Gründer aus Vilshofen und Deggendorf
Schützenhilfe: In vier Jahren 400.000 Euro für Menschen in Not gesammelt

28.07.2024 | Stand 28.07.2024, 5:00 Uhr |

Lederhose und Gilet sind mittlerweile zu ihrem Markenzeichen geworden: Reinhard Leberfing (links) aus Vilshofen und Andi Achatz aus Deggendorf haben die Schützenhilfe 2020 gegründet und helfen seither unbürokratisch und schnell Menschen aus der Region.

Sie hatten keinen Plan, aber der ist voll aufgegangen. 2020 haben der Vilshofener Reinhard Leberfing und der Deggendorfer Andi Achatz den Verein Schützenhilfe gegründet – und nicht im Traum daran gedacht, dass sie in nur vier Jahren Menschen in der Region mit sage und schreibe 400.000 Euro aus Spenden unterstützen würden.



Den Verein Schützenhilfe gibt es erst seit 2020, und schon habt ihr bei den Spenden die 400.000-Euro-Marke übersprungen. Bitte vervollständigt den folgenden Satz: Das ist einfach ..., weil ...
Reinhard Leberfing: Das ist einfach eine unglaubliche Zahl, weil wir damit so vielen Menschen das Leben zumindest ein Stück weit leichter machen können.

Andi Achatz: Das ist einfach unglaublich – diese Höhe der Summe und die überregionale Spendenbereitschaft –, weil wir uns nicht vorstellen konnten, dass es so viele Menschen gibt, die sich solidarisch zeigen und helfen.

Wie es zur Gründung kam



Die Gründung des Vereins erfolgte während Corona, als ihr zu Spenden für eine virtuelle Oktoberfest-Maß aufgerufen und das Geld gespendet habt. Was habt ihr euch dabei gedacht?
Reinhard Leberfing: Das war das Resultat eines schlechten Gewissens. Ich habe 2019 während des Oktoberfests in München mein Wohnquartier gewechselt und kam auf dem Weg zur Arbeit an einer Kirche vorbei, wo davor Menschen auf einer Wiese lagen. Erst dachte ich, es wären betrunkene Wiesnbesucher, aber es waren Menschen ohne festen Wohnsitz. Ich nahm mir vor, ihnen am Abend eine Brotzeit vorbei zu bringen, hab das aber nicht gemacht und mein Gewissen mit dem Spruch „Das mache ich nächstes Jahr“ beruhigt. Viele helfen gerne und teilen gerne, aber eben erst nächste Woche oder nächstes Jahr. Das hat mich sehr beschäftigt. Da habe ich den Andi angerufen – so ist die Schützenhilfe gegründet worden. Wir sind zum einen auf der Wiesn im Schützenfestzelt beschäftigt, zum anderen steht der Name einfach für Hilfe und Unterstützung.

Andi Achatz: Jemand leistet einem anderen Schützenhilfe, damit dieser seine Ziele erreicht. Das kann ein Treppenlift für einen Familie sein oder ein voller Kühlschrank für einen Senioren.

Was ist eure Motivation?
Reinhard Leberfing: Unsere Motivation, anderen Menschen zu helfen, ist stetig gewachsen. Fast täglich zu sehen, wie viele Menschen Hilfe in den verschiedensten Bereichen brauchen. Der Dank und die Erleichterung in den Augen – das ist unser Lohn und Motivation zugleich.

Andi Achatz: Wir wollen Menschen Freiheit ermöglichen, glückliche Momente schaffen und dunkle Wolken etwas zur Seite schieben.

Wart ihr schon vor der Schützenhilfe ehrenamtlich aktiv? Und was macht ihr eigentlich im „richtigen“ Leben?
Reinhard Leberfing: Ich war einige Jahre als Familienpate beim Kinderschutzbund in Passau tätig, dann kam die Gründung der Schützenhilfe, die mich zeitlich ziemlich in Anspruch nimmt. Ich bin Pensionist, die haben bekanntlich am wenigsten Zeit.

Andi Achatz: Ich war als Jugendtrainer beim TSV Natternberg aktiv und bin passives Mitglied bei der Fischerdorfer Feuerwehr. Beruflich habe ich mein Glück in der Gastro gefunden und bin in der Knights Sportsbar und generell bei der Familie Großschedl daheim.

Spenden gehen 1:1 an die Bedürftigen



Wie kommt die Schützenhilfe an Geld? Welche Quellen gibt es? Und werden die Spenden immer 1:1 weitergegeben?
Reinhard Leberfing: Wir sammeln fleißig Spenden und freuen uns, dass wir immer mehr Unterstützung von verschiedenen Seiten erhalten. Zusätzlich ermöglichen uns Paten, schnell und unbürokratisch zu helfen. Da es bei der Schützenhilfe keinerlei Verwaltungskosten gibt und alle sich ehrenamtlich einbringen, gehen die Spenden 1:1 an die Bedürftigen.

Andi Achatz: Der erste Schritt war es, auf die Menschen zuzugehen und sie zu fragen, ob sie die Schützenhilfe unterstützen wollen. Im zweiten Schritt haben wir Aktionen wie Fußballturniere oder Spendenläufe organisiert und so Geld gesammelt. Mittlerweile kommen auch viele auf uns zu.

Wie viele Patinnen und Paten unterstützen euch und wie kann man einer/eine werden?
Reinhard Leberfing: Knapp 150 Paten unterstützen uns mit den verschiedensten Beträgen und auch mit helfenden Händen, wenn wir bei der ein oder anderen Aktion Unterstützung benötigen. Wenn jemand Pate der Schützenhilfe werden möchte, einfach einen von uns beiden kontaktieren, wir nehmen uns gerne Zeit, die Philosophie der Schützenhilfe näher zu bringen.

Anfragen kommen mittlerweile aus ganz Deutschland



400.000 Euro sind bis jetzt gespendet und weitergeben worden: Ist so eine enorme Summe überhaupt noch als Verein zu stemmen?
Reinhard Leberfing: Natürlich sind wir schon an unsere Grenzen angelangt, da wir nach wie vor die Menschen, die wir unterstützen, auch kennenlernen wollen. Das ist ein ziemlicher Zeitaufwand, aber ein Strahlen in den Augen oder einfach jemandem das Gefühl zu geben, dass er nicht alleine ist, ist jeglichen Aufwand wert.

Wer wendet sich an euch? Aus welchen Regionen kommen die Anfragen?
Reinhard Leberfing: Die Anfragen wachsen mit dem Bekanntheitsgrad und erreichen uns täglich – und mittlerweile aus ganz Deutschland, aber wir unterstützen nur Menschen hier bei uns.

Andi Achatz: Also bei uns in der Heimatregion.

Reinhard Leberfing: Zusätzlich bitten die Kinderschutzbund Passau sowie Deggendorf und Osterhofen manchmal um Unterstützung sowie Mitarbeiter des Jugendamtes oder auch des Frauennotrufs.

Wer bekommt Schützenhilfe? Wie beurteilt ihr, welche Menschen und Projekte ihr unterstützen wollt?
Reinhard Leberfing: Wir verschaffen uns einen persönlichen Eindruck, versuchen zu vermeiden, die Situation moralisch zu bewerten und besprechen es dann im kleinen Kreis.

Über welche Spende habt ihr euch bisher am meisten gefreut?
Reinhard Leberfing: Auch wenn es nach einer Floskel klingt, uns freut nach wie vor jede Spende; ob das die kleinste über 8,70 Euro ist, oder die größte mit über 20.000 Euro. Es macht uns stolz, dass wir nun schon so viele Menschen dazu bewegen konnten, anderen mit ihrem Beitrag eine Last von den Schultern zu nehmen.

Die Schützenhilfe hat uns sehr geerdet



Was gibt euch ganz persönlich diese ehrenamtliche Arbeit?
Reinhard Leberfing: Die größten Gewinner der Schützenhilfe sind wohl der Andi und ich. Uns wurde bewusst, dass man seine Komfortzone verlassen muss, um anderen Menschen zu helfen. Die Schützenhilfe hat uns sehr geerdet und wir haben schätzen gelernt, ein Dach über dem Kopf zu haben.

Bei nahezu jeder Scheckübergabe taucht ihr in Lederhose und Gilet auf: Wie viele Exemplare habt ihr eigentlich im Schrank hängen?
Andi Achatz: Ich liebe Tracht und finde das schön, weil ich mich darin authentisch fühle. Mittlerweile ist es unser Markenzeichen geworden.

Reinhard Leberfing: Und da wir ja beide schon seit vielen Jahren auf dem Oktoberfest beschäftigt sind, hat sich da natürlich einiges angesammelt.


Wer mehr über die Schützenhilfe erfahren oder sich engagieren will, erreicht Reinhard Leberfing unter Tel. 0171/2715695 und Andi Achatz unter Tel. 0171/8892368.

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