Halbe Million Follower
Goldsucher im TikTok-Rausch: Christian Schreiner geht viral

15.07.2021 | Stand 22.09.2023, 0:59 Uhr

Etwa drei bis vier Mal im Monat unternimmt Christian Schreiner seine Schürf-Touren. Meistens zieht es ihn dazu in den Bayerischen Wald und in die Alpen. −Fotos: Schreiner

Christian Schreiner stammt aus Plattling (Landkreis Deggendorf), ist Industriemechaniker, Goldsucher – und erfolgreich auf Tiktok. Sein Kanal "Aurum Bavaria" hat über eine halbe Million Follower.

Ein Spaten durchbricht die Wasseroberfläche. Luftbläschen steigen nach oben. Er prescht weiter vor, tief in den Boden des Flussbettes. Schnitt. Christian Schreiner rückt ins Zentrum des Bildes. Er trägt Anglerlatzhose und Mütze. Knietief steht er im klaren Wasser des Gebirgsflusses mitten im Bayerischen Wald. Nun wird klar: Schreiner nutzt den Spaten, um Geröll und Erdreich aus dem Gewässer zu holen.

Er jagt es durch eine mobile Waschanlage und schwenkt es in einer schwarzen Plastikpfanne hin und her. Zum Vorschein kommt Gold. Nur etwa acht Sekunden dauert das Video, auf dem sich die Szenen abspielen. Dennoch – oder gerade deswegen – wird es über fünf Millionen Mal geklickt, auf TikTok.

Niederbayer international bekannt

Es ist der erste von vielen Kurzfilmen, den Schreiner auf der Internet-Plattform im Mai 2020 veröffentlicht. Mittlerweile verfügt sein Kanal "Aurum Bavaria" über eine halbe Million Follower, also Menschen, die regelmäßig seine Videos schauen. Bis zu 15 Millionen Klicks erreichen seine Videos – auch wenn das die Ausnahme ist. Im Durchschnitt bringt es Schreiner auf etwa eine halbe Million Aufrufe. Damit betreibt er nach eigener Aussage einen der erfolgreichsten TikTok-Kanäle rund ums Thema Goldsuche weltweit.

Christian Schreiner ist 37 Jahre alt. Er ist in Plattling geboren und arbeitet bei einem örtlichen Betrieb als Industriemechaniker. Seit gut einem Jahr wohnt er in Thundorf. Auf seinem Wohnzimmertisch liegt eine hölzerne Schatulle. In dem handgroßen Kästchen befinden sich verschiedene Ampullen und Döschen, alle gefüllt mit Gold. Er pickt eines der Plastikröhrchen heraus. "Das ist Donau-Gold und das daneben stammt aus dem Bayerischen Wald", referiert er.

Christian Schreiner ist Goldsucher. Nicht kommerziell, er habe noch nie ein Gramm verkauft. Ihm gehe es um die frische Luft, die Bewegung, die Verbundenheit mit der Natur. Was er findet, behält er und wird Teil seiner Sammlung.

Videos dauern nur einige Sekunden

Vor gut einem Jahr hat der 37-Jährige eine zweite Leidenschaft für sich entdeckt. Er dreht Schürf-Videos und veröffentlicht sie auf TikTok. "Da muss es richtig scheppern", beschreibt Schreiner den Charakter der Kurzfilme. Denn: Die dauern meist nur einige Sekunden und sollen Aufmerksamkeit erregen.

Auf die Idee hat ihn ein Freund gebracht, erzählt der 37-Jährige. Vor gut einem Jahr sind die beiden auf Goldsuche. Am Lagerfeuer schlägt der Freund vor, er könnte die Schürf-Touren im Bayerischen Wald und in den Alpen doch filmen und auf TikTok stellen. Schließlich hat Schreiner bereits Erfahrung auf dem Gebiet. Er fotografiert auf Hochzeiten und produziert Kurzfilme. Außerdem gebe es viele Leute, die sich für das Thema interessieren. Allein in Bayern, schätzt Schreiner, gibt es über 500 aktive Goldsucher.

Noch am selben Abend nimmt er sein Handy zur Hand, meldet sich bei der Plattform an, schneidet ein paar Video-Schnipsel zusammen und veröffentlicht sie. Was dann passiert, kann er selbst kaum fassen. Nach nur zwei Tagen erreicht das Video eine Million Aufrufe. Zum Vergleich: Das erste TikTok-Video des FC Bayern München, immerhin deutscher Rekordmeister, erhält 495000 Aufrufe. "Dann bin ich dran geblieben", sagt der Hobby-Goldsucher.

Viele Fans aus Südostasien

Seitdem plant Schreiner sorgfältig, wann er was veröffentlicht. "Wenn ich was mache, mache ich es hundertprozentig", beschreibt er seine Arbeitsweise. Dementsprechend viel Zeit investiert er in seinen Kanal "Aurum Bavaria". Dabei sei das Produzieren der Videos nicht der große Zeitfresser, auch wenn er nach einem langen Schürftag mit 50 bis 100 Video-Schnipseln nach Hause kommt. Nur etwa fünf bis zehn Minuten benötige er für den fertigen Kurzfilm.

Viel aufwendiger sei dagegen die Betreuung seiner Community, also der Leute, die seine Videos schauen. Mehrere Hundert Menschen, manchmal Tausende kommentieren die Beiträge des Industriemechanikers. Die meisten davon sind nicht aus Deutschland. Die größte Fangemeinde hat Schreiner in Südostasien. Das weiß er aus der TikTok-Analyse. Fast ein Drittel der Klicks kommt bei einem besonders populären Video aus Indonesien, gefolgt von den Philippinen und Vietnam. Dank der Übersetzer-Funktion kann er auch auf ihre Fragen antworten.

Geld verdient Schreiner mit dem aufwendigen Hobby nicht – noch nicht. Denn derzeit spielt er mit Gedanken, seinen Kanal zu monetarisieren. Dafür gebe es einen Kreativitätsfonds von TikTok, über den er seine Leidenschaft ein Stück weit finanzieren könnte.

Durch TikTok noch kein Geld verdient

"Schon über 6000 Aufrufe", staunt Schreiner, als er seinen Account öffnet. Erst gestern Abend habe er sein neustes Video hochgeladen, schon schnellen die Zahlen in die Höhe. Diesmal ist es ein Zusammenschnitt aus verschiedenen Gold-Erträgen. Die wiegen zwar selten mehr als ein Gramm, in der TikTok-Währung sind sie jedenfalls im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert.