Hengersberg
Auf weitere 75 Jahre KJR

08.05.2022 | Stand 19.09.2023, 2:33 Uhr

Jeweils individuell gestaltete Fotocollagen zur Erinnerung überreichten die KJR-Vorsitzenden Christina Abel (2.v.l) und Stefan Bart (3.v.l.) mit KJR-Geschäftsführerin Stefanie Johann (r.) an Christian Bernreiter (l.), Bernd Sibler (3.v.r.) und Martin Hohenberger (2.v.r.). −Foto: Apfelbeck

Viele prominente Gäste sind zum Galaabend des KJR in den Festsaal des Niederalteicher Hofs gekommen, um dem Kreisjugendring zu seinem 75-jährigen Bestehen zu gratulieren, mit dem Wunsch "auf weitere 75 Jahre". In einem bebilderten Rückblick erinnerte Vorsitzende Christina Abel an die Anfänge seit 1947 und spannte den Bogen bis in die Gegenwart. Durch den Abend führte Gaston Florin, der die Gäste in den Grußwort-Pausen mit Zauberkünsten verblüffte. Für musikalische Unterhaltung sorgte das Duo "Music Lounge".

Bürgermeister Christian Mayer kommt selbst aus der Jugendarbeit, war zehn Jahre bei den Pfadfindern. Damals habe man in Hengersberg noch nichts vom Kreisjugendring gewusst, sagte er in seinem Grußwort. Das änderte sich, als sie "über den Ort hinausblickten". Mayer geht davon aus, dass er ohne seine Aktivität in der Jugendarbeit nicht Bürgermeister geworden wäre: "Wer die Jugend im Griff hat, kann auch Bürgermeister werden". Als er 2003 zum Bürgermeister gewählt wurde, war Christian Schauer KJR-Vorsitzender.

Den Verlust des Zeltplatzes mit Lagerfeuerromantik in Schöllnach bedauert Mayer. In seinem Pfadfinderleben sei er am Lagerfeuer groß geworden, erzählte er. Nur Gitarre spielen konnte er nicht, gab er zu. Es werde derzeit über einen neuen Zeltplatz eventuell in Hengersberg spekuliert – doch dazu konnte der Bürgermeister sich nicht äußern.

Vize-Landrat Roman Fischer, ein Mann, der aus dem Stegreif redet, stellte fest, dass die Jugendarbeit im Landkreis spitze sei. Besonders hob er die Zusammenarbeit zur Migration von Flüchtlingen hervor. Kreis-Jugendbeauftrager Paul Linsmaier, so Fischer, sei zudem noch nah an der Jugend.

Eine besondere Verbindung hat MdL Bernd Sibler zum Kreisjugendring, war vor 20 Jahren selbst dessen Vorsitzender. Seit der Gründung vor 75 Jahren sei viel auf die Beine gestellt worden. Heute sei er wichtiger denn je, um die jungen Leute weg vom Computer zu locken oder aus der Einsamkeit zu holen. Sibler hob das Wirken von Pater Markus Haering hervor, der seinerzeit als stellvertretender KJR-Vorsitzender an der Ausarbeitung des Generationsvertrags mitwirkte, in dem es um die Finanzierung der Jugendarbeit ging. Das Geld sei hier gut angelegt, wie er meinte. Was seit 1947 aus der Demokratiepolitik gelernt worden sei, habe man mit der gemeinschaftlichen Erziehung 75 Jahre durchgehalten.

In einem kurzen Theaterstück wurde die Jugendarbeit vorgestellt: Christina Brandl und Dominc Maul lasen und mimten Szenen aus einem fiktiven Tagebuch einer Jugendlichen, die als Kind bei den Aktionen des Kreisjugendrings mitgemacht habe und dann als Betreuerin einstieg.

Für ihr Wirken und die Verdienste um den KJR bedankte sich Vorsitzende Abel beim ehemaligen Landrat, Minister Christian Bernreiter, beim ehemaligen Geschäftsführer Martin Hohenberger und bei MdL Bernd Sibler mit Bildercollagen.

Als weitere Ehrengäste waren zum Galaabend auch MdB Thomas Erndl und dessen Vorgänger Barthl Kalb, Bezirksrätin Margret Tuchen sowie JuwE-Preisträger und Preisträger "Partner der Jugend" begrüßt worden.

Es sind fast genau 75 Jahre dass am 18. April 1947 der Bayerische Jugendring gegründet wurde. Aus dieser Zeit liegt bereits Schriftverkehr des Kreisjugendrings mit der Stadt Deggendorf vor. Als Besatzungsmacht hatte sich die Amerikanische Militärregierung noch ein Mitspracherecht in der Jugendarbeit eingeräumt, denn "der Zweck der Jugendgruppe durfte kein politischer sein und die Führungskraft musste von unten her gewählt werden", so die Begründung. Man brauchte zur Gründung daher eine Lizenz. Die German Youth Activity veranstaltete mit dem Motor-Sport-Club 1949 ein "Seifenkistenrennen". Mit dabei war Manfred Eiberweiser sen., der später auch Kreisjugendring-Vorsitzender wurde.

Nach der Auflösung der German Youth Acitivity (GYA) 1951 fehlte ein hauptamtlicher Jugendpfleger. Die genauen Vorstellungen für einen Jugendpfleger waren: er sollte ein geduldiger Idealist sein, keinen Jugendverband bevorzugen und nur unterstützend beraten. Im Jahr 1969 wurde Gerhard Schneider erster Jugendpfleger. In Jugendwochenenden wurde zu Singabenden und Volkstänzen eingeladen. Auch sportliche Aktivitäten wurden bis Ende der 1970er Jahre gepflegt.

Im Frühjahr 1955 wurde in einem ehemaligen Pionierschuppen auf dem Kohlberg die Jugendherberge eröffnet. Um die Jugendlichen kümmerte sich die Anna Furtner als Herbergsmutter. Gäste aus aller Welt haben sich in einem Gästebuch verewigt. 15 Jahre später musste die Jugendherberge aus "Altersgründen" abgerissen werden. 1980 entstand in Greising die "Jugendbegegnungsstätte", die 2002 geschlossen werden musste. 2017 wurde das "Haus der Jugend" im Lunapark in Plattling eröffnet.

Erste Auslandsreisen galten der Pflege von Soldatenfriedhöfen. Im Zuge des Internationalen Jugendaustausches kamen 1969 Israelis einer höheren Schule aus Tel Aviv und Eilat nach Deggendorf. Einen Gegenbesuch mit Jugendlichen unternahm Gerhard Schneider im Oktober 1973. Hier erlebte die 16-köpfige Reisegruppe einen Kriegsausbruch, hörte bei einem Ausflug plötzlich die Meldung "Krieg mit Ägypten, Krieg mit Syrien". Das Straßenbild habe sich schnell gewandelt: Statt feiernder Menschen Aufmärsche von Soldaten.

Nach der Wende wurden die Fahrten in die Ostblockländer ausgeweitet. Die erste führte mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Swerdlowsk im Süd-Ural. Dort erlebten die Jugendlichen einen Putsch, zurück ging es per Flugzeug

Im September 1979 übergab der Jugendwohlfahrtausschuss die Betreuung der Jugendlichen an den KJR. Der Jugendpfleger, dessen Büro sich bis dahin im Landratsamt befand, erhielt ein eigenes Büro, im Jugendcenter in der Bahnhofstraße. In einem Grundlagenvertrag, hier war Deggendorf federführend in Bayern, wurde geregelt, dass der KJR die Jugendpflege, der Landkreis die finanzielle Unterstützung übernehme.

Zur Würdigung ehrenamtlicher Jugendarbeit wurde 2000 der JuwE-Preis eingeführt, ein Jahr später starteten die Spieletage ihre Erfolgsgeschichte und seit 2003 gibt es den Jugendleiterempfang. Beim Jahrhunderthochwasser 2013 übernahm der KJR das Spendenlager im Parkhaus an der Ackerloh. Eine Fortsetzung der Aktion "3 Tage Zeit für Helden" gab es 2016.