Die Berliner Bogenschützen Michelle Kroppen und Florian Unruh gewinnen im Mixed-Wettbewerb der Olympischen Spiele Silber. Es ist der erste Podestplatz für den Deutschen Schützenbund in Paris – und auch eine Medaille für Niederbayern. Denn keinen geringen Anteil am Erfolg hat auch Bundestrainer Oliver Haidn aus Deggendorf.
Michelle Kroppen und Florian Unruh hielten sich fest an den Händen, als sie das Siegerpodest bestiegen. Die Berlinerin Kroppen streichelte zärtlich ihre Silbermedaille. Mit Nervenstärke, einer guten Mahlzeit und vielen „Silberpfeilen“ hatten sich die Bogenschützen im Mixed ihren Traum von einer Olympia-Medaille in Paris erfüllt.
„Es sind schon ein paar Tränen geflossen“, sagte Kroppen, die das 0:6 im einseitigen Finale gegen die Weltmeister Lim Sihyeon und Kim Woojin aus Südkorea schnell abhakte und sich lieber über die Medaille freute: „Dieses schwere Ding am Hals hängen zu haben, da ist man einfach sprachlos.“
Haidn ist auch Lehrer in Deggendorf
„Wir haben ja noch zwei weitere Chancen!“, sagte Bundestrainer Oliver Haidn: „Wir werden deswegen heute nicht groß feiern.“ Mit seinen Athleten habe er einen entspannten Tag verlebt – so entspannt, wie ein Tag mit einem olympischen Finale eben sein kann. „Mit Florian habe ich ein bisschen rumgechillt, ein bisschen über Gott und die Welt gesprochen“, sagte der Coach, der neben seiner Tätigkeit als Bundestrainer auch als Lehrer am Robert-Koch-Gymnasium tätig ist. Seine Sportler waren nach dem Auftaktsieg erst mal in Ruhe in einem Restaurant in Paris Mittagessen: Sie Pasta, er Lasagne und eine halbe Pizza.
Für den 31-jährigen Unruh ist es die erste Olympia-Medaille. Kroppen hatte 2021 in Tokio Bronze mit der Mannschaft gewonnen, Teil des Teams war damals Unruhs Ehefrau Lisa. Die 36-Jährige hat ihre Karriere im Nationalteam inzwischen beendet – freute sich aber riesig mit: „Ich bin so unfassbar stolz auf die beiden! Sie haben so entschlossen geschossen, einfach nur der Hammer.“
Äußerst konstant
Das DSB-Duo hatte auf dem Weg ins Finale äußerst konstant geschossen und sich das Weiterkommen verdient. Nach dem Auftaktsieg gegen Kolumbien (5:4) setzten sich Kroppen und Unruh gegen das stark besetzte Team aus Mexiko (5:1) sowie die späteren Bronzegewinner aus den USA (5:3) durch. Schon nach dem Einzug ins Finale wurde gejubelt, Bundestrainer Haidn riss die Arme in die Höhe.
Im Finale erwischten Kroppen/Unruh einen Fehlstart, in den ersten beiden Sätzen blieben beide ohne 10 – zu wenig für ein Duell auf höchstem Niveau.
„Natürlich ist es immer das erklärte Ziel, eine Medaille zu gewinnen. Das haben wir in Rio gemacht, in Tokio und jetzt hier. Wir sind hier, um erfolgreich zu sein. Bei der EM 2022 gab es fünf Medaillen, zwei Medaillen bei der WM 2023, drei bei der EM 2024 und jetzt hier wieder – das ist großartig für den Bogensport in Deutschland. Wir sind eine starke, erfolgreiche Nation geworden, und es muss unser Anspruch sein, weiter in der Weltspitze zu sein“, sagte Haidn.
Medaille als Erlösung für Verband
Für den Verband ist die erste Podestplatzierung in Paris eine Erlösung. Die Pistolen-, Gewehr- und Flintenschützen waren bislang hinter den Erwartungen geblieben, hoch gehandelte Starter wie Sportpistolen-Weltmeisterin Doreen Vennekamp scheiterten in der Qualifikation. Mit dem Bogen war das favorisierte Frauen-Team um Kroppen als amtierender Weltmeister nicht über das Viertelfinale hinausgekommen.
Die Enttäuschung war groß, ein Podestplatz das erklärte Ziel gewesen. Kroppen, die ihren Platz im Mixed durch die beste Qualifikations-Leistung der drei deutschen Paris-Schützinnen errungen hatte, schüttelte den Frust schnell ab. Im Einzel zog sie am vergangenen Dienstag ins Achtelfinale ein, trifft dort am Samstag auf Deepika Kumari aus Indien. Unruh gab sich keine Blöße, zog souverän in die Runde der letzten 16 ein und trifft am Sonntag auf den Briten Tom Hall.
Die gute Form hielten Kroppen/Unruh im Mixed – und lagen sich am Ende in den Armen.
Haidn bedankt sich beim Team
Abschließend bedankte sich Haidn bei diversen Leuten und gab Einblicke in seine Gefühlslage: „Sich hier in das Goldfinale zu schießen, ist ganz wunderbar und freut mich für die Beiden, da sie ihr Potenzial abrufen konnten. Und natürlich freue mich auch für den Verband, die Fans und alle, die uns unterstützt haben auf diesem Weg. Ich muss auch Sportdirektor Thomas Abel und Cheftrainer Michel Gomez-Krämer erwähnen. Wir waren ein kleines Team mit Grit (Reimann) und Reinhard (Kisselbach, beide Co-Trainer, Anm. d. Red.), aber mit blindem Vertrauen. Es war nicht klar, dass wir das stemmen können, die Arbeit hat sich gelohnt und man hat einiges richtig gemacht. Gerade in diesem Jahr sind wir zu einer tollen Mannschaft zusammengewachsen. Jeder hat nochmals etwas draufgepackt, sowohl bei den Betreuern als auch den Athleten – es waren zum Teil sehr harte Monate.“
− sid/red
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