Im „Schweinsgalopp“, wie Quintana-Leiter Dr. Roman Weindl sagte, ist es vergangene Woche bei „Museum & Café“ durch das Mittelalter gegangen. Im Rahmen der beliebten Reihe im Künzinger Museum Quintana gab Weindl den Besuchern einen Überblick, wie es in Künzing in der Zeit zwischen 500 und 1500 n.Chr. aussah und welche Menschen dort lebten.
Der kleinste Teil der Gesamtausstellung im Museum Quintana behandelt das Mittelalter, erklärte der Museumsleiter den Gästen zu Beginn. „Das Mittelalter ist ein weites Feld“ – und es sei während des 19. Jahrhunderts „romantisch stark verklärt“ worden, sagte Weindl, der auch auf die zahlreichen Mittelaltermärkte verwies, die heutzutage überall stattfinden. Ein ganz schwieriger Begriff sei das Mittelalter – er beschreibe grundsätzlich die Zeit, die zwischen der Antike und der Moderne liegt. Nicht überall habe das Mittelalter aber zur gleichen Zeit begonnen. „Die Leute haben nicht gemerkt: ‚Bing! Jetzt ist Mittelalter!‘“
Ganz verschwunden waren die Römer nicht
Mit Beginn des Mittelalters habe das Militär an Wichtigkeit verloren – aber: „Die Kirche wird wichtiger.“ Erst einmal hätten die Ostgoten den Hut aufgehabt, wie Weindl sagte, es habe aber auch eigenständige Kirchenprovinzen gegeben. In Künzing sei eine Holzkirche nachgewiesen, der heilige Severin war mindestens drei Mal hier zu Besuch. Ganz verschwunden waren die Römer allerdings nicht − letzte Römer, genannt Romanen, vermischten sich mit Zuwanderern und wurden zu Bajuwaren. Im 18. Jahrhundert hätten sich Forscher vor allem daran orientiert, wo welcher Stamm zugegen war. „Davon ist man aber weg in der Archäologie“, erklärte Weindl. Denn: Ganz klar abgetrennte Kulturräume habe es damals nicht gegeben. „Die Bajuwaren sind nicht die Bayern von heute.“
Keineswegs sei das Mittelalter eine „finstere Zeit“ gewesen, räumte der Museumsleiter mit diesem Vorurteil auf. „Die Leute hier sind nicht primitiv gewesen und hausten nicht in den zusammengestürzten Häusern der Römer.“ Allerdings sei nicht für alles das nötige Know-how da gewesen, die Menschen hätten eine bestimmte wirtschaftliche Krise erlebt. „Wir sind hier sicher nicht am Nabel der Welt“, meinte Dr. Roman Weindl. Das Leben der Menschen veränderte sich: „Keramik wurde wieder lokal hergestellt“ – aber nicht mehr auf einer Drehscheibe wie bei den Römern. Vorher habe römische Massenware den Markt überschwemmt, berichtete der Museumsleiter. Nun aber gab es keinen Zugang mehr zu diesem Handelsnetz.
Weindl: Aus Künzinger Gräbern wurde fast alles geklaut
Riesige Friedhöfe der Bajuwaren seien nachgewiesen – in Künzing habe es solche Friedhöfe auch gegeben, allerdings nicht in derselben Größe wie beispielsweise in Straubing. Hier habe sich ein relativ großes Gräberfeld gefunden – aber nur wenige Grabbeigaben, wie Fibeln und Gürtelbeschläge, oder hier und da Waffen. Weindl zeigte dazu Beispiele in der Ausstellung des Museums Quintana. Fast alle Künzinger Gräber seien beraubt, wobei man generell mit dem Begriff „Grabraub“ vorsichtig sein müsse. „Man weiß nicht, wieso die Gräber geöffnet wurden.“ Möglich sei auch, dass manche Gräber keine Beigaben hatten. „Hier in Künzing wurde aber fast alles geklaut.“
In Osterhofen gab es außerdem eine Herzögliche, später eine Königliche Pfalz – diese Pfalz sei wichtig für die Weiterentwicklung von Künzing gewesen. Künzing befand sich im sogenannten „Quinzengau“, der Name leite sich vom Bach Quintanis, heute bekannt als Angerbach, ab.
Eine immer größere Rolle spielten zur damaligen Zeit auch die Klöster – wie das nahegelegene Kloster Niederaltaich. Die Frankenkönige hätten die Klöster für die Kolonisierung benutzt, erklärte Weindl. Als eine „Villa“ wurde der Ort ab 1004 erwähnt. Zerstört wurde Künzing im Jahr 1226 – die Grafen von Bogen „zofften“ sich damals mit den Grafen von Ortenburg, so der Museumsleiter. Es sei eine neue Kirche, eine große romanische Pfeilerbasilika, aufgebaut worden. Vollendet worden sei sie allerdings nicht, dennoch seien Fragmente weiterhin in der heutigen Kirche enthalten. Und: „Ab dem Zeitpunkt gibt es in Künzing einen Pfarrer.“
Die neuen Adeligen waren Leibeigene von Bischöfen
Nachgewiesen sei außerdem ein Isengrimm von Girching und mit ihm eine Burg. Wahrscheinlich eine Wasserburg, die allerdings nicht aus Stein bestanden habe – viel übrig sei davon auch nicht. Diese neuen Adeligen seien eigentlich Leibeigene von Bischöfen gewesen, die für diese Ämter verwaltet hätten.
Vilshofen und Osterhofen werden indes Landgerichte – „Künzing bleibt klein“, berichtete Dr. Roman Weindl. Es sei quasi zwischen den Landgerichten „eingezwickt“ gewesen. Die Bogener sterben schließlich aus − „die Wittelsbacher klauen, was übrig bleibt“. Vom 13. Jahrhundert bis 1803 – also bis zur Säkularisation – habe sich an den Besitzverhältnissen nichts geändert.
Zu den Kommentaren