Berchtesgadenerin für die Caritas
Im Miteinander ein Profi: Martina Hüttinger ist neue Leiterin der Fachambulanz für Suchtkranke

15.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:59 Uhr

Zurück in der Heimat: 30 Jahre lang hat Martina Hüttinger in der Landeshauptstadt gelebt und gearbeitet. −Foto: Mareike Klappenbach

Den Menschen auf Augenhöhe begegnen. Das ist für Martina Hüttinger Grundlage ihrer Arbeit. Sie könne sich schnell auf ihr Gegenüber einstellen und einen gemeinsamen Nenner finden, sagt sie und ist überzeugt, dass ihr diese Fähigkeit als neue Leiterin der Fachambulanz für Suchtkranke zu Gute kommen wird.

Anfang des Jahres hat die 48-Jährige ihr Büro an der Wittelsbacher Straße bezogen. Sie setzt auf vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihrem 24-köpfigen Team aus Therapeuten, Sozialpädagogen, Psychologen und Reinigungskräften.

30 Jahre lang war die gebürtige Berchtesgadenerin in München daheim, bis ihr die Stellenausschreibung der Caritas den Rückzug in die alte Heimat schmackhaft gemacht hat. Mit dem Thema Sucht hatte sie bislang am Rande zu tun, eine suchttherapeutische Ausbildung in naher Zukunft soll die Kenntnisse auf diesem Gebiet vertiefen. Der betriebliche Präventionsbereich soll ihr Steckenpferd werden, sagt die Sozialpädagogin im Kennenlerngespräch mit der Heimatzeitung.

Nachfolgerin von Raphael Koller



Hüttinger übernimmt nach kurzer Interimslösung von wenigen Monaten den Posten von Raphael Koller, der mehr als zehn Jahre lang die Fachdienststelle geleitet hatte und im vergangenen Jahr zur Telefonseelsorge gewechselt war. Das Arbeitsspektrum ihres Teams rund ums Thema Sucht ist groß. Es reicht von Beratung, Therapie, über Prävention, Begleitung von Substituierten, also Menschen, die Ersatzmedikamente für ihre harte Drogen bekommen, bis hin zu betreutem Einzelwohnen oder Vorbereitungskursen für die sogenannten Medizinisch Psychologische Untersuchung (MPU) zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis.

In der Kontakt- und Begegnungsstätte an der Bahnhofstraße bietet die Ambulanz zudem einen Treffpunkt für Suchtkranke. Die Fachambulanz ist Schnittstelle zu Kooperationspartnern wie Polizei, Justiz, Landratsamt, Ärzten, in der Pflege des Netzwerks sehe sie einen Teil ihrer Aufgabe. Die Rückkehr in den Landkreis ist der Berchtesgadenerin nicht schwergefallen. Vor allem freut sie sich, wieder direkt in den Bergen zu sein, sie schätzt den Freizeitwert der alten Heimat.

„Ich rauche nicht und trinke keinen Alkohol“



Das Rennrad hat sie zwar noch nicht wieder ausgepackt. „Mal schauen, ob ich das hier genau so gern mache, wie in München. Immerhin hab ich hier immer irgendwo mit Steigung zu tun“, sagt sie augenzwinkernd. Besondere Laster habe sie keine. „Ich bin direkt langweilig, was das angeht. Ich rauche nicht und trinke keinen Alkohol.“ Sie mag Yoga und Langlauf, gerne auch mal Alpin, und Berge sowieso. Und sie mag es, wieder mehr an einem Ort zu bleiben. Seit 2008 ist Hüttinger als selbstständige Unternehmensberaterin „zwischen Hamburg und Villach, zwischen Wien und dem Bodensee“ unterwegs gewesen und hat von kleinen Betrieben bis hin zu DAX-notierten Unternehmen – vor allem aus Bergbau, Chemie, Industrie – in Sachen Arbeitssicherheit, Führungskräfteentwicklung, Sucht am Arbeitsplatz beratend zu Seite gestanden, Trainings und Coaching angeboten. Das Einsatzgebiet war groß – tausende Autobahnkilometer und unzählige Hotelübernachtungen inklusive.

Zwei Jahre als Animateurin im Ausland



Vor zwei Jahren kam der Teilzeitjob in der Verwaltung des Studentenwerks München im Bereich „Studieren mit Kind“ dazu. Immerhin 500 Betreuungsplätze – zumeist Krippenplätze – bietet die Landeshauptstadt Eltern an, die ihren Nachwuchs damit in sicherer Obhut wissen und sich ihrem Studium widmen können.

Studiert hat Hüttinger übrigens gleich zweimal. „Bei mir hat sich beruflich vieles einfach so ergeben“, sagt sie und blickt zurück: Nach der Schule war sie für die Ausbildung zur Erzieherin in die Landeshauptstadt gezogen und dort hängengeblieben, wie sie sagt. Dann ging es mal für zwei Jahre als Animateurin ins Ausland. Wieder daheim in Bayern hat ein wohlwollender Chef zum Vollzeitstudium der Sozialpädagogik geraten und die Weiterarbeit als Erzieherin in Teilzeit ermöglicht. „Schwerpunkt des Studiums war die betriebliche Sozialarbeit und Erwachsenenpädagogik.“ Nach Abschluss war sie ein Jahr in der Schulsozialarbeit an der Gesamtschule im Münchener Brennpunktviertel Hasenbergl im Einsatz, bevor sie dem Kinder- und Jugendalter beruflich den Rücken kehrte und sich als Unternehmensberaterin selbstständig gemacht hat und auch noch weiterhin ist. „Allerdings in kleinerem Rahmen“, sagt sie.

Zweites Studium und Zusatzausbildungen



Vor wenigen Jahren setzte sie sich für ein zweites Studium erneut an die Bücher und machte ihren Master of Business Administration in Management und Leadership, wie es neudeutsch heißt. Zusätzlich ist sie noch zertifizierter Systemischer Coach. Hüttinger erklärt dazu: „Alles was Sie brauchen, tragen Sie in sich. Der Coach ist nur dazu da, die richtigen Fragen zu stellen, damit Sie ihre Antworten finden.“ Auch hat sie eine Ausbildung als Resilienztrainerin mit Zusatzausbildung in PMR (Progressive Muskelentspannung).

Die vergangenen 15 Jahre hat Hüttinger viel mit Menschen gearbeitet – vom ungelernten Mitarbeiter in der Produktion bis hin zum Dr. in der Chefetage – hat Führungskräfte- und Mitarbeitertrainings geleitet. Sie habe gelernt, eine teilnehmerorientierte Sprache zu finden, wie sie selber sagt. Und: „Ich denke, ich kann schnell Beziehungen aufbauen und warm werden mit Menschen.“

Einfühlungsvermögen ist gefragt



Eine Stärke, die ihr vielleicht auch im der Zusammenarbeit mit den Betroffenen zugutekommt, die täglich die Fachambulanz aufsuchen, hofft die 48-Jährige. Menschen, denen die Sucht ihre Freude am Leben nimmt oder die Fähigkeit, einen geregelten Tagesablauf zu bewältigen. Die oft viele Enttäuschungen hinnehmen mussten und im Aufrechterhalten von Beziehungen Schwierigkeiten haben. „Viele unserer Klienten sind zudem nicht unbedingt freiwillig hier.“

In Sachen Therapie, Beratung, Prävention vertraut sie auf die jahrelange Erfahrung ihrer Kollegen. Im zwischenmenschlichen Bereich setzt sie auch auf ihre eigenen Stärken. Einfühlungsvermögen ist gefragt, in den Räumen an der Wittelsbacher Straße 10b. Und davon hat sie eine Menge, ist sie überzeugt.


Mehr Infos über die Fachambulanz für Suchtkranke Berchtesgadener Land gibt es unter www.caritas-fachambulanz-bgl.de oder unter ✆08651/95850.