Osterhofen
Brennpunkte sind Wisselsing und Arbing

Infoabend zum Überschwemmungsgebiet des Herzogbachs – Rege Diskussion über Baurecht und Abflüsse

06.08.2020 | Stand 18.09.2023, 4:45 Uhr

Wie wird das Überschwemmungsgebiet am Herzogbach ermittelt, was sind die rechtlichen Konsequenzen? Darüber informierten Heidi Bischoff (Landratsamt, v.r.), Moritz Wulff (Wasserwirtschaftsamt), Ulrike Bauer (Landratsamt), Bürgermeisterin Liane Sedlmeier und Bauamtsleiter Christian Moosbauer . −Fotos: gs

Nach Donau und Vils wird auch am Herzogbach in und um Osterhofen (Lkr. Deggendorf) das Überschwemmungsgebiet ermittelt und vorläufig gesichert. Wie dies erfolgt und welche rechtlichen Grundlagen sich daraus ergeben, erläuterten Moritz Wulff, Abteilungsleiter am Wasserwirtschaftsamt, Ulrike Bauer, Abteilung Wasserrecht, Naturschutz und Bodenschutz am Landratsamt, sowie die Juristin des Landkreises, Heidi Bischoff in einem Infoabend am Mittwoch in der Stadthalle. In der gut besuchten Veranstaltung wurde rege diskutiert, wobei sich vor allem Wisselsing und Arbing als Brennpunkte herausstellten. Auch die neu gebildete Interessengemeinschaft "Gleicher Hochwasserschutz für alle" war mit zahlreichen Mitgliedern vertreten.

Grundsätzlich gilt: Gebäude, die beispielsweise in Wisselsing oder Ruckasing mit einer Ecke an ein Gewässer grenzen, sind in den Karten des Überschwemmungsgebiets rot markiert. Für sie gilt eine Einzelfall-Prüfung, erläuterte Ulrike Bauer. Anton Mandl und Hans Peter nannten Fälle, in denen die Gebäude markiert sind, aber nicht überflutet werden können. Wie können sie von der Prüfpflicht ausgenommen werden?

Bauamtsleiter Christian Moosbauer schlug eine "pragmatische Lösung wie im Visltal" vor: Dort hatte man Einzelobjekte noch vor Festsetzung des Überschwemmungsgebiets vor Ort besichtigt und, falls möglich, das Kartenmaterial überarbeitet. So könne man teure und aufwändige Überprüfungen von Heizungsanlage etc in den Fällen vermeiden, die nicht überflutet werden.

Vor allem in Wisselsing hat das Überschwemmungsgebiet Auswirkungen auf die Bautätigkeit: Auch hier müsse man die Bauweise anpassen, höher bauen oder eventuell ein Opfergeschoss einplanen, führte Juristin Heidi Bischoff aus.

Geklärt werden konnte das Baurecht für Baugrundstücke, die noch unbebaut sind und nun im Überschwemmungsgebiet liegen. Für sie wurden bereits vor Jahren die Erschließungsgebühren gezahlt. Heidi Bischoff konnte den Besitzern ihre Sorge nehmen: Innerorts bleibt das Baurecht bestehen, erläuterte sie, jedoch müsse man prüfen, ob Hochwasser-angepasst gebaut werden müsse. Außerorts allerdings habe das Überschwemmungsgebiet Vorrang. Im Einzelfall könne man sich ans Bauamt der Stadt Osterhofen wenden, sagte Bauamtsleiter Moosbauer.

Noch ungeklärt ist, wie es sich mit bestehenden Mistlagerstätten verhält: Neue Lagerstätten müssen laut neuer Gesetzgebung Hochwasser-sicher ausgeführt werden. Ulrike Bauer vom Landratsamt will abklären, ob auch der Bestand überprüft werden muss: Der sei im Gesetz nicht eigens aufgeführt. Im Gegensatz zu Heizölanlagen: Hier sei klar geregelt, dass auch bestehende Anlagen überprüft und falls nötig gesichert werden müssen.

Nach den Karten des Überschwemmungsgebiets wird das Regenrückhaltebecken in Wisselsing im Falle eines 100-jährlichen Hochwassers mit elf Kubikmeter überspült. Beim Hochwasser 2013 war das Becken aber nur zu zwei Drittel gefüllt: Wird die Überschwemmung für Wisselsing in den Karten zu hoch bemessen, wollte Stadtrat Anton Mandl wissen. Dies ist laut Moritz Wulff vom Wasserwirtschaftsamt nicht der Fall: 2013 führte zwar die Donau ein 100-jährliches Hochwasser, für den Herzogbach war dies aber nicht der Fall. Zudem ist das Rückhaltebecken auf ein HQ30 ausgelegt, für alle höheren Hochwasser spiele es keine Rolle, weil es ohnehin schon vollgelaufen sei und einfach überspült werde.

Ähnlich ist laut Wulff die Situation an der Alten Donau und am Herzogbachableiter bei Arbing: Dort werde seit Jahren nicht geräumt, die Gräben seien voll verschlammt und stinken, so dass die Fische sterben, monierten mehrere Zuhörer: Der Abfluss ist total blockiert, der Bach sei nur ein Rinnsal – und das auch nur, weil das Siel bei Ottach geschlossen ist.

Der Schlamm sei für die Gewässergüte schlecht, gab Moritz Wulff zu. Doch im Hochwasserfall habe der Graben keine Bedeutung, beteuerte er mehrmals: Er biete keinen Retentionsraum und werde einfach überspült. Dennoch werde er überprüfen, wie dies in die Berechnung eingeflossen sei.

Zudem sei der Schlamm voller Schwermetalle und müsste teuer als Sondermüll entsorgt werden. "Aber bei uns darf er liegen", kritisierte Herbert Jakob, ein Sprecher der IG "Gleicher Hochwasserschutz für alle" verärgert. Auch Wasserberater Alois Dorfmeister sah sich durch diese Aussage von Wulff in der Bredouille, versucht er doch die Landwirte dazuzubringen, Uferstreifen freizuhalten, um Nitrateinträge ins Gewässer zu vermeiden. Er regte einen gemeinsamen Ortstermin von Wasserwirtschaftsamt und Landwirten in Arbing an.

Sind ein 100-jährliches Donauhochwasser und künftige Schutzmaßnahmen im Überschwemmungsgebiet des Herzogbachs berücksichtigt, erkundigte sich IG-Sprecherin Andrea Scheday. Nein, denn die Karten für das Überschwemmungsgebiet bilden "das Hier und Jetzt" ab und geben keinen Ausblick in die Zukunft, erläuterte Moritz Wulff.

Zudem gebe das Landesamt für Umwelt (LfU) realistische Szenarien vor, so dass ein HQ100 des Herzogbachs bei einem HQ30 der Donau berechnet werde. Denn bei den beiden Gewässern führen unterschiedliche Ereignisse zu Hochwasser, führte Heidi Bischoff aus: Während der Herzogbach schon nach einem Starkregen über Nacht Hochwasser führen kann, baue sich das Hochwasser an der Donau über Tage hinweg langsam auf.

Hochwasserstände werden nun mit einem instationären Berechnungsmodell ermittelt, nicht wie früher mit einem statischen: "Das ist deutlich realistischer", weiß Moritz Wulff. Und dies führe beispielsweise im Fall Seewiesen dazu, dass Teilflächen aus dem Überschwemmungsgebiet wieder herausgenommen werden. Für die Stadt bedeutet dies allerdings auch: Sie muss ihre Planungen für den Hochwasserschutz in den Seewiesen komplett überarbeiten. Die Kosten für die Umsetzung seien eingeplant, doch die Neuberechnung werfe die Stadt in der Planung um Jahre zurück, erläuterte Bürgermeisterin Liane Sedlmeier.

− gs