Waldarbeiter haben per Zufall einen Gewölbekeller im Forst auf der Rusel bei Schaufling entdeckt. Der mysteriöse Bau am Hausstein entpuppte sich als historischer Fund, der den Archäologen des Landkreises Rätsel aufgibt und mittlerweile wieder unter dem Erdboden verschwunden ist.
Stein um Stein haben vor Urzeiten geschickte Handwerker aufeinandergesetzt. Das Kellergewölbe wurde komplett in Trockenbauweise, ohne Mörtel errichtet. Birgit Symader, Grabungstechnikerin der Kreisarchäologie, hat es genau untersucht und fotografisch dokumentiert. Sie vermutet, dass die Steine auf ein hölzernes Lehrgerüst gestellt wurden, das später wieder herausgeschlagen wurde. Sobald das Gewölbe geschlossen war, trug es sich von selbst – über Jahrhunderte.
Bauweise seit über 1000 Jahren bekannt
„Die Bauweise ist schon aus dem zehnten Jahrhundert bekannt“, sagt Birgit Symader. Ob die Ursprünge des Kellers auf der Rusel tatsächlich so weit zurückreichen, ist eines seiner Rätsel. „Die Datierung ist schwierig“, räumt die Expertin ein. Eventuell ergeben sich neue Hinweise durch die Altersbestimmung von Holz- und Kohlestücken, die in dem Keller gefunden wurden. Symader vermutet jedoch, dass er älter ist, als die gefundenen Keramikscherben von Ofenkacheln, die aus der Zeit des Übergangs vom 16. auf das 17. Jahrhundert stammen.
Boden nachträglich eingezogen
Das zweite Rätsel des Gewölbekellers am Hausstein ist seine ungewöhnliche Form. Ursprünglich reichte das Mauerwerk etwa 1,40 Meter in die Tiefe bis auf den felsigen Boden. Doch irgendwann im Laufe seiner Geschichte machte sich jemand die Mühe, einen Boden aus massiven Steinplatten einzuziehen. Der verbliebene Raum ist viel niedriger als ursprünglich, nur noch rund 90 Zentimeter hoch. Birgit Symader konnte gerade noch darin knien.
„Vielleicht war der Untergrund zu nass und deshalb legte man den Boden höher“, sinniert Symader über die Beweggründe für die Bauherren zu diesem Schritt, der auf dem beengten Raum ungeheuer anstrengend gewesen sein musste. Sicher ist sich die Fachfrau von der Kreisarchäologie jedoch über den Verwendungszweck. In dem Keller wurden ihrer Ansicht nach Lebensmittel gelagert.
Vor 200 Jahren stand dort noch ein Haus
Aller Wahrscheinlichkeit gehörte er zu einem Haus. Alte Karten von 1830 weisen an dem Punkt auf 856 Meter Seehöhe ein „Ökonomiegebäude“ aus. Größere Steine an der Gewölbedecke des Kellers könnten zum Fundament des Hauses gehört haben.
Um noch mehr über den Keller und dessen Ursprung herauszufinden, hat Peter Lutz vom Landesamt für Denkmalpflege die Fundstelle Stück für Stück – auch mit Hilfe einer Drohne – fotografiert. Aus den unzähligen, sich überlappenden Aufnahmen errechnet der Computer ein digitales dreidimensionales Modell, das sich kippen und drehen lässt. Aus den unterschiedlichen Ansichten erhofft sich auch Kreisarchäologe Sven Fiedler zusätzliche Erkenntnisse über den Keller.
Lob für Mitarbeiter der Staatsforsten
Gemeinsam mit Birgit Symader ist Sven Fiedler vor allem den Mitarbeitern der Dienststelle Bodenmais der Bayerischen Staatsforsten dankbar für die gute Zusammenarbeit. Hätten stv. Forstbetriebsleiter Markus Würstl und seine Kollegen nicht so vorbildlich reagiert, wer weiß, ob der Fund überhaupt wissenschaftlich untersucht und für die Ewigkeit dokumentiert hätte werden können. Es ist schon ein Jahr her, als an der Stelle ein Bagger der Staatsforsten unterwegs war und einbrach. Die Mitarbeiter sicherten die Unfallstelle und meldeten den Fund sofort am nächsten Tag an die Kreisarchäologie. „Vorbildlich“, lobt Birgit Symader. Sven Fiedler ergänzt: „Es gibt ja immer wieder Bodenfunde im Forst, da ist es gut, wenn sie wissen, wie sie reagieren.“ Für Markus Würstl eine Selbstverständlichkeit. „Es liegt definitiv in unserer Verantwortung als Staatsforst, hier mit der Kreisarchäologie zu kooperieren und sie zu unterstützen.“
Früher war dort ein Skihang
Über dem Keller sind bis vor wenigen Jahren im Winter die Skifahrer geglitten. Der Fundort liegt auf einem Ziehweg des ehemaligen Hausstein-Lifts. So wenig wie damals von ihm sichtbar war, so wenig bleibt auch von dem Fund an der Oberfläche. Nachdem die Stätte intensiv dokumentiert worden ist, musste der Bau aus Sicherheitsgründen wieder dem Erdboden gleichgemacht werden.
Erhalt nicht möglich
„Erhalten ist nicht möglich“, erklärt Birgit Symader. Baggerfahrer Sebastian Weikl vom Forstbetrieb Stieglbauer, der schon beim Freilegen des Kellers viel Fingerspitzengefühl bewiesen hatte, war ganz wehmütig. „Das tut schon weh“, sagte er, kurz bevor er mit der Baggerschaufel das Gewölbe zum Einsturz brachte, „wenn man daran denkt, auf welche Weise der Keller gebaut worden ist und wie sich die Leute damals haben schinden müssen“.
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