Ebay-Betrug
Reichenhaller AfD-Politiker erneut vor Gericht: 170 Euro kassiert, aber Münzen nicht geliefert

23.05.2024 | Stand 23.05.2024, 13:40 Uhr |
Hannes Höfer

AfD-Kreisrat Jens Schosnowski stand wegen Betrugs in Laufen vor Gericht − Foto: Archiv Reichenhaller Tagblatt

Ein AfD-Politiker aus Bad Reichenhall (Landkreis Berchtesgadener Land) stand erneut vor Gericht. Er soll einen Rentner um 170 Euro betrogen haben.



Der Rentner aus Nordrhein-Westfalen ist Münzsammler. Auf der Internetverkaufsplattform Ebay hatte er 24 Olympia-Münzen entdeckt und die sogleich beim Anbieter in der Kurstadt Bad Reichenhall bestellt. Das Geld war überwiesen, was nicht kam, waren die Münzen. AfD-Kreisrat Jens Schosnowski stand deshalb wegen Betrugs in Laufen vor Gericht, wo er wortreich seine Sicht der Dinge schilderte. Vergeblich.



Richter Josef Haiker sah die Anklage bestätigt und in den sich wandelnden Geschichten des 48-jährigen Immobilien-Maklers „Anzeichen eines klassischen Betrügers“. Der Angeklagte will die Münzen besessen und auch verschickt haben. „Irgendwo war da wohl ein Fehler.“ Weil er aber ein halbes Jahr nichts vom Käufer gehört habe, sei er davon ausgegangen, das Paket sei zugestellt worden. Doch das war nachweislich falsch, wie ein Ermittler des Polizeipräsidiums Bonn schilderte. „Der Käufer ist ein seriöser Rentner und total glaubwürdig“, sagte der Zeuge. Auf dessen Nachfrage beim Verkäufer sei der „frech“ geworden.

Chat-Verlauf war verräterisch



Der Beamte der Polizeiinspektion Bad Reichenhall berichtete, dass der Beschuldigte zu einer ersten Vernehmung nicht erschienen war. Eine Wohnungsdurchsuchung habe nichts erbracht. „Es handelte sich wohl um eine Ferienwohnung. Es fanden sich keine Toilettenartikel, nichts, was auf eine dauerhafte Nutzung hinwies.“ Allein der Postkasten sei beschriftet gewesen.

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Verräterischer war da ein Chat-Verlauf zwischen dem Kurstädter und dem Sammler aus Nordrhein-Westfalen. Während der Rentner versicherte, das Geld überwiesen zu haben, flüchtete sich der Angeklagte in Erklärungen. „Nichts angekommen.“ – „Kein Geldeingang“ – „War so viel zu tun.“ Rentner: „Ist abgebucht“. – „Wann haben sie es verschickt?“ – „Warum antworten sie nicht?“ Die Antwort Schosnowskis war schließlich der Vorschlag, sich den „Schaden“ zu teilen, doch damit war der Sammler nicht einverstanden und erstattete Anzeige. Inzwischen hat der Kurstädter den Gesamtbetrag von 170 Euro zurückerstattet.

Jens Schosnowski ist dreifach vorbestraft. Im März 2019 hatte das Landratsamt Berchtesgadener Land die Erteilung einer Waffenbesitzkarte ebenso widerrufen wie die Berechtigung zum Erwerb von Sprengstoff. Steuerhinterziehung kostete den Immobilien-Makler im November 2020 3000 Euro. Im Dezember 2021 stand er wegen Urkundenfälschung in Laufen vor Gericht, weil er an seinem BMW ein entwertetes und ein fremdes Kennzeichen angebracht hatte. Die Geldstrafe betrug 5500 Euro (wir berichteten).

Schosnowski insistiert, er sei eine „öffentliche Person“



Zum „Schutz seiner Persönlichkeit“ und zur „Abwendung wirtschaftlicher Schäden“ beantragte der angeklagte Unternehmer damals den Ausschluss des Pressevertreters, was Staatsanwalt und Richter ablehnten. Schosnowski hatte in der Verhandlung ausdrücklich insistiert, er sei als Landtags- und später als Kreistagskandidat eine „öffentliche Person“. Nach eigener Aussage hat er inzwischen alle politischen Ämter aufgegeben und sitzt nurmehr als Einzelkämpfer im Kreistag.

Schosnowski beschrieb sich als „Sammler in dritter Generation“, habe immer zuverlässig geliefert und über 400 Top-Bewertungen auf Ebay. Allerdings waren just die gleichen Münzen wenig später auf einem anderen Ebay-Konto des Angeklagten aufgetaucht. „Ich hatte mehr davon“, lautete seine Erklärung. Der Versandzettel sei verschwunden, hatte Schosnowski eingangs erklärt, in seinem Schlusswort wollte er nicht ausschließen, das Paket nicht über Hermes, sondern „ganz normal mit der Post“ verschickt zu haben. „Er hat das Geld zurückgezahlt und sich entschuldigt“, würdigte Rechtsanwalt Falko Hübner, nicht zuletzt komme es bei Ebay „öfter zu Problemen“, weshalb sein Mandant freizusprechen sei. Alternativ sei eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 17 Euro ausreichend.

Käufer über mehrere Tag hingehalten und vertröstet



Staatsanwältin Regine Grandl hielt die Erklärungen des Angeklagten für „nicht schlüssig“. Sie beantragte 60 Tagessätze à 19 Euro. Deutlicher wurde Richter Josef Haiker, der ebenfalls 60 Tagessätze, aber 18 Euro wählte: „Sie haben den Käufer über mehrere Tage hingehalten und vertröstet, obwohl der das Geld überwiesen hat.“ Stattdessen habe der Angeklagte die Münzen erneut angeboten. „Wenn’s eng wird, erzählen sie eine andere Geschichte.“ Das seien „Anzeichen eines klassischen Betrügers, der sofort die nächste Version parat hat“. Nicht zuletzt habe der Angeklagte eine Wohnung präsentiert, die er gar nicht nutze. „Erst als sie gemerkt haben, es geht nichts mehr, haben sie das Geld zurück überwiesen.“ Weil Jens Schosnowski während der Urteilsbegründung mit seinem Handy hantierte, drohte ihm der Richter ein Ordnungsgeld „wie beim letzten Mal“ an.

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