Deggendorf
Stadtteilversammlung Niederkandelbach: Drogen und Strahlen im Fokus

23.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:34 Uhr
Rüdiger Schernikau

OB Christian Moser bei seinem Rechenschaftsbericht. −Foto: Schernikau

Kurz vor Schluss der Niederkandelbacher Stadtteilversammlung, die am Dienstag im Vereinsheim der Pool Brothers stattfand, stand ein grundsätzliches Aufreger-Thema im Raum, nämlich ob „unsere Schulen überhaupt sicher vor kriminellen Drogenhändlern“ seien.

Oberbürgermeister Dr. Christian Moser drehte den Spieß kurzerhand um und forderte alle Bürger dazu auf, wachsam zu bleiben, um bei Bekanntwerden solcher Fälle den Behörden möglichst ganz konkrete Hinweise geben zu können – unter Nennung von Ross und Reiter. Zuvor hatte Markus Völkl, Leiter der Polizeiinspektion Deggendorf, über einige Einsatzfelder aus der jüngsten Vergangenheit berichtet. Völkl bestätigte anlässlich der Frage eines Bürgers, dass sich im Bereich des Parkplatzes eines großen Lebensmitteldiscounters in der Stadtfeldstraße ein Drogenhandelsplatz befindet, den er als „Kleinsthandel“ bezeichnete, wo einzelne Joints verkauft würden. Dort werde regelmäßig von Polizisten in Uniform und auch in Zivil kontrolliert und dagegen vorgegangen. „Man muss aber auch dazu sagen, dass der Drogenhandel in Deggendorf mit Sicherheit nicht das große, beherrschende Thema bei uns ist“, stellte er fest. Das gebe es in jeder anderen Stadt in der Größe Deggendorfs genauso. Im Vergleich „sind wir hier auf der ,Insel der Glückseligen’ und hier lebt es sich absolut sicher“, unterstrich Völkl. Auch die Aufklärungsquote liege mit 80 Prozent im Jahr 2022 in Deggendorf weit über dem bayerischen und niederbayerischen Durchschnitt.

Die Bürgerfragerunde eröffnet hatte der Ingenieur Josef Vogl, der seit 20 Jahren in Niederkandelbach wohnt, mit einem längeren Statement zum neu errichteten Funksendemast an der Bundesstraße B11. Er kritisierte, dass der Stadt dieses Projekt seit über fünf Jahren bekannt sei und dass die Anwohner bis zur baurechtlichen Genehmigung und anschließenden Aufstellung im Oktober 2022 nicht informiert worden seien. Es gebe laut Internet über 900 Studien, die besagten, dass von Sendemasten eine gesundheitliche Gefahr ausgehe und es gebe keine Studie, die die Unbedenklichkeit nachweise. Auch in Bayern hätten mehrere Kommunen die Aufstellung von Sendemasten erfolgreich abgelehnt. Vogl kündigte die Gründung einer Bürgerinitiative „Vorderer Bayerischer Wald“ an, die Aufklärungsarbeit betreiben wolle. „Bevor hier nicht Nachweise vorliegen, dass das Ganze unbedenklich ist, würde ich sagen, warten wir ab mit dem weiteren Ausbau“, so sein Appell. Sendemasten würden nicht nur „gesundes Wohnen“ verhindern, sondern auch zu einem Wertverlust von bis zu 30 Prozent bei Immobilien in der Nähe führen, meinte Vogl. Den Stadtrat forderte er auf, sich mit dem Thema Elektrosmog zu beschäftigen und Auskunft über geplante Sendemasten im Stadtgebiet zu geben. Er selbst werde am nächsten Montagnachmittag vor dem Neuen Rathaus stehen, um für sein Anliegen zu werben.

Für OB Moser gehört ein flächendeckendes Mobilfunknetz zur modernen Infrastruktur dazu. „Wir alle möchten sowohl in der Kernstadt als auch in den ländlichen Bereichen gut erreichbar sein. Dazu gehört es auch, die entsprechenden Anlagen vorzuhalten, wie etwa Mobilfunkmasten“, ist er überzeugt. Für die Errichtung des Mastes im Bereich zwischen Oberkandelbach und der B11 sei nicht die Stadt Deggendorf, sondern ein privater Telekommunikationsbetreiber verantwortlich. Die Stadtverwaltung sei lediglich in baurechtlicher Hinsicht als Genehmigungsbehörde gefordert. Da die Anlage den gesetzlichen Vorgaben entspricht, musste sie auch genehmigt werden, so Moser. Das Baurecht regelt nicht die Frage der beim Betrieb der Sendeanlage entstehenden Immissionen, also die elektromagnetische Strahlung. Für die Inbetriebnahme des Senders – einschließlich der Erzeugung von Strahlung – gelte die „26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“, auch „Verordnung über elektromagnetische Felder“ genannt. Für den Vollzug dieser Verordnung sei die Stadt Deggendorf nicht zuständig. Die Prüfung der immissionsschutzrechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb einer Mobilfunksendeanlage erfolge durch die Bundesnetzagentur. Diese Institution stelle auch die für jede Anlage erforderliche „Standortbescheinigung“ aus. Die tatsächliche Information der Bürgerinnen und Bürger laufe über den jeweiligen Netzbetreiber und sei laut Rechtslage freiwillig. „Darauf hat die Stadt Deggendorf leider keinen Einfluss“, betonte Moser.

Der Oberbürgermeister leitete sein Eingangsreferat mit einigen statistischen Zahlen ein. So hatten zum Jahreswechsel 607 Einwohner ihren Hauptwohnsitz und 19 ihren Nebenwohnsitz in Niederkandelbach. Es gab 26 Zuzüge, 17 Wegzüge, sechs Sterbefälle, drei Geburten und zwei Eheschließungen. Schon seit einigen Jahren werde der Breitbandausbau vorangetrieben. Im vergangenen Jahr ist im Bereich Silberacker das Glasfasernetz im Rahmen des Höfebonus-Programms erweitert worden. Das Ausbauprogramm versorge über 99 Prozent aller Haushalte im Stadtgebiet mit schnellem Internet. Nachgebessert wurde die Infrastruktur im Bereich des Angerfeldes (Neuverlegung der Wasserleitung durch die Stadtwerke und Straßensanierung bis zur Einmündung des Silberackers) mit einem Invest von knapp 100000 Euro. Angedacht ist eine Radwegeverbindung zwischen dem Mettener Ortsteil Berg und dem Stadtteil Niederkandelbach über bestehende Feld- und Waldwege.

Im Rahmen der Dorferneuerung ist die Ortsmitte neu und funktional gestaltet worden, resümierte der Oberbürgermeister. Moser informierte darüber, dass die Regierung von Niederbayern einer dauerhaften Schulsprengeländerung zugestimmt habe, die besage, dass die Niederkandelbacher Kinder auch in Zukunft die Grundschule Mietraching besuchen werden, um deren Zweizügigkeit zu gewährleisten. Auf dem Spielplatz in der Ortsmitte wird das aktuell gesperrte Trampolin in nächster Zeit neu bespannt. Rund um den Weiher in der Nähe des Spielplatzes läuft die alljährliche Amphibienschutzaktion, organisiert vom Bund Naturschutz unter Mithilfe vieler freiwilliger Helfer. Die verkehrlichen Hinweisschilder wurden wieder vom Bauhof aufgestellt. Der Weiher ist zu einem wichtigen Amphibienbiotop für hunderte Frösche und Kröten geworden.

Abschließend forderte OB Moser dazu auf, sich an dem Projekt „Heimat – mehr als ein Gefühl“ zu beteiligen, das gerade in Zusammenarbeit mit der Hochschule Nürnberg durchgeführt wird. Gegenwärtig läuft eine Bürgerbefragung, über die auf der städtischen Website informiert wird.

An der Stadtteilversammlung nahmen vor Ort 33 Bürgerinnen und Bürger teil, online waren rund 90 zugeschaltet. Übrigens: Ein Video-Mitschnitt der eineinhalbstündigen Versammlung, zu der auch einige Mitglieder des Stadtrats und mehrere Verwaltungsvertreter gekommen waren, ist auf der Streaming-Plattform youtube verfügbar.

− rüs