Festspiele Europäische Wochen
Pilsner Philharmonie mit Smetanas „Vaterland“ in Niederalteich

29.07.2024 | Stand 01.08.2024, 14:47 Uhr |
Philipp Heidepeter

Mit vollem Körpereinsatz: Chuhei Iwasaki dirigiert die Philharmonie Pilsen in der Basilika Niederalteich. − Foto: Heidepeter

Wer eine Cartoonschablone für einen Dirigenten braucht, nehme sich Chuhei Iwasaki zum Vorbild: Beim Konzert der Philharmonie Pilsen, das im Rahmen der Europäischen Wochen in der voll besetzten Basilika Niederalteich stattfand, zieht der Japaner mit seinem Dirigat alle Blicke auf sich.

Er hüpft und schrumpft, ballt Fäuste, zieht, schiebt und kitzelt das Orchester mit jeder Faser seines Körpers. Das Klischee, dass klassische Musik verstaubt und abgehoben sei, hat bei ihm nicht den Hauch einer Chance, und schnell wird klar, warum er ohne Partitur dirigiert – ein Notenständer hätte auf dem schmalen Podest wohl nicht lange überlebt.

Der Aufführung von Smetanas Zyklus „Mein Vaterland“ anlässlich des 200. Geburtstags des Komponisten tut das gut: Die feurige Energie des Dirigenten überträgt sich auf das Orchester, das den geballten tschechischen Nationalstolz der Komposition in den Kirchenraum wuchtet – etwa im ersten Satz, der erhaben und stolz die Prager Burg Vyšehrad würdigt, beim Gemetzel des dritten Satzes, in dem sich die Königin Šárka an der Männerwelt rächt, oder auch bei der Hommage an die böhmische Landschaft im vierten Satz, der auch liebliche Töne anschlägt.

Überhaupt gelingen die Stimmungswechsel hervorragend: Im berühmten zweiten Satz gluckern die Moldauquellen und tanzen die Bauern, bevor später die Stromschnellen fetzen, und der vorletzte Satz („Tábor“) changiert zwischen hymnischer Schwere und Heiterkeit, die aber durch die dunklen Klangfarben getrübt bleibt. Gewollt roh klingt hier das Ostinato der Streicher, die den Bogen auf ihre Instrumente klatschen lassen.

Der letzte Satz ist schließlich dem Berg Blaník gewidmet – dort schlummert der Legende nach der Heilige Wenzel mit seinem Heer und wartet darauf, Tschechien im Notfall zu retten. So tief sein Schlaf auch sein mag: Die Klänge der Pilsner Philharmonie unter Chuhei Iwasaki kriegen ihn schon wach.

Philipp Heidepeter

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