Deggendorf
Festakt: Tanz und Gesang für 50 plus 1 Jahre Lebenshilfe

23.09.2022 | Stand 23.09.2022, 19:00 Uhr

"St. Notker ist ne super coole Schule" heißt es im St.-Notker-Song, mit dem der Schülerchor begeisterte. Die Band "die Voglwuidn" (l. ) hatte Lieder von Wolfgang Ambros und Hubert von Goisern dabei. −Fotos: Katrin Schreiber

Nein, ein falscher Fuffz’ger ist das nicht, versichert Wolfgang Geier, seit zehn Jahren Vorsitzender der Deggendorfer Lebenshilfe: Dass der Verein seinen 50. Geburtstag mit einem Jahr Verspätung feiert, ist schlicht und einfach der Pandemie-Pause geschuldet. "Aber wir fühlen uns immer noch jung und dynamisch und wollen die Menschen weiter gut begleiten", erklärte Geier beim Festakt am Freitagvmormittag in der Deggendorfer Stadthalle 1.

Der Vorsitzende gab vor den Ehrengästen – unter anderen die Pfarrer Franz Reitinger und Bernhard Schröder, Gleichstellungsbeauftragte Heidi Koschollek aus dem Plattlinger Stadtrat, Vertreter von Gesundheits-Einrichtungen, Banken, Gerichten, Betreuungsverein, Schulen, Lebenshilfe-Vereinen aus der Region, Vorstand, Eltern-, Heim- und Werkstatt-Beirat, Geschäftsführer Volker Kuppler und weitere Mitarbeiter sowie Unterstützer aus Handwerk, Industrie und Vereinen – einen Rückblick auf die Entstehung der Deggendorfer Lebenshilfe im Jahr 1971. Seitdem habe sich die Stellung der Menschen mit Behinderung stark gewandelt, sie seien vollwertige Mitglieder der Gesellschaft und können in den inzwischen 22 Einrichtungen der Deggendorfer Lebenshilfe – Frühförderung, Schulen, Wohnheime, Werkstätten, Werkstattladen und Offene Behindertenarbeit – ihr Leben finden und sich entfalten. Eine Entwicklung, an der das Personal und die anvertrauten Menschen der Lebenshilfe den größten Anteil haben, so Geier weiter.

Im Zuge des Festakts ehrte der Vorsitzende alle, die seit 50 Jahren treue Mitglieder der Lebenshilfe Deggendorf sind. Geehrte aus dem Jahr 2021 sind Antonie Bruckner, Rita Eiglmeier, Helma Endl, Anna Englmeier, Helga Finkl, Annemarie Fried, Ernst Rothmeier und Dr. Fritz Scholz. Alt-OB und Ehrenmitglied Dieter Görlitz bekam sein Geschenk persönlich überreicht. Dabei dankte er den Verantwortlichen dafür, dass die Lebenshilfe in den vergangenen 50 Jahren so wachsen durfte. Auch Richard Maceiczyk, der als jahrzehntelanger Vorsitzender und Geschäftsführer intern den Titel "Mr. Lebenshilfe" trägt, wurde für 50 plus 1 Jahre geehrt. "Wir waren gerade frisch nach Metten gezogen", erzählte er. "Dieter Görlitz hat zu mir gesagt, er brauche einen Vorsitzenden. Er hat versprochen: ,Du hast dann gar nichts damit zu tun.‘" Von wegen. Er freue sich aber, so Maceiczyk, dass aus dem damals kleinen Pflänzchen so viel geworden ist. "Das ist das Werk von vielen, die mich unterstützt haben."

Auch Edeltraud Pfaffinger ist seit 50 plus 1 Jahren dabei und ist heute Ehrenmitglied. In ihren Dank für die Ehrung band sie die Bitte ein, doch auch Urlaubsreisen für Menschen mit Handicap möglich zu machen. Ebenfalls ein Mitglied der ersten Stunde ist der Markt Hengersberg, für den dritter Bürgermeister und Lebenshilfe-Schriftführer Ewald Straßer den Dank entgegennahm.

Jubilare aus dem Jahr 2022 sind der verstorbene Dr. Helmut Bösl, für den Ehefrau und Tochter die Ehrung entgegennahmen, Sieglinde Bräu, Erwin Feldmeier, Christoph Gramsch, Monika Kapfhammer-Stuka, Anneliese Karmann, Paul Ruh, Elisabeth Ruhland und Dr. Lothar Weidenbeck.

Die Landesvorsitzende der Lebenshilfe, Barbara Stamm, kam erst später und schwer angeschlagen zur Feier. Sie war zuvor gestürzt und konnte sich nur schlecht auf den Beinen halten. Dennoch war es ihr ein Herzensanliegen, sich mit Grüßen aus dem Landesvorstand an die Deggendorfer zu wenden. Sie appellierte, die Wertschätzung für die Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren. Ihre klare Forderung an die Politik in Bezirk, Land und Bund: Man möge weiter und noch stärker dem Verfassungsauftrag, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, gerecht werden und Politik für die Menschen und mit den Menschen machen.

"Danke dafür, dass Sie alle die Verantwortung übernehmen", richtete sich auch Landrat Bernd Sibler in seinem Grußwort an die Lebenshilfe. "Die Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, blühen in diesen Einrichtungen auf und finden ihr Leben", so Sibler, der direkt aus der Kreistags-Sitzung (siehe Seite 19 und 23) in die Stadthalle gekommen war.

Genauso wie OB Christian Moser, der sich aus dem Kreistag allerdings etwas früher davongestohlen hatte: "Teilhabe für alle ist das Wichtigste in unserer Gesellschaft", erklärte er in seinem Grußwort. Vor 50 Jahren habe man wohl nicht gewusst , welches Korn man da in die Erde gesteckt habe und was für eine große Pflanze daraus werden sollte. "Und wir sind noch nicht am Ende. Die Aufgaben gehen weiter." Der Deggendorfer Lebenshilfe sagte der Oberbürgermeister einen Scheck über eine vierstellige Summe aus dem Erlös des abendlichen Stadtlaufs Nightrun vor zwei Wochen zu.

Dr. Thomas Pröckl, Vizepräsident des niederbayerischen Bezirkstags , sprach davon, wie groß die Herausforderung ist, mit einer Behinderung zu leben. Die Lebenshilfe gebe den Menschen die Chance auf Normalität im Leben. Vor allem den Ehrenamtlichen dankte Pröckl für "ein Miteinander auf Augenhöhe, um füreinander da zu sein".

Vor den abschließenden Worten der besonderen Menschen aus der Lebenshilfe kam Moderator und Innovationsphilosoph Dr. Markus Reimer zu Wort, der ein "Kamingespräch" mit Elisabeth Weinhuber und Ramona Höpfl führte. Erstere hat 1976 ihre sozialpädagogische Ausbildung in den Deggendorfer Werkstätten begonnen und viele Jahre bei der Lebenshilfe gearbeitet. Zweitere, gelernte Erzieherin, hatte in der Frühförderung die erste Berührung, wo ihre frühgeborenen Zwillinge den richtigen Platz gefunden haben: "Nachdem wir im Regel-Kindergarten gescheitert waren, haben wir schnell gewusst: Wir gehören zur Lebenshilfe." So wie Elisabeth Weinhuber, der nach ihrem Berufsstart schnell klar war: "Da bin ich richtig."

Die Menschen aus der Lebenshilfe haben der Feier in der Stadthalle kulturell einen fröhlichen Rahmen gegeben: Die Band "de Voglwuidn" aus der Werkstätte Regen spielte Lieder von Ambros und Goisern, der Chor der St.-Notker-Schule sang den St.-Notker-Song und "Happy Birthday" und die Hip-Hop-Tänzer der Deggendorfer Werkstätten durften sogar erst nach einer Zugabe wieder von der Bühne.

− kw