Kotz-Emojis hinterlassen, "so wird Bevölkerungsdezimierung betrieben", hieß es, und "das hat unsere Regierung zu verantworten".



Wie entstehen solche Bewegungen im Internet?

Aber wie entstehen solche Bewegungen im Internet? Grundlage für Propaganda im Netz sind oft Falschmeldungen, die aber einen wahren Kern haben. Komplette Falschmeldungen werden zu schnell erkannt, haben Wissenschaftler der Uni Münster in einer Studie mit über 100.000 untersuchten Facebooknachrichten herausgefunden. "Man weiß eben auch aus Studien in der Medienpsychologie, dass Falschmeldungen gut identifiziert werden von den Menschen und dann auch nicht geglaubt werden. Bei Verschwörungstheorien ist das anders. Das lesen die Leute und sagen dann: Na ja, da wird dann vielleicht doch irgendwas dran sein", sagte dazu der Autor der Studie, Prof. Thorsten Quandt, im Gespräch mit dem WDR.

"Dann braut sich in der Parallelwelt etwas zusammen"

Die Menschen, die diese Meldungen im Netz bei Facebook oder auf anderen Plattformen teilen, sind oft gut miteinander vernetzt - so gut, dass eine Welle der Falschinformationen entsteht. Richtigstellungen oder kritische Berichte, wie etwa dieser Artikel, finden in diesen Netzwerken dagegen keinen Raum.

Prof. Dr. Ralf Hohlfeld, Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Passau, erklärt dazu im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse: "Leider bleibt dann meist nicht die Richtigstellung hängen, sondern der Kern der Falschmeldung - und dadurch wird das Thema noch größer, als es ohnehin schon ist." Denn, wenn ein Nachrichtenkern zerfleddert und mit Verschwörungsmythen angereichert wird, werde oft eine kleine Minderheit im Netz sehr laut - "und dann braut sich in dieser Parallelwelt etwas zusammen", sagt Hohlfeld. Dagegen könnten auch die Medien "relativ wenig tun", bedauert er.

Falschnachrichten gab es schon früher - mit fatalen Folgen

Wie das ZDF schreibt, gab es aber schädliche und falsche Gerüchte schon bei anderen schweren Krankheiten - mit fatalen Folgen. So führte etwa das Gerücht, dass HIV nicht existiere, in Südafrika in den Anfängen der Epidemie dazu, dass Menschen sich weigerten, Therapien zu beginnen. Die Regierung bewarb sogar traditionelle Medizin, wodurch sich das Virus weiter ausbreitete und laut einer anderen Studie bis zu 300.000 Menschenleben kostete.

78.452 Tote an oder mit Corona - acht Tote nach Impfung mit Astrazeneca gemeldet

Tatsächlich sind in Deutschland bis zu diesem Montag laut Robert Koch-Institut bisher 78.452 Menschen an oder mit Corona gestorben, 13.514 davon in Bayern. In Sachen Todesfälle nach Impfung hatten bisher vor allem Fälle mit dem Vakzin von Astrazeneca für Schlagzeilen gesorgt. Bis zum 8. April, 10 Uhr , wurden dem Paul-Ehrlich-Institut 46 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach Impfung mit dem COVID-19 Impfstoff von Astrazeneca (Vaxzevria) im Rahmen der Spontanerfassung gemeldet. In acht Fällen war der Ausgang tödlich, bei fünf Frauen und drei Männern. Mit Ausnahme von sieben Fällen betrafen alle Meldungen Frauen im Alter von 20 bis 66 Jahren. Die Männer waren 24 bis 58 Jahre alt.

Fast 90 Prozent der Corona-Toten ursächlich an Corona gestorben

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist die Sterberate in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres nicht von denen der Vorjahre abgewichen. Zum Jahresende aber stieg die Zahl der Todesfälle deutlich an, sie lag sogar 23 Prozent höher als in den Jahren zuvor.