Landau
Auf an Ratsch mit Martin Frank

"Einer für alle, alle für keinen" – Kabarettist liefert gekonnt humorvolle Gesellschaftskritik in voller Stadthalle

12.11.2021 | Stand 25.10.2023, 10:49 Uhr

Martin Frank kennt eine neue Einnahmequelle für Landwirte: Beerdigungen von Hühnern auf dem Misthaufen, für die mitfühlende Mitbürger sicher gerne bezahlen würden. −Foto: Mühlehner

Martin Frank hatte es während Corona nicht einfach. Als nicht-systemrelevanter Künstler musste er zurück auf den elterlichen Bauernhof nach Hutthurm fliehen, wo er nicht nur mit läufigen Rentnern beim Friedhofsbesuch, sondern auch mit den Strapazen des Homeschoolings seiner vier Neffen und Nichten konfrontiert wurde. Vom Auf und Ab des Pandemie-Wahnsinns erzählte der Kabarettist am Donnerstagabend in der vollbesetzten Stadthalle. In seinem Programm "Einer für alle - Alle für keinen!" lädt Martin Frank auf an Ratsch ein – über Hochpolitisches, aber auch die Sorgen und Nöte des niederbayerischen Alltags.

"Hätt'st halt was Anständiges gelernt", ist einer der ersten Vorwürfe, die sich Martin Frank von der Oma anhören darf. Solange "da Covidl vor da Haustür steht", durfte die nicht-systemrelevante Kunstzunft nicht arbeiten. "Nicht systemrelevant... Das heißt auf gut Deutsch: Kunst braucht koa oide Sau", übersetzt Frank fürs Publikum. Im Gegensatz zum Fußball, da standen die Spieler recht flott wieder auf dem Platz.

Die Gefahren eines Friedhofbesuches

Homeschooling statt Bühne heißt es dagegen für einen Martin Frank. Der verzweifelt nicht nur an der mangelnden Aufmerksamkeitsspanne der Schwesterschen Kinder, sondern auch an der "eigenen Dummheit". Für Glücksgefühle sorgen dagegen die blitzblanken Fenster, auch wenn das einigen Vögel ein Schädelhirntrauma kostet.

Die Oma wird während der Pandemie aber nicht nur im Haushalt unterstützt, sondern auch beim Bewässern der Friedhofsblumen. Ein gefährliches Unterfangen, bei dem der Kabarettist sich im Nachgang wünscht, vorher besser informiert gewesen zu sein. Denn den "Secret Code" auf dem Friedhof kennt der junge Herr nicht und so droht ihm schon bald, von ein paar paarungswilligen Rentnern überfallen zu werden.

Und was wäre ein Kabarett ohne ein Schwenk zu den Vegetariern. Während viele seiner Kollegen sich aufs reine "Draufhauen" beschränken, wählt Martin Frank einen versöhnlicheren Ansatz. Er verstehe die Vegetarier ja. "Aber als Bauer hat man da einen ganz anderen Bezug dazu", erklärt er. Versucht habe er es. Doch als die Gemüsepfanne fertig war und der Vater nach der erfolglosen Suche nach Fleischstücken gedroht hatte, seine 20 Hektar der katholischen Kirche zu überschreiben, wenn sich sowas noch einmal auf dem Tisch wiederfindet, sei das Thema halt auch schnell wieder gegessen gewesen.

Regionalität, steigende Alpakapopulationen, der Marder, der den Hühnerstall leerfegt – in einem lockeren Gespräch grast der Künstler auf seine sympathische Art sämtliche Themen ab und erntet dabei nicht nur durchgängig Lacher, sondern auch Applaus und zustimmende Kommentare. Mit witzigen Beispielen zeigt er paradoxes Verhalten in der Gesellschaft auf, etwa wenn sich schon der frisch eingeschulte Grundschüler im Datenschutzwahn darüber echouffiert, dass Frank beim Fotografieren seines Neffen zufällig die Schulter des anderen mitfotografiert hat. "Und dann stellen sich die Leute eine Alexa oder ein Echo in die Wohnung, die rund um die Uhr mithören. Oder die Leute, die sich über die Islamisierung des Abendlandes aufregen, aber seit 25 Jahren keine Kirche mehr von innen gesehen haben."

Heutzutage sei manche Themen anzusprechen aber, wie auf Zahnseide über den Grand Canyon zu balancieren. "Gendern zum Beispiel", sagt Martin Frank. Ds sei zwar schon ein Luxusproblem. Und auch die Verunstaltung der deutschen Sprache, etwa durch den Doppelpunkt, sei ein Argument. "Aber wenn mein Neffe zu mir kommt und sagt ,Fährst du mich Burger King, bist du Ehrenmann', dann macht der Doppelpunkt das Kraut auch nicht mehr fett." Am Ende ist die Diskussion für ihn ohnehin schnell gelöst. Denn in Bayern habe man schon eine genderneutrale Anrede, sagt Frank: "Da sagt man einfach ,He!'. Und für die höfliche Variante ,He, Sie!'"

Vom Land der Dichter und Denker zum Land der beleidigten Leberwürst und Benachteiligten sei es in Deutschland gegangen. "Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht", sagt Martin Frank da. "Aber seit Corona mag ich keine Leute mehr." Zustimmende Ja-Rufe, Applaus. Ohnehin vergeht während des knapp zweistündigen Programms kaum eine Sekunde, in der nicht herzlich gelacht wird. Bei den Gesangseinlagen herrscht dann aber Stille. Dass Kabarettisten launige Lieder in ihr Programm einbauen, kennt man. Wenn ein Martin Frank aber plötzlich eine opernreife Arie auspackt, sitzt das Publikum staunend und gebannt auf den Stühlen. "Das war phänomenal", murmelt eine Dame, als die letzten Töne verklingen. Applaus brandet auf, gekrönt mit Jubelrufen.

Er will, dass die Leute wieder miteinander reden

Bei der Zugabe lässt Martin Frank Zuhörer noch an seiner jüngsten Idee für Landwirte teilhaben: Beerdigungen für Hühner. Denn sensible Urlauber seien bereit, einiges zu zahlen, um das arme Tierchen auf dem Misthaufen zur letzten Ruhe gebettet zu sehen. "Jetzt scheißen wir auf den Milchpreis", freut sich der Landwirtssohn da.

Wer Martin Frank zum ersten Mal sieht, fühlt sich bei Stimme, Mimik und Gestik stark an Kabarett-Kollegin Monika Gruber erinnert. Auch der Abschluss des Programms erinnert an eine Bitte der "Gruaberin". Bei all den Zankereien in der Gesellschaft, der Überschätzung der eigenen Bedeutung und der Gereiztheit der Menschen, wünscht sich Martin Frank am Ende nämlich nur eins: "Dass die Leute wieder miteinander statt übereinander reden." Damit es wieder heißt: "Einer für alle – Alle für einen!"