Osterhofen
Nach Angriff auf Bürgermeisterin: Stadträte sprechen sich scharf gegen Vorwürfe von Frömel aus

20.01.2022 | Stand 22.09.2023, 2:54 Uhr

Die Stadträte übten in ihrer Sitzung am Donnerstagabend in der Stadthalle harte Kritik am Verhalten von AfD-Stadtrat Christoph Frömel. −F.: gs

Zum Thema "Drogenproblematik Mittel- und Realschule Osterhofen. Eilsache!" hatte AfD-Stadtrat Christoph Frömel einen Antrag im Stadtrat gestellt. Doch diesen haben die Stadträte in ihrer Sitzung am Donnerstag mit der einzigen Gegenstimme von Frömel einhellig abgelehnt.

Damit folgten sie dem Antrag zur Geschäftsordnung von Thomas Etschmann: "Man kann nicht über Probleme sprechen, die es de facto nicht gibt." Etschmann warf Frömel populistisches Verhalten vor. Er diskreditiere Kinder, Eltern und Lehrer beider Schulen und sorge für Unsicherheit. Zudem schädige er den Ruf von Real- und Mittelschule sowie der Stadt – was von ihm "billigend in Kauf genommen wird". Damit bezog sich der SPD-Fraktionssprecher auf eine Audio-Datei Frömels, die im Internet kursiert und in der dieser eine fiktive Rede im Stadtrat hält. Darin wirft er Bürgermeisterin Liane Sedlmeier vor, sie habe die Drogensucht eines Schulhausmeisters geduldet. Sedlmeier setzt sich dagegen rechtlich zur Wehr (die OZ berichtete).

Nach der Ablehnung von Frömels Antrag in der Stadtratssitzung sprachen sich die drei Fraktionssprecher scharf gegen das Verhalten des AfD-Stadtrats aus. Manfred Ziegler (FW) sagte auch im Namen der Fraktionssprecher von CSU, SPD und Junger Liste: "Uns fehlten nach dem Anhören der unsäglichen Audio-Datei zunächst die Worte. Wir mussten die Inhalte sacken lassen, um uns die Bedeutung dieser Rede wirklich bewusst zu machen."

"Bürgermeisterin hat umgehend und konsequent gehandelt"

Ziegler führte aus, der frühere Hausmeister sei nicht mehr an der Mittelschule tätig. "Das zeigt: Unsere Bürgermeisterin hat in ihrer Funktion als Schulverbandsvorsitzende umgehend und konsequent gehandelt." Frömel trete "alle demokratischen Gepflogenheiten mit den Füßen": Er unterstelle Bürgermeisterin Sedlmeier die vermeintliche Mitwisserschaft, sie habe wider besseres Wissen dem Treiben des Betroffenen zugesehen, nicht gehandelt, sondern geschwiegen. "Ja geht’s denn noch eine Spur dramatischer?", fragte der FW-Fraktionssprecher.

Belege für seine Anschuldigungen habe Christoph Frömel nicht vorgelegt. Ziegler nannte dies "eine gerade von Parteien aus dem äußersten rechten Spektrum gerne praktizierte Taktik – einfach mal laut brüllen und kräftig draufhauen, irgendwas wird schon hängenbleiben."

Ausdrücklich betonte Ziegler, es gelte "null Toleranz gegenüber Drogen". Er und die Stadtratskollegen wollten den Drogenfund – der ausschließlich im privaten Umfeld des Betroffenen und nicht in der Mittelschule erfolgte – nicht schönreden oder die Taten des Betroffenen verteidigen. Auch sei es nicht die Aufgabe der Stadträte, die Arbeit der Bürgermeisterin zu verteidigen oder zu beschönigen, sondern Verwaltung und Bürgermeister zu kontrollieren und, wenn nötig, zu kritisieren. "Jedoch immer mit dem nötigen Respekt und auf dem Boden der Rechtstaatlichkeit", so der FW-Sprecher. Eine Verteidigung habe die Bürgermeisterin in seinen Augen auch nicht nötig: "Das erledigt sie – wie sie im Übrigen in den letzten 13 Jahren als 1. Bürgermeisterin eindrucksvoll bewiesen hat – selbst."

CSU-Fraktionssprecher Rainer Flieger bezeichnete das Vorgehen Frömels als "einmalig und nicht zu dulden". Dies sei "keine Kommunalpolitik, sondern ein Angriff auf die Demokratie und deren Vertreter." Es sei in keiner Weise im Sinne des gesamten übrigen Stadtrates, die Bürgermeisterin im Amt und persönlich auf infame Weise anzugreifen.

Flieger sagte, er wehre sich entschieden gegen Frömels Verständnis von Demokratie und Kollegialität im Stadtrat: "Sie wollen uns als Stadtrat für Ihr plumpes, populistisches Manöver einspannen, indem Sie in Ihrer Audio-Datei doch tatsächlich die Abwahl unserer 1. Bürgermeisterin ’mittels Stadtratsabstimmung beantragen‘. Was geht da wirklich bei Ihnen vor?"

Mit seinen "Anklagen" habe Frömel nicht nur dem gesamten Stadtrat, sondern gerade der Schulfamilie an der Mittelschule einen Bärendienst erwiesen und einen schweren Imageschaden zugefügt, sagte der CSU-Fraktionssprecher und fügte an: "Sie sollten sich schämen." Mit seiner Audio-Datei zeige Frömel sein "wahres Verständnis von Demokratie. Ein kollegiales Miteinander und demokratischer Diskurs – der auch mal heftig, kontrovers und laut sein kann – ist Ihnen offensichtlich fremd und ein Graus."

Aufforderung an Frömel: aus dem Stadtrat zurückzutreten

Weiter führte Rainer Flieger aus: "Hätten Sie tatsächlich die ’Courage‘ und wären Sie tatsächlich der Ehrenmann, der Sie vorgeben zu sein, dann wüssten Sie auch, was Sie tatsächlich zu tun hätten."

Auch SPD-Sprecher Thomas Etschmann übte harsche Kritik: Das Verhalten Frömels markiere den "absoluten Tiefpunkt der politischen Kultur" in beinahe 17 Jahren, die Etschmann dem Stadtrat angehört. Er sei sich mit den Kollegen seiner und der anderen Fraktionen einig, dass es Frömel "an demokratischer Kultur und persönlichem Anstand fehlt. Ihr Verhalten ist niederträchtig und schäbig", sagte Etschmann und nannte dafür drei Gründe.

Der Erste: An dem Drogenfund gebe es nichts zu beschönigen, doch Frömel blähe diesen "durch Falschbehauptungen und Spekulationen auf, um daraus billiges politisches Kapital zu schlagen." Zweitens müsse der Betroffene die gravierenden Konsequenzen seines Fehlverhaltens bereits tragen. Dafür habe Bürgermeisterin Sedlmeier "konsequent und schnell gesorgt." Mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes und seines Rufs sei der Mann gestraft genug. Doch Frömel wolle sich daraus einen parteipolitischen Vorteil sichern.

Als dritten Grund nannte Etschmann die Rhetorik der Rede Frömels in der Audio-Datei. Mit seinem mehrfachen "Ich klage an" beziehe er sich auf die Rede "J’accuse" von Émile Zola, die dieser mutig öffentlich gegen Antisemitismus und Machtmissbrauch gehalten habe. "Geht’s noch ein Stückerl melodramatischer und historisch schiefer?", wandte sich Etschmann an Frömel.

Mit dem Einzug der AfD in den Osterhofener Stadtrat nach der Kommunalwahl 2020 hatte Etschmann auf ein kollegiales Miteinander gehofft, um über die Parteigrenzen und politische Anschauungen hinweg die Stadt gemeinsam nach vorn zu bringen. Doch er habe sich geirrt, meinte der SPD-Sprecher. Abschließend forderte er Stadtrat Frömel auf, die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten.

Dem kam Christoph Frömel nicht nach. Er äußerte sich aber auch nicht im öffentlichen Sitzungsteil auf die Reden der drei Fraktionssprecher.

− gs